Die Muschelsucher
Riesenarbeit, und ich habe immer wieder einen Vorwand gefunden, es noch mal aufzuschieben. Glaubst du, Noel wird alleine damit fertig?«
»Er bringt Antonia mit. Sie wird ihm bestimmt gern helfen. Aber daß du auf keinen Fall etwas Schweres trägst.« Penelope hatte eine Idee. »Ich könnte Danus bitten, einen Tag zu kommen. Ein Helfer mehr kann nicht schaden, und er könnte sich um das Feuer kümmern.«
»Wer ist Danus?«
»Mein neuer Gärtner.«
»Oh, das hatte ich ganz vergessen. Wie ist er?«
»Ausgesprochen sympathisch. Ist Antonia schon da?«
»Nein. Ich hole sie heute abend in Heathrow ab.«
»Grüß sie bitte von mir und sag ihr, ich kann es kaum erwarten, sie hier zu haben.«
»Das tue ich. Und sie und Noel werden Freitag abend zum Dinner bei dir sein. Es tut mir nur leid, daß ich nicht auch kommen kann.«
»Ich werde dich vermissen. Aber ein andermal.«
»Bis dann, Mama.«
»Auf Wiedersehen, Liebling.«
Am Abend rief Noel an. »Hallo, Ma.«
»Noel. Guten Abend.«
»Wie geht es dir?«
»Großartig. Wie ich höre, kommst du am Wochenende.«
»Olivia hat mit dir gesprochen?«
»Ja, heute morgen.«
»Sie sagt, ich muß kommen und den Speicher ausräumen. Sie sagt, sie hat Alpträume, daß du eines Nachts im Bett in Flammen aufgehst. «
»Ich weiß, sie hat es mir erzählt. Ich finde, es ist eine gute Idee, und ich finde es sehr freundlich von dir, daß du es machen willst.«
»Also, das nenne ich eine Überraschung. Wir dachten schon, du würdest dich mit Händen und Füßen dagegen sträuben.«
»Dann habt ihr falsch gedacht«, entgegnete Penelope, ärgerlich über ihr neues Image als starrsinnige und verkalkte Greisin. »Und ich werde Danus einen Tag kommen lassen, um dir zu helfen. Er ist der neue Gärtner, und ich bin sicher, daß er gern kommen wird. Er versteht sich ausgezeichnet darauf, Feuer zu machen.« Noel zögerte und sagte dann: »Sehr gut.«
»Und du bringst Antonia mit, ja? Ich erwarte euch dann Freitag abend. Fahr bitte nicht zu schnell.«
Sie war im Begriff, auf Wiedersehen zu sagen und aufzulegen, doch Noel spürte es und rief: »Ma!«
»Ist noch etwas?«
»Ich wollte dir nur von der Auktion erzählen. Ich war heute nachmittag bei Boothby’s. Was glaubst du, was Die Wasserträgerinnen gebracht haben?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Zweihundertfünfundvierzigtausendachthundert Pfund.«
»Meine Güte. Wer hat sie gekauft?«
»Ein amerikanisches Museum. Ich glaube, das Museum for Modern Art in Denver, Colorado.«
Sie schüttelte verwundert den Kopf, als ob er sie sehen könnte. »Das ist eine Menge Geld.«
»Nicht zu fassen, nicht?«
»Hm«, meinte sie. »Hoffentlich bringt es dich nicht auf falsche Gedanken.«
Donnerstag. Als Penelope aufgestanden und nach unten gegangen war, hatte der Gärtner schon angefangen zu arbeiten. Sie hatte ihm den Garagenschlüssel gegeben, damit er sich die Geräte holen konnte, die er brauchte, und vom Schlafzimmerfenster aus festgestellt, daß er im Gemüsegarten werkelte. Sie störte ihn nicht, weil er ihr am ersten Tag auf seine Weise zu verstehen gegeben hatte, daß er nicht zu denen gehörte, die die Hände in den Schoß legen, und außerdem nicht sehr mitteilsam war und etwas dagegen hatte, wenn man alle paar Minuten herauskam und belangloses Zeug redete, seine Arbeit überwachte und sich, kurz gesagt, unbeliebt machte. Wenn er etwas brauchte, würde er ins Haus kommen und sie fragen. Wenn nicht, würde er einfach seine Arbeit tun. Doch als sie um Viertel vor zwölf ein wenig Ordnung im Haus geschaffen und Brotteig zum Aufgehen auf den Herd gestellt hatte, band sie die Schürze ab und ging in den Garten, um ihn zu begrüßen und daran zu erinnern, daß sie ihn zum Lunch drinnen erwarte. Heute war es nicht mehr so kalt und nur teilweise bewölkt. Die Sonne wärmte noch nicht, aber sie würde trotzdem im Wintergarten decken und sie würden dort draußen essen. »Guten Morgen.«
Er blickte hoch und sah sie, richtete sich auf und stützte sich auf den Spaten. Die unbewegte Luft war von kräftigen Gartengerüchen gesättigt: frisch umgegrabene Erde und eine Mischung von Kompost und Pferdedung, den er mit der Schubkarre von ihrem sorgsam angelegten und gehüteten Vorrat hergekarrt hatte. »Guten Morgen, Mrs. Keeling.«
Er hatte Jacke und Pullover ausgezogen und arbeitete in Hemdsärmeln. Seine Unterarme waren braun und sehr muskulös. Während sie ihn ansah, hob er die Hand und wischte mit dem Gelenk eine Erdkrume vom Kinn. Sie
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