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Die Mutter

Die Mutter

Titel: Die Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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nur klack. «Das Pferd», sagte ich. Klinkhammer schaute mich verständnislos an.
    «Die Stute», sagte ich. «Das meint er. Udo von Wirth hat Hennessens Zuchtstute abgeschlachtet. Das weiß ich schon lange.»
    Klinkhammer betrachtete mich mit gerunzelter Stirn. Seine Stimme klang skeptisch. «Und woher wissen Sie das?»
    «Er hat es mir erzählt. Ich meine, ich habe es aus dem geschlossen, was er mir erzählt hat.»
    «Darüber reden wir später in Ruhe», sagte Klinkhammer.
    Er wollte noch mehr sagen. Ich kam ihm zuvor, griff nach Jürgens Arm. «Komm, gehen wir. Wir müssen in die Praxis. Udo hat nur das Pferd getötet.»
    Jürgen löste meine Hand von seinem Arm, zog den Autoschlüssel aus seiner Jackentasche und hielt ihn mir hin. Den Blick hielt er auf Klinkhammer gerichtet. «Ich bleibe hier. Kannst du allein in die Praxis fahren? Freda Jankowik hatte den ersten Termin, Ultraschall. Wenn sie noch da ist, mach es gründlich, das schaffst du doch, oder?»
    «Natürlich», sagte ich. «Wer hat den zweiten Termin?»
    «Das weiß ich nicht. Es ist mir im Moment auch egal. Wenn du nicht klarkommst, schmeiß sie raus. Schmeiß sie alle raus. Ich kann heute nicht. Ich kann wirklich nicht.»
    «Soll ich dich heute Mittag hier abholen?»
    Er schüttelte den Kopf und drehte das Gesicht zur Seite. «Kümmere dich nicht um mich, Vera. Notfalls nehme ich mir ein Taxi. Aber ich bleibe hier, bis ich weiß, was los ist.»
     
    Ich war allein mit Freda Jankowik in dem kleinen Raum. Sie ließ keinen Blick vom Bildschirm, war eine von den werdenden Müttern, die im dritten Monat schon   …
    Ich war mit meinen Gedanken noch auf dem Gang vor der Tür, hinter der Udo saß. Und Klinkhammer sprach über ein abgestürztes Auto und die Schrottpresse. Freda Jankowik erzählte mir von ihrem Freund und dass sie immer ein Kind gewollt hatte, aber ihr Mann nicht und so weiter. Ich lächelte und sah Udo lächeln, sah ihn vorgebeugt in unserem Keller sitzen, sah ihn auf dem Krankenhausparkplatz stehen: ein Bär von einem Mann!
    Sandra Erken war im Labor mit einer Blut- und einer Urinprobe beschäftigt. «Mach es gründlich», hatte Jürgen gesagt. Ich wollte es sehr gründlich machen. Das Blut hatte ich Sandra abnehmen lassen und gesagt: «Durchchecken, alles, was notwendig ist.» Ich wusste nicht, was notwendig war.
    Ich hörte Freda Jankowik zu, aber ich verstand nichts. Ich glaubte ihr auch nicht, dass sie sich wirklich freute. Niemand konnte sich noch wirklich freuen. Rena hatte es gekonnt, überschäumend, überschwänglich, überglücklich. Rena hatte die wirkliche Freude mitgenommen.
    Nur die Sache mit der Scheidung sei ein Wermutstropfen, behauptete Freda Jankowik, während ich noch mehr Gel auf ihren Leib kippte und mir ihr eigenes Herz auf den Monitor holte.
    Du bist zu hoch, Vera. Ganz ruhig, mach es gründlich.
    Das vorgeschriebene Trennungsjahr sei ausgemachter Schwachsinn, sagte sie. Das wusste ich. Jede Trennung war Schwachsinn und grauenhaft. Mit dieser Gesetzesvorlage würde ihr Kind ehelich geboren, sagte sie. Ihr Nochehemann müsse die Vaterschaft anfechten. Und er habe bisher nur dazu gegrinst.
    «Der hustet mir was, der Mistkerl.»
    Es waren fast Olgerts Worte. Und ich wusste nicht mehr, was ich denken sollte. Die Stute! Udo konnte nur die Stute gemeint haben. Ich sah ihn in unserem Keller sitzen. Floh hatte er Rena genannt.
    «Was willst du Floh mit dem braunen Teufel? Wo, meinst du, geht der in einem Jahr mit dir hin? Jetzt ist er zwei, warte mal ab, wenn er ausgewachsen ist.»
    «Er wird nicht mehr viel größer, sagt Hennes.»
    «Was Hennes so sagt. Der redet die halbe Zeit Schwachsinn.»
    Freda Jankowik sagte auch etwas und zeigte auf den Monitor. Ich verstand sie erst, als sie es wiederholte. «Ist das noch ein Kopf?»
    Sie veränderte ihre Position, um mir eine bestimmte Stelle auf dem Bildschirm zu zeigen. Dabei lachte sie verlegen. «Das wäre aber eine Überraschung, was?»
    Ihre Drehung hatte eine andere Perspektive zur Folge. Und ich sah nicht so gut in dem Moment, alles verwaschen, verschwommen und unscharf. Die Schatten im grünen Flimmern, bei denen ich sonst keine Mühe hatte, sie zu bezeichnen. Ein Arm, ein Händchen, der Kopf, der Rücken, ein Bein, das Herz.
    Das Herz fand ich rasch wieder, ein winziges, zuckendes Etwas, das war leicht. Aber der Rest   … Der Fötus war noch so klein, in dem Stadium erkennt man nicht immer auf Anhieb alle Einzelheiten. Und wenn man gleichzeitig eine Koppel sieht,

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