Die Mutter des Erfolgs - Die Mutter des Erfolgs
dass sie so oft wie möglich mit ihren Enkelinnen zusammenkam. Ihr größtes Glück bekam sie doch von mir: schöne, respektvolle, kultivierte Enkelinnen, auf die sie stolz sein konnte. Wie konnte Sophia, die so klug ist und schon damals das Wort «manichäistisch» kannte, dafür völlig blind sein und mich angreifen?
Nach außen hin ignorierte ich Sophias Ausbruch und gab ihr stattdessen ein paar Tipps für die Abfassung ihrer Rede – sie könnte von besonderen Erlebnissen mit ihrer Großmutter erzählen, schlug ich ihr vor, vom Crystal Lake oder von gemeinsamen Museumsbesuchen.
Sophia nahm keinen meiner Vorschläge an. Sie knallte die Tür hinter mir zu, als ich ging, sperrte sich in ihrem Zimmer ein und schrieb ihren Text neu. Sie weigerte sich, ihn mir zu zeigen, und würdigte mich keines Blickes, auch nicht, als sie sich wieder beruhigt und sich für die Beerdigung umgezogen hatte. Und später, während des Gottesdienstes, als Sophia würdevoll und ruhig am Pult stand und las, versäumte ich keinen ihrer scharfen und treffenden Sätze:
Popo gab sich nie mit halben Sachen zufrieden – einem unaufrichtigen Gespräch, einer Verfilmung, die dem Buch nicht gerecht wurde, einer Zurschaustellung nicht ganz echter Gefühle. Popo ließ nicht zu, dass andere mir Worte in den Mund legten.
Es war eine wunderbare Rede. Auch Lulus Worte waren wunderbar; sie war sehr sicher aufgetreten und hatte mit großer Lebhaftigkeit gesprochen – bemerkenswert für eine Zehnjährige. Ich konnte Florence förmlich vor mir sehen, wie sie sagt: «Ich platze vor Stolz.»
Und doch hatte Florence recht: Die Kinder waren wirklich böse auf mich. Aber als chinesische Mutter konnte ich das verdrängen.
17 Karawane nach Chautauqua
Der Sommer nach Florences Tod wurde schwierig. Es fing damit an, dass ich Sophia über den Fuß fuhr. Sie sprang zu früh, noch während ich zurücksetzte, aus dem Auto und geriet mit dem Knöchel unter das Vorderrad. Er musste operiert werden: Unter Vollnarkose wurden ihr zwei große Schrauben eingesetzt, und sie musste den ganzen weiteren Sommer einen Spezialschuh tragen und an Krücken gehen, was sich schwer auf ihre Stimmung legte, ihr aber viel Zeit fürs Klavier ließ.
Ein Gutes gab es allerdings in unserem Leben, und das war Coco, die mit jedem Tag entzückender wurde. Sie übte auf uns alle dieselbe eigenartige Wirkung aus: Allein ihr Anblick heiterte uns auf. Und das, obwohl die gesamten Ambitionen, die ich für sie gehabt hatte, einer einzigen Dynamik gewichen waren: Sie brauchte mich nur anzusehen mit ihren bittenden schokobraunen Mandelaugen, und schon tat ich, was sie wollte – meist wollte sie vier Meilen rennen, ob Regen, Hagel oder Sonnenschein. Dafür war Coco einfühlsam. Sie konnte es nicht leiden, wenn ich die Mädchen anschrie, aber sie verurteilte mich nie, sondern wusste, dass ich mich bemühte, eine gute Mutter zu sein.
Dass ich meine einstigen Träume für Coco aufgegeben hatte, beunruhigte mich nicht weiter – ich wollte sie nur glücklich sehen. Ich hatte endlich begriffen, dass Coco ein Tier ist und folglich weniger Potential hat als Sophia und Lulu. Zwar gibt es tatsächlich Hunde, die in Bombenentschärfungskommandos und Drogenfahndungsteams mitarbeiten, aber die meisten Hunde haben keinen Beruf, ja nicht mal besondere Fähigkeiten, und das ist völlig in Ordnung.
In diesem Sommer hatte ich ein Gespräch mit meinem brillanten Freund und Kollegen Peter, das unser Leben veränderte. Peter spricht sechs Sprachen und kann elf lesen, darunter Sanskrit und Altgriechisch, und ist selbst ein begabter Pianist, der als Teenager in New York debütiert hatte. Nach dem Besuch eines Konzerts in der Neighborhood Music School, bei dem er Sophia gehört hatte, schwärmte er von ihrem außerordentlichen Talent. Und fügte hinzu: «Ich will mich ja nicht einmischen, aber hast du mal an die Musikhochschule von Yale gedacht? Vielleicht könnte Sophia im Fachbereich Klavier vorspielen?»
«Du meinst, ich soll … den Lehrer wechseln?», fragte ich. Meine Gedanken überschlugen sich. Seit fast einem Jahrzehnt war die Neighborhood Music School einer meiner liebsten Aufenthaltsorte.
«Na ja, warum nicht», sagte Peter. «Natürlich ist die Neighborhood Music School großartig. Aber im Vergleich mit den anderen Schülern dort ist Sophia doch ein ganz anderes Kaliber. Es kommt natürlich drauf an, welche Ziele du hast. Vielleicht soll es einfach weiter Spaß machen.»
Ich war
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