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Die Mutter

Die Mutter

Titel: Die Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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tun. Sie tauchen halt mal rein durch Zufall, stoßen auf ein so erbarmungswürdiges Häufchen wie Nita und entwickeln Mutterinstinkte. Sie hat was an sich, Nita meine ich. Sie ist ein Igel, kann man nur äußerst vorsichtig anfassen, eigentlich sollte man es gar nicht tun, aber man hat ständig das Bedürfnis.»
    «Wie alt ungefähr ist Blacky?»
    «Keine Ahnung», sagte Kemnich.
    «Könnte es meine Tochter sein? Haben Sie den Leuten, die mit Blacky zu tun hatten, die Fotos meiner Tochter gezeigt?»
    «Das reicht, Vera», sagte Jürgen und nahm mir den Hörer aus der Hand. Ins Telefon sagte er: «Wir danken Ihnen herzlich für Ihre Bemühungen, Herr Kemnich. Wie ich hörte, sind Sie für Ihre Dienste bereits bezahlt worden. Und   … Na ja, das war’s dann. Wir möchten Ihre Zeit nicht länger in Anspruch nehmen.»
    Er legte auf, bevor ich es verhindern konnte. Ich ging mit den Fäusten auf ihn los. «Warum tust du das? Du hast gehört, wie er sie beschrieben hat.»
    Er hielt meine Hände fest. «Ja! Das habe ich, Vera. Schwarzer Schlapphut, schwarze Haare. Ich habe drauf gewartet, dass er schwarze Schlabberhosen sagt.»
    «Und davon habe ich ihm kein Wort erzählt.»
    «Das musstest du auch nicht, Vera. Ich nehme doch stark an, er hat sich nicht allein mit deinen Auskünften begnügt. Er musste nur mit Lengries oder einem der anderen reden, dann wusste er, wie Rena damals herumgelaufen ist.»
    «Aber Lengries und die anderen wissen nichts von Blacky. Ich glaube nicht, dass Rena mit ihnen über die Stute gesprochen hat. Kemnich kann sich diesen Namen nicht einfach aus den Fingern gesogen haben.»
    Jürgen legte mir den Arm um die Schultern. «Sei vernünftig, Vera, bitte. Kemnich hatte tausend Möglichkeiten, von der Araberstute zu erfahren. Merkst du nicht, worauf dieser Kerl es anlegt? Nita hat er gefunden. Das heißt, die ersten fünftausend hat er sich verdient. Wenn er mehr verdienen will, muss er einen Köder auswerfen. Genau das hat er getan. Aber hier gibt es nichts mehr zu verdienen, Vera. Nicht für einen Herrn Kemnich und auch nicht für sonst jemanden. Also vergiss es.»
    Wie hätte ich es vergessen können? Ich konnte doch mein Kind nicht vergessen und wartete auf Kemnichs nächsten Anruf. Er hatte seinen Auftrag und sein Honorar von mir bekommen. Er durfte sich von Jürgen nicht vorschreiben lassen, wann die Sache erledigt war. Ich wartete Freitag, Samstag, Sonntag. Montag rief ich das erste Mal bei Regina Kolter an.
    Ein Anrufbeantworter nahm meine Bitte um Rückruf entgegen. Dienstag versuchte ich es zum zweiten und Mittwoch zum dritten Mal. Regina Kolter meldete sich nicht. Von Kemnich hörte ich ebenfalls nichts mehr.
    Zweimal telefonierte ich mit Vater. Zweimal hörte ich mir an, ich müsse vernünftig sein. «Quäl dich nicht, Vera. Es ist schlimm, ich weiß das, aber es ist nicht zu ändern. Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, Vera   …»
    Donnerstag nutzte ich die lange Mittagspause, um zu Regina Kolters Wohnung zu fahren. Jürgen sagte ich, ich müsse dringendein paar Besorgungen machen. Ich stand vor verschlossener Tür, Regina Kolters Parkplatz war leer. Eine Nachbarin erklärte, sie habe Frau Kolter seit über einer Woche nicht gesehen. Und Kemnich hatte mir nicht gesagt, in welchem Frankfurter Krankenhaus er Nita gefunden hatte.
    Ich kam um halb vier heim, ohne Lebensmittel. In der Diele empfing mich Jürgens heitere Stimme: «Du hast dir ja sehr viel Zeit gelassen. Musstest du die Sahne selbst schlagen?»
    Sie saßen bei Kaffee im Esszimmer   – Jürgen, Anne, Patrick, Vater und Mutter – und warteten auf die Torte. Als ich mit leeren Händen hereinkam, runzelte Jürgen die Stirn. Er war überzeugt gewesen, ich wolle Kuchen besorgen. Es war der 15.   Dezember und ich hatte es vergessen. Ich hatte auch nur noch die Zeit für einen Schluck Kaffee, dann zerrte Jürgen mich zur Scheune.
    Um sieben sagte er, wenn ich wolle, könne ich heimfahren und Mutter ein bisschen zur Hand gehen. Im Wartezimmer saß noch eine Patientin. Ich verließ die Praxis. Als ich mein Auto aufschloss, radelte hinter mir eine Frau vorbei, stieg ab, schob ihr Rad in den Hausflur. Eva Kettler. Ich wartete fünf Minuten, zehn Minuten, eine Viertelstunde. Zuerst kam die Patientin aus dem Haus, wenig später Jasmin.
    Ich stieg wieder aus und ging zurück. Wie ein Dieb schlich ich mich ein, auf Zehenspitzen zur Tür des Untersuchungsraums. Ich rechnete damit, dass die Tür von innen verschlossen war. Das war

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