Die mutigsten Mäuse der Welt: Das Wiedersehen (German Edition)

Finger auf die Lippen. » Lass uns zusehen und abwarten. «
    Sie mussten nicht lange warten. Schon ein paar Minuten später schossen drei rotberockte Gestalten schnell wie Pfeile an ihnen vorbei.
    Alistair drehte sich zu seiner Freundin um. » Genial, Tibby! Damit haben wir ein bisschen Zeit gewonnen. « Doch Tibby schien unkontrolliert zu zittern.
    »Was ist denn los, Tibby? « , fragte Alistair, aber dann sah er, dass sie von Kicheranfällen geschüttelt wurde. » Ein Baum, der sich losgerissen hat! « , keuchte sie, und beide fielen vor Lachen zu Boden. Der kalte Schnee war wie Balsam auf Alistairs Haut nach dem Kratzen der Tannennadeln. Ein paar Minuten lang genoss er die Erleichterung, die mit dem Lachen kam, genoss das Gefühl, dass alle Anspannung von ihnen abgefallen war. Doch nur zu schnell wurde ihnen die Wirklichkeit ihrer Lage wieder bewusst. Bei dem Tempo, mit dem die Königlichen Wachen unterwegs waren, würde es nicht lang dauern, bis sie den Schlitten eingeholt hatten und sahen, dass er leer war. Und dann würden sie nach zwei rotbraunen Mäusen suchen, die die Grenze überquert hatten ... Seine Sorge musste ihm anzusehen sein, denn als er Tibbys Blick auffing, hörte sie auf zu lachen und stand auf. Ohne ein Wort machten sie sich auf und gingen tiefer in den Wald hinein.
    Stundenlang wanderten sie unter den Bäumen dahin, Alistair vorneweg. Und obwohl sie ab und zu Stimmen in derFerne hörten, stießen sie auf keine weiteren sourisanischen Patrouillen. Sie versuchten, ihre eigene Unterhaltung auf ein Minimum zu beschränken, und redeten nur ganz leise miteinander. Als sie tiefer ins Tal gelangten, wurde der Schnee weniger und Wiesen und grünes Gras brachen durch. Sie kamen an Blaubeerbüschen vorbei und an einem Stück mit kleinen, süßen Walderdbeeren, über die sie heißhungrig herfielen. Tibby Rose blieb ab und zu zurück und sammelte Pilze, die sie in ihr Taschentuch wickelte und im Rucksack verstaute. » Ohne Proviant loszuziehen passiert mir nicht noch mal « , schwor sie.
    Die Mühsal, die sie erlitten hatten, schien inzwischen Millionen Meilen entfernt. Das goldene Licht der Nachmittagssonne ließ die Blüten der wilden Rhododendronbüsche vor dem dunkelgrünen Laub knallrot leuchten. Doch obwohl die äußeren Umstände sich verbessert hatten, fühlte sich Alistair immer erschöpfter. Seine Augen brannten. Seine Beine, seine Arme und sogar sein Schwanz kamen ihm ganz schwer vor, der Schal um den Hals zog seinen Kopf herunter, sodass er ihn kaum hochhalten konnte. Nachdem die Anspannung aus seinem Körper gewichen war, fühlte sich Alistair matter als jemals zuvor im Leben.
    Als er schätzte, dass mehr als eine Stunde vergangen war, ohne dass sie etwas von den Königlichen Wachen gesehen oder gehört hatten, sagte Alistair: » Es wird bald dunkel, Tib. Lass uns etwas suchen, wo wir übernachten können. Wir können uns ausschlafen und morgen früh beizeiten aufbrechen, um nach der Quelle des Winns zu suchen. «
    Als er sich nach Tibby umdrehte, sah er, dass sie gähnte. » Das ist die beste Idee, die ich je gehört habe « , sagte sie.
    In den letzten Sonnenstrahlen stolperten sie in eine geschützte Lichtung. Tannen und Kiefern hoben sich schwarz vor dem tiefblauen Nachthimmel ab. Alistair konnte unter den Füßen Tannennadeln spüren und hörte das Murmeln einer Quelle, die er kaum sehen konnte. » Das ist perfekt « , sagte er, und seine Augen fielen ihm schon fast zu. Er schüttelte den Rucksack von den Schultern und half Tibby, ihren abzulegen, dann sank er mit einem Stöhnen auf ein Bett aus Tannennadeln. Tibby ließ sich neben ihm auf den Boden fallen.
    » Ich könnte tausend Jahre schlafen « , murmelte sie schläfrig.
    Alistair hatte gerade seine Zustimmung gebrummt, da wurde er unsanft gepackt. Sein Herz schien vor Schreck zu zerspringen, und er konnte kaum Luft holen, um seiner Freundin eine Warnung zuzurufen.
    » Tibby! « , schrie er. Doch es war zu spät. Mit einem kurzen Blick sah er, dass sich eine dunkle Gestalt über seine Freundin beugte, bereit, auch sie zu packen.

8 ABREISE

    S elbst die Vorstellung, dass Solomon Honker nur eine Rolle spielte, machte ihn nicht weniger einschüchternd. Als Alex und Alice das Klassenzimmer betraten und sich an ihre Plätze setzten, war an ihm nicht das leiseste Anzeichen der vergnügten Maus vom Abend zuvor zu erkennen. Weder durch ein Zucken des Mundwinkels noch durch ein Augenzwinkern.
    » Es ist an der Zeit, eure neuen