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Die Nachhut

Die Nachhut

Titel: Die Nachhut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Waal
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Farben wie sein kleiner Laster und zerrte die Plane von der Ladefläche. In meinem Fernglas tauchte ein altes Beiwagenmotorrad auf, und als ich das Hakenkreuz auf dem Tank erkannte, verdoppelte sich mein Puls noch einmal. Außerdem ließ sich die böse Ahnung nicht abschütteln, dass der Bilderbuch-Neonazi daneben unser V-Mann war.
    »Guter Mann«, lobte ihn Schiller leise, »aber was zum Teufel macht er denn jetzt?«
    Sein guter Mann schob das Motorrad vorsichtig von der Ladefläche und zu einer der Zapfsäulen, schraubte umständlich langsam den Tankdeckel auf und schaute sich immer wieder um, als müsste endlich was passieren. Doch Kondor 1 flüsterte lediglich in sein Funkgerät, alle sollten sich bereithalten.
    »Erst wenn wir alle vier sehen, schlagen wir zu.«
    Zwei Türen des Autos öffneten sich. Ein Mann in schwarzer Uniform stieg aus. Sein Gesicht war nicht zu erkennen, aber der Größe nach konnte es nur dieser von Jagemann sein. Der zweite Mann sah aus wie Josef Stahl, straff gescheitelt, dunkles Haar, genau wie auf den Videostandbildern in meiner Mappe.
    Wie zwei Zombies wankten sie auf uns zu, langsam und unsicher. Am Eingang versuchten sie, die Angebote zu lesen, bevor sie ohne große Scheu die Burger-Bude betraten. Von den beiden anderen Untoten aber sah man immer noch nichts.
    »Kondor 1 für Kondor 7: Wo sind Nummer drei und vier?«
    »Keine Ahnung! Wir sehen auch nur zwei. Zugriff?«
    »Nein! Kondor 1 für Kondor 11- seht ihr was im Auto?«
    »Negativ. Sollen wir mal näher ran? Kommen!«
    »Kondor 1 für 11: Ja, Aufklärung am Fahrzeug bestätigt. Kondor 1 für alle: Zugriff erst auf meinen Befehl!«
    Ein Mann mit roter Kappe, der seit Stunden den Ölstand seines Autos kontrollierte, wischte sich die Hände ab und schlenderte um den Pick-Up herum. An der Fahrertür blieb er stehen, hielt beide Hände an die Scheibe und glotzte hinein, als interessiere er sich für den Tachostand. Zurück an seinem eigenen Wagen lehnte er sich mit beiden Armen aufs Dach, schaute grob in unsere Richtung und streckte den Daumen einer Hand nach oben.
    »Nur einer?« Ratlos sah Schiller beinahe hübsch aus.
    »Vielleicht ist ja unterwegs schon einer gestorben?«
    Es sollte ein Scherz sein. Schiller aber nickte nachdenklich, als die beiden hungrigen Alten plötzlich am Verkaufstresen auftauchten. Sie hatten sich vorgedrängelt. Von unseren Statisten murrte vorsichtshalber niemand. Nur vier Jugendliche mit bunten Haaren scherten aus der Reihe und verließen empört das Restaurant. Vermutlich regte sie am meisten auf, dass sich sonst niemand über diese Nazis aufregte. Recht hatten sie!
    Stahl und von Jagemann starrten angestrengt auf die beleuchtete Tafel mit den Menüs. Nicht einmal mehr zehn Meter trennten uns von ihnen. Noch näher war nur die junge Kollegin dran, die wir als Bedienung verkleidet und verkabelt hatten und deren Stimme deutlich zitterte.
    »Und für Sie? Was darf es für Sie sein, bitte?«
    »Haben Sie auch Bockwurst«, fragte von Jagemann gereizt. Offenbar kam er mit Kingsize XXL und Super-Spar-Menü nicht zurecht.
    »Nein. Tut mir leid. Einen Hamburger vielleicht?«
    Die junge Kollegin drehte sich kurz zu uns um und zog ein Gesicht, als würde sie entweder gleich vor Angst oder vor Lachen zusammenbrechen. Wenigstens war Stahl nicht so wählerisch.
    »Ich nehme zwei von den kleinen Bouletten. Was kosten die?«
    »Zwei Cheeseburger? Drei Euro. Noch ein Getränk dazu?«
    »Ja, eine Cola bitte. Und du, Fritz?«
    Von Jagemann sah aus dem Fenster und schüttelte den Kopf.
    »Macht dann vier Euro vierzig. Als Sparmenü wäre es aber günstiger und Sie kriegen auch noch Pommes dazu ...«
    »Wie bitte?« Stahl sah ungläubig von seinem Geldbeutel auf: »Ich soll also mehr nehmen, um weniger dafür zu zahlen?«
    Sie nickte und zuckte mit den Schultern, als habe sich ihr die Super-Spar-Logik auch noch nie erschlossen.
    »Und was soll das sein - Euro? Wir haben nur Reichsmark.«
    Daran hatte niemand gedacht. Er reichte ihr einen 20-Mark-Schein, und die Bedienung wedelte mit dem alten Lappen nicht gerade unauffällig Richtung Küche. Offenbar wollte sie uns nach passendem Wechselgeld fragen. Schiller schloss die Augen und hatte das Funkgerät schon am Mund, um endlich den Zugriff zu befehlen, als ein kleines Mädchen zwischen Stahl und von Jagemann auftauchte, um sich die Spielzeuge näher anzusehen, die beim Kindermenü mit in die Tüte kamen. Gott sei Dank hatte Schiller die Kleine auch bemerkt. Die falsche

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