Die mutigsten Mäuse der Welt: Das Wiedersehen (German Edition)
aus Blechbechern das heiße Getränk.
» Und was ist dann passiert? « , wollte Slipper wissen. Alistair saugte den milden Duft ein.
Tibby nahm den Bericht wieder auf. Sie erzählte, wie sie sich den Kopf angestoßen hatte und dass Alistair sie auf einem selbstgebauten Schlitten gezogen hatte, bis hin zu der knappen Flucht vor den Königlichen Wachen auf eben diesem Schlitten.
» Das war ein guter Einfall « , sagte Slipper, als sie erzählten, wie sie ihre Spuren verwischt hatten und in den Wald geflohen waren, während die Wachen den Schlitten verfolgten. » Aber « , setzte sie hinzu, » die Sourisaner wissen jetzt, dass zwei rotbraune Mäuse über die Grenze gekommen sind. Wir müssen besonders vorsichtig sein. «
»Wir sind immer besonders vorsichtig, Slips « , wies Happy sie zurecht. » Aber ich bin derselben Meinung: Je schneller wir die geheimen Wege finden und uns von den Wachen entfernen, die nach Alistair und Tibby Rose suchen, desto besser. Erst mal jedoch brauchen diese beiden etwas Schlaf. «
Alistair erwachte. Sonnenlicht sickerte durch die Bäume. Schnell setzte er sich auf. Die anderen schlummerten noch neben ihm: Tibby als Kugel um ihren Rucksack gekrümmt; Slipper Pink, deren schwarze Lackstiefel säuberlich zu ihren Füßen lagen; und Happy Thompson, ausgestreckt auf dem Rücken, in einer Hand den robusten Spazierstock, den Tibby Rose für ihn gefunden hatte, als sie am Abend zuvor nach Brennholz gesucht hatten. Alistair stand auf und ging an den Waldrand. Er wusste, dass es sinnlos war zu versuchen, nochmals einzuschlafen. Nicht bei der nervösen Anspannung, die ihn ergriffen hatte.
Er starrte hinab in das Tal unter dem Abhang, das noch im Schatten lag. Irgendwo da unten floss der Winns. Dort würde ihr Einsatz endlich beginnen, dort konnten sie endlich das Rätsel lösen, das in seinen Schal gestrickt war. Dort, so hoffte er, würden sie den ersten der geheimen Wege finden, die kreuz und quer durch Gerander liefen – und mit deren Hilfe das Land eines Tages womöglich befreit werden konnte. Unwillkürlich kam ihm der melancholische Refrain in den Sinn, den Timmy vom Winns gesungen hatte. Leise summte er:
»W o der Winns mich hinführt, dort will ich sein,
denn ich und der Winns, wir sind immer eins.«
Doch sosehr sich Alistair auch wünschte, den Winns zu sehen, mehr als alles andere wünschte er sich die Befreiung seiner Eltern. Als die Sonne über die Bäume stieg und die ersten Strahlen in das Tal unter ihm schickte, sah er sich ungeduldig um.
Sie nahmen ein leichtes, aber nahrhaftes Frühstück aus Beeren und Nüssen zu sich. Dann wanderten die vier Mäuse im Gänsemarsch einen Weg entlang, der aus der Lichtung ins Tal führte und sich durch blumenübersäte Wiesen wand, ehe er in einen Wald mit Eichen und Kastanienbäumen mündete.
Nach einigen Minuten blieb Slipper Pink, die vorweg ging, stehen. » Hier ist die Quelle des Winns « , sagte sie leise und ehrfürchtig.
Alistair trat vor. Dort, inmitten einer kühlen grünen Waldwiese, befand sich ein Tümpel. Es herrschte absolute Stille, abgesehen von dem Rascheln der Blätter in den Bäumen über ihnen und dem einsamen Lied eines Vogels. Alistair kauerte sich auf einen Stein und starrte in den Tümpel. Das Wasser, das die Farbe von dunkelgrünem Moos hatte, war klar und sauber und unergründlich tief. Er tauchte die Hand hinein. Es war eiskalt.
Knapp unterhalb des Tümpels sprudelte Wasser unter einem Felsen hervor und rann den Berg hinunter. Alistair staunte. Es war unglaublich, dass aus diesem Rinnsal der große Fluss von Gerander werden sollte.
Sie folgten einem Weg, der an dem Rinnsal entlangführte, das rasch zu einem Bach wurde und an einem Steinhäuschen vorbeifloss. Es lag in den grünen Abhang geduckt und sah so alt und verwittert aus wie die Steine, aus denen es gebaut war. Vorsichtig näherten sie sich, doch es gab keine Anzeichen von Leben, als sie daran vorbeieilten. Reste von zerfallenden Steinmauern waren hier und da zwischen den wild wachsenden Kräuterstauden zu sehen, und die Bäume im Umkreis ächzten vor Früchten. Was einmal ein gepflegter Garten gewesen war, sah nur noch wie Wildwuchs aus.
Sie drangen weiter in das Tal vor, den Fluss, der jetzt breit und von Schilf gesäumt war, zur Linken. Rechts von ihnen erhob sich ein waldiger Bergrücken. Auf der anderen Flussseite standen dicht an dicht Platanen. Abgesehen von dem fernen Zirpen der Zikaden schien die Landschaft, die sie durchwanderten,
Weitere Kostenlose Bücher