Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nachhut

Die Nachhut

Titel: Die Nachhut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Waal
Vom Netzwerk:
erforscht. Wonach sucht ihr also immer noch - nach Rätseln? Nach Erklärungen und Entschuldigungen - nach Ausreden womöglich fürs nächste Mal?    
    Ein paar pflichtbewusste Polizisten vollzupöbeln, war so gesehen nicht mal mehr besonderes mutig. Aber immerhin konnte man sich ungefähr ausmalen, was Fritz und die anderen erwartete.
    »Halt endlich den Mund, Busch«, zischte ich, »es wird sich gleich aufklären.« Er sah mich an wie einen Verräter, schlimmer noch: wie einen Spielverderber. Denn er wusste das selbst genau.
    Als der Typ mit unseren Papieren zurückkam, stellte sich heraus, dass man in der Zentrale lediglich vergessen hatte, unseren Van aus der Fahndung zu streichen. Noch mal schönen Dank, Evelyn! Ich nahm die halbherzige Entschuldigung meines Bewachers halbherzig an. Busch, der Held, ließ sich die Dienstnummern geben, kündigte eine Anzeige wegen Körperverletzung und mehrere Dienstaufsichtsbeschwerden an, worauf - und wirklich erst darauf - ihm die Beamten eine wegen Beleidigung in Aussicht stellten.
    Ich hätte ihn gern gefragt, ob er sich das bei echten Gestapo-Schergen auch getraut hätte. Aber Busch war schon wütend genug und doch noch so vernünftig, in diesem Zustand nicht selbst Auto zu fahren. Stattdessen begann er sofort, wie ein Wilder zu telefonieren, und ich hatte erst den Verdacht, er wollte vor allem nicht mit mir reden. Den Wortfetzen nach versuchte er jedoch, unseren Chef Matti zu erreichen und außerdem herauszubekommen, wieso die Bunkergeschichte auch auf anderen Sendern nur noch auf Sparflamme kochte. Auf einmal interessierte ihn das, aber für die vielen Kollegen, die er angeblich gut kannte, erfuhr er erstaunlich wenig. Nur einer rief zurück, und dieses Gespräch dauerte lange genug, um an zwei weiteren Polizeisperren nach einem kurzen Blick ins Auto durchgewunken zu werden. Und als ich vor der Pension in Gossow hielt, schien sein Zorn fast verraucht. Beinahe gut gelaunt klappte Busch sein Telefon zu.
    »So«, sagte er und tat als wäre nun alles klar, »das war mein alter Freund Strakka. Der schreibt seit 30 Jahren für alle großen Blätter und ist fast genauso lange hinter diesem Jäger her, du weißt schon, der Ex von der Thorwart. Darauf kommst du nie, was seiner Meinung nach hinter all dem steckt!«
    »Worauf? Dass dein alter Kumpel statt bei allen Großen jetzt nur noch bei der kleinen Woche ist? Das liegt doch auf der Hand: Weil er seit 30 Jahren der gleichen Geschichte hinterherjagt.«
    »Na sag mal! Langsam wird’s aber unheimlich. Spionierst du mir etwa nach?«
    Wahrscheinlich hatte ich Strakka nur nicht erwähnt, als ich ihm vor ein paar Stunden das Wichtigste von Jennys Recherchen berichtet hatte und freute mich diebisch. Es kam immer gut, Busch auch mal verblüfft zu sehen. Leider musste ich es viel zu schnell auflösen und reichte die über alle Maßen nebensächliche Frage des Kollegen nach einem kleinen Bruder von Fritz sofort nach.
    »Siehst du, Monse«, sagte er, »das ist eben der Unterschied zwischen einem wie dir und einem harten Hund wie Strakka.«.
    Dann quälte er mich wieder mal mit einem Vortrag über journalistische Hartnäckigkeit und einer dieser alten Geschichten, die natürlich in den frühen 60er Jahren spielte. Damals, so hätten Strakkas langwierige Recherchen ergeben, habe sich Wolf Jäger einen neuen Namen zugelegt, angeblich um den seines Vaters loszuwerden, der wohl ein übler Kriegsverbrecher war. Wer wollte ihm das verübeln, dachte ich und meinte - nur damit wir uns nicht schon wieder missverstehen, Evelyn - selbstverständlich den Sohn.
    »Niemand kann sich seine Verwandten aussuchen«, sagte ich.
    »Verstehst du nicht, Monse? Dieser Jäger bastelt sich selbst eine Legende als Waisenkind, um nicht mit seinem Vater in Verbindung gebracht zu werden - aber gleichzeitig geht er besonders eifrig gegen alle Altnazis vor. Seine eigene Lebenslüge diskreditiert jede Glaubwürdigkeit dabei - sogar Jägers Verdienste.«
    Sein Freund Strakka war offenbar wild entschlossen, die kleine biografische Schummelei nach so vielen Jahren unbedingt aufzudecken. Busch fand das nur legitim und hatte Recht: Ich verstand wirklich nicht, was daran so aufregend sein sollte - außer vielleicht, man bekäme das Wiedersehen der beiden Brüder exklusiv vor die Kamera. Aber sonst? Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass Fritz von Jagemann und Wolf Jäger tatsächlich den gleichen schrecklichen Vater hatten: Wie kann man sich denn konsequenter von der

Weitere Kostenlose Bücher