Die Nacht am See
die?”
„Meine Mutter starb vor sechs Jahren, und mein Vater lebt irgendwo im Mittleren Westen.”
„Sie wissen nicht, wo er lebt?”
„Nein, meine Eltern ließen sich scheiden, als ich vierzehn war, und er ist nicht mit uns in Kontakt geblieben. Es war besser so. Es wäre zu schwer für meine Mutter gewesen, wenn sie ihn immer noch hätte sehen müssen. Er hat ihr das Herz gebrochen, als er sie wegen einer jüngeren Frau verließ.”
Donovan griff über den Tisch und strich über Jocelyns warme, schlanke Hand. „Es tut mir Leid. Hat sie nie wieder geheiratet?”
„Nein, und ich kann es ihr nicht verdenken. Nach dem, was Dad ihr angetan hatte, konnte sie keinem Mann mehr vertrauen.”
So langsam begann Donovan seine unnahbare Leibwächterin zu verstehen. Die einzigen zwei Männer, denen sie je nahe gewesen war, hatten sie beide verlassen, ohne zurückzuschauen. Kein Wunder, dass sie sich auf keine Beziehung mehr einlassen wollte.
Kurz darauf wurden ihre Vorspeisen gebracht, und sie sprachen über andere Dinge.
Jocelyn erzählte ihm von ihren Erfahrungen beim Geheimdienst sowie von der Polizeiakademie. Einige ihrer Geschichten waren einfach köstlich, und er lachte herzlich darüber. Andere Vorfälle waren eher haarsträubend, wenn sie sich zum Beispiel direkt gegen Angreifer hatte verteidigen müssen, doch im Großen und Ganzen beschrieb sie ihren Job als eher ruhig. Prävention war alles.
Nach dem Essen fuhren sie ins Theater, wo sie von ihren Logenplätzen aus das Stück genossen. Als sie schließlich wieder zu Hause waren, war es schon fast Mitternacht.
Im obersten Stockwerk angekommen, zog Jocelyn in der Halle ihre Schuhe mit den hohen Absätzen aus, schaltete die neue Alarmanlage aus und durchsuchte dann gründlich die Wohnung. Nachdem sie sich überzeugt hatte, dass alles normal war, ging sie zurück zu Donovan, der am Eingang gewartet hatte.
„Alles in Ordnung. Wir können uns jetzt entspannen.”
„Können wir das?” Er versuchte, nicht an all die Arten zu denken, wie er sich gern mit dieser unglaublichen Frau entspannen würde. Dieser schönen, bezaubernden Frau, die sein Blut in Wallung brachte.
„Da Sie es schon so formulieren, wie wäre es denn, wenn wir noch einen kleinen Absacker zu uns nehmen?”
„Sie wissen doch, dass ich nichts trinke, wenn ich …”
„Wenn Sie arbeiten, ja, ich weiß. Aber jetzt sind wir zu Hause, und Sie haben schon alles inspiziert. Die neue Alarmanlage ist an, also können Sie sich doch mal eine Stunde lang entspannen. Nur ein Glas Wein. Oder etwas anderes. Ganz wie Sie möchten.”
Jocelyn seufzte. „Ich habe schon seit Ewigkeiten keinen Wein mehr getrunken.”
„Ich kann Ihnen eine große Auswahl bieten. Sie brauchen mir nur zu sagen, was Sie gern trinken.”
„Na ja, eigentlich wollte ich mit Ihnen noch überlegen, wer hinter Ihnen her sein könnte.”
„Wir können über alles reden.”
Sie zögerte einen Moment. „Ich schätze, ein Glas Rotwein kann nicht schaden.”
„Wunderbar. Machen Sie es sich gemütlich.”
Zufrieden verschwand er in Richtung Küche und holte den besten Rotwein aus seinem Vorrat.
6. KAPITEL
Donovan brachte den Wein ins Wohnzimmer, wo Jocelyn auf dem riesigen weißen Sofa saß.
Er blieb an der Tür stehen. Himmel, er kam gar nicht darüber hinweg, wie betörend sie in diesem engen schwarzen Kleid aussah. Es unterstrich ihr ebenholzfarbenes Haar und ihre cremeweiße Haut sowie die vollen, rosigen Lippen. Sie sah aus wie eine Göttin.
„Sie haben wirklich eine wunderschöne Wohnung, Donovan”, stellte sie fest. „Sie ist sehr einladend. Und dieses Sofa - darin möchte man förmlich versinken.” Sie strich bewundernd mit ihrer grazilen Hand über den weichen Stoff.
Donovan stand bewegungslos da und starrte auf ihren schlanken Arm, der sich über die Kissen bewegte. Sein Puls beschleunigte sich. Was würde er darum geben, jetzt eins dieser Kissen zu sein …
Er ging zum Sofa, reichte Jocelyn ein Glas und setzte sich dann neben sie.
„Ich hatte viel Spaß heute Abend”, meinte er. „Das sollten wir auf jeden Fall wiederholen.”
Sie schaute ihn mit ihren großen braunen Augen über den Rand des Glases hinweg an, bevor sie einen Schluck trank und das Glas auf den Tisch stellte. „Mir hat es ebenfalls gefallen, aber ich denke nicht, dass wir es wiederholen sollten.”
„Und warum nicht?” fragte er, obwohl er die Antwort kannte.
„Weil ich nicht möchte, dass wir beide uns zu sehr
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