Die Mutter
aber alles, was er sagte, war: »Reden.« »Ich kann jetzt nicht reden.«
Erst da bemerkte er die Musik, das Lachen und die Stimmen im Hintergrund. »Schmeißt du 'ne Party?« »Ja, nur eine kleine Feier.«
Er horchte nach einem Anzeichen für Reue oder Traurigkeit in Glendas Stimme. Er hörte keins von beidem.
»Du schmeißt 'ne Party, während ich in diesem Drecksloch sitze?«, sagte Heath und kämpfte mit den Tränen. »Gott, Glenda, ich sterbe hier.«
»Hör zu, ich muss ...« Sie schnappte nach Luft, so als habe ihr jemand einen Eiswürfel hinten in den Ausschnitt gesteckt. Dann ein Kichern. »Ich muss auflegen. Das ist unhöflich gegenüber meinen Gästen.«
»Scheiße, Glenda, ich hab nicht genug Geld für eine weitere Nacht im Motel. Dann muss ich im Auto schlafen. Bitte, Glenda, können wird das nicht wieder in Ordnung bringen? Kann ich morgen vorbeikommen, und wir reden noch mal über alles? Bitte, gib mir noch eine Chance.«
»Noch eine Chance?«, schnaufte Glenda. »Willst du wissen wieso du kein Geld hast, Heath? Weil du ein Idiot bist. Du hast keinen Job, weil du ein Idiot bist. Du hast kein Leben, weil du ein Idiot bist. Also ruf mich bitte nicht mehr an, ich spreche nicht mit Idioten.«
Heath schloss die Augen. »Ich kann so nicht mehr weitermachen, Glenda. Ohne dich, ohne meinen Job bin ich gar nichts.«
Glenda stöhnte ins Telefon. Dann sagte sie leise: »Da hast du wohl recht.«
Heath riss die Augen wieder auf. In seinem Körper loderte ein rasendes Feuer. »Was zur Hölle ist mit dir los, Glenda?« »Wie? Ach, nichts. Ich muss Schluss machen, Heath ...« »Leg nicht auf! Was machst du gerade?« »Mach's gut... Ohhhh ... Heath.«
»Was ist los? Lässt du dir gerade die Muschi lecken? Du beschissene Schlampe!«
Er hörte gedämpfte Stimmen am anderen Ende der Leitung, gefolgt von weiterem Stöhnen und einem Klicken, als Glenda auflegte.
Heath knallte den Hörer auf die Gabel. »Fuck!« Bilder von Glenda, die ausgestreckt auf dem Bett lag - ihrem Bett - mit dem Gesicht irgendeines Kerls zwischen den Beinen, tanzten in Heaths ohnehin schon wirrem Kopf herum. Er fühlte sich krank, hintergangen und unglaublich ausgetrocknet. Heath stürzte ins Badezimmer und trank gierig noch mehr Wasser, das über sein Kinn strömte und auf sein Hemd tropfte. Als er sich wieder aufs Bett warf, fragte er sich, wie lange er es wohl noch eingeschlossen in diesem Zimmer aushielt, ohne irgendetwas schniefen, rauchen oder spritzen zu können und ganz genau zu wissen, dass seine Frau (bald Exfrau) irgendeinen Fremden fickte.
Die Waffe in seinem Koffer sah extrem verlockend aus. Er war froh, dass sie nie Kinder gehabt hatten. Es war ihm ein schwacher Trost, zu wissen, dass er wenigstens diese Verantwortung nicht tragen musste und dass, ganz egal, wie sehr er und Glenda sich ihr eigenes Leben auch versaut hatten, sie im
Zuge dessen nicht auch noch das Leben von ein paar Kindern zerstört hatten.
Es gab so vieles, was er Glenda sagen wollte, zum Beispiel, wie er sich fühlte und was er vorhatte, aber jedes Mal, wenn er nach dem Telefon griff, zog er seine Hand wieder zurück.
Er wollte Glenda unbedingt sagen, dass er sich umbringen wollte, dass alles ihre Schuld war und dass sie ihn hierher geführt hatte. Er wollte sie anrufen, damit sie hörte, wie er den Abzug drückte. Er sehnte sich so sehr danach, dass er den süßen, bitteren Geschmack des Blutes bereits schmecken konnte.
Er rutschte noch einmal zum Telefon hinüber, aber anstatt zu Hause anzurufen, öffnete er die oberste Schublade und nahm das örtliche Branchenbuch heraus. Er blätterte durch die Gelben Seiten, bis er das Kapitel »Eskortagenturen« fand.
Glenda hat heute Abend Spaß, wieso sollte ich da nicht auch welchen haben?
Er sondierte die reißerischen Anzeigen, die allesamt behaupteten, die besten, heißesten Mädchen zu liefern, die Goulburn zu bieten hatte. Nach ein paar Minuten entschied er sich, es mit »xxxclusive« zu versuchen - sie warben mit einem halbseitigen Farbfoto einer bildschönen Brünetten, und sie lieferten sowohl nach Hause als auch ins Motel. Sie sahen teuer aus - ihr Stundenpreis war nicht angegeben - aber Heath konnte ohnehin nicht zahlen und fand, dass es daher keine Rolle spielte. Wieso nicht gleich die Besten aussuchen?
Er nahm den Hörer ab und wählte die Nummer.
Er hatte das schon öfter gemacht, als er sich erinnern konnte, aber als er es klingeln hörte, hatte er ein nervöses Gefühl im Magen.
Warum tue
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