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Die Mutter

Die Mutter

Titel: Die Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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dringend, um Bella zu bezahlen.
    Es war genau die Zeit, die Regina Kolter brauchte, um einmal Luft zu holen. Dann sprach sie weiter, und ich brachte mit all dem Dreck in den Knochen kaum den Arm hoch.
    «Die Verbindung wurde leider unterbrochen», sagte Regina Kolter, «ehe ich fragen konnte, wo sie sind.»
    Das klang nach einem Telefongespräch. Was dann kam, klang nach Wahnsinn. Sie lachte leise. «Auch wenn ich es Ihnen nicht sagen würde, ich wüsste es selbst gerne. Aber wir werden es heute Abend noch einmal versuchen.»
    Den Termin hatte sie bereits vereinbart. Wenn ich Lust hatte, konnte ich gerne an der Sitzung teilnehmen und mich selbst überzeugen, dass alles in bester Ordnung war. Ihre Bekannte arbeitete mit unterschiedlichen Methoden und hatte großartige Ergebnisse vorzuweisen. Die besten Erfolge erzielte sie mit Tarot-Karten, aber das dreibeinige Tischchen und das Schreibbrett konnten auch sehr nützlich sein. Vor allem, wenn es darum ging, den Kontakt zu Verstorbenen herzustellen. Regina Kolter war überzeugt, dass sie von André Menke noch einiges von Bedeutung erfahren würden.
    Ich schlug mit einer Faust gegen die Dielenwand, ohne es zu spüren. Erst nachdem ich den Hörer aufgelegt hatte, fühlte ich den Schmerz. Am Rauputz hatte ich mir die Haut aufgeschürft.
    Von Anne sah und hörte ich den ganzen Tag nichts. Jürgen kam kurz nach sieben heim. Er war anders als morgens und mittags. Er war so, als hielte ihn nur noch eine Stange im Rücken aufrecht. Er hatte ein paar Besorgungen gemacht, Brot, Wurstaufschnitt, frische Eier, ein paar Konserven und eine Flasche Grand Marnier. Der Rémy war alle, und der war ihm anscheinend zu teuer gewesen. Auch die anderen Einkäufe deuteten darauf hin, dass er ein paar Preisvergleiche angestellt hatte.
    Wir aßen zu Abend. Er war im Krankenhaus gewesen, erwähnte er mit ein paar beiläufigen Sätzen und wollte wissen, ob jemand angerufen hätte. Bevor ich ihm antworten konnte, erklärte er: «Ich habe um fünf versucht, dich anzurufen, es war besetzt.»
    Ich mochte nicht über Regina Kolter sprechen und sagte nur: «Ich habe mit einer Bekannten telefoniert.»
    «Ach so.» Es klang enttäuscht und ganz danach, als müsse noch etwas nachkommen. Aber es kam nicht sofort. Er erhob sich und räumte den Tisch ab.
    «Warum wolltest du mich anrufen?»
    Er antwortete nicht. Nachdem er das Geschirr in der Spülmaschine verstaut hatte, ging er ins Wohnzimmer, schenkte zwei Grand Marnier ein, stellte beide Gläser auf den Tisch und setzte sich in seinen Sessel. Ich folgte ihm, setzte mich in den zweiten Sessel und hatte Mühe durchzuatmen. Sein Verhalten signalisierte das endgültige Aus.
    Er nahm sein Glas vom Tisch, schwenkte es in einer Hand und betrachtete den im Kreis schwappenden Inhalt.
    «Ich dachte schon», sagte er endlich, «deine Mutter hätte ihre neu erworbene Fähigkeit genutzt, um dich zu informieren. Klinkhammer rief mich an, kurz vor fünf. Du erinnerst dich an die Putzfrau, die heute früh mit im Zimmer war?»
    «Ja.» Ich saß wie auf einer Sprungfeder, jede Sekunde konnte sie mich unter die Zimmerdecke katapultieren und mir das Genick brechen.
    «Sie meint, sie hätte die Stimme erkannt», sagte Jürgen. Er war ganz ruhig dabei.
    Ich nahm das Glas vom Tisch. Ich wollte nicht trinken, nur etwas in der Hand halten. Ich dachte, es hätte gegen das Zittern geholfen. Das tat es nicht. Die Flüssigkeit im Glas vibrierte ebenso wie meine Stimme.
    «Wer ist es?»
    «Das hat Klinkhammer mir nicht gesagt.»
    Unvermittelt schlug Jürgen mit der Faust auf sein Bein. «Dieses blöde Weib! Konnte sie das Maul nicht aufmachen, solange wir dabeistanden? Sie hat es deiner Mutter erst gesagt, nachdem wir weg waren.»
    Ich sprang aus dem Sessel hoch. Jürgen sagte: «Setz dich wieder hin, Vera. Ich habe eben mit deiner Mutter gesprochen. Sie weiß nicht mehr als das, was ich dir sage. Die Putzfrau hat ihr keinen Namen genannt. Sie will niemanden in Schwierigkeiten bringen und so weiter. Du weißt doch, wie die Leute sind. Vielleicht wolltesie sich nur wichtig machen. Mir kommt das ein bisschen komisch vor. Ich meine, dein Vater kann die Stimme nicht zuordnen. Ich habe es mir zwanzigmal angehört und könnte auch beim besten Willen nicht sagen, wer das ist. Diese Frau hört einmal ein paar Sätze und   … Aber wie auch immer, deine Mutter hat sie zu Klinkhammer geschickt. Und er scheint sie ernst zu nehmen.»
    «Hat er jemanden festgenommen?»
    «Ich weiß es nicht.

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