Die Nacht - Del Toro, G: Nacht - Night Eternal (Bd. 3 The Strain Tril.)
er das Gefühl, Nora zu umarmen.
Staatsburg, New York
Die Rolltür des Lasters öffnete sich, und Quinlan winkte ihnen zu. Mit steifen Knien kletterte Vasiliy als erster aus dem Laderaum und rieb sich die eiskalten Beine, um seinen Kreislauf wieder in Schwung zu bekommen. Dann sprang Eph herunter und stand mit seinem Rucksack neben dem Lastwagen wie ein Tramper, der noch eine lange Reise vor sich hat.
Der Truck parkte am Rand eines unbefestigten Weges, vielleicht Teil einer langen Auffahrt zu einem privaten Anwesen, jedenfalls weit genug von der Hauptstraße entfernt, damit man ihn durch die Bäume hindurch nicht sehen konnte. Der Regen hatte etwas nachgelassen, und der Boden war feucht, aber nicht sumpfig.
Plötzlich und ohne jede Erklärung verschwand Quinlan in der Dunkelheit. Vasiliy fragte sich, ob sie ihm vielleicht folgen sollten, entschied sich aber dagegen; er musste sich erst noch ein bisschen aufwärmen.
Er wandte sich Eph zu, der hellwach wirkte, ja vor Energie beinahe zu platzen schien. Hatte er auf der Fahrt womöglich ein paar Pillen eingeworfen? Nein, seine Augen waren ganz klar.
»Du siehst aus, als könntest du es gar nicht erwarten«, murmelte der Kammerjäger.
»Wir haben schon viel zu lange gewartet«, erwiderte Eph.
Und dann, ebenso blitzartig wie er verschwunden war, stand Quinlan wieder neben ihnen. In der feuchten Luft dampfte sein Vampirkörper geradezu, was einen ziemlich unheimlichen Anblick bot.
Ein paar Wachen am Tor, weitere am Eingang. Es wird kaum zu verhindern sein, dass der Meister uns bemerkt. Aber angesichts unseres Plans ist das ja vielleicht ganz gut so.
»Was hältst du davon, Quinlan?«, fragte Vasiliy. »Von dem Plan, meine ich. Glaubst du, wir können es schaffen?«
Der Blutgeborene sah durch die kahlen Zweige der Bäume zum Himmel. Es ist ein gewagter Schachzug, den Meister herauszulocken, aber es könnte gelingen.
»Ja. Aber ihn herauszulocken ist nur die halbe Miete. Könntest du ihn in einem Kampf besiegen?«
Das ist mir in vielen Jahrhunderten nicht gelungen. Und ihm ist es nicht gelungen, mich zu besiegen. Aber der Meister will meinen Tod, so wie er Dr. Goodweathers Tod will. Und ich will seinen Tod.
»Du kannst nur von ihm getötet werden, nicht von einem Menschen. Also funktioniert es vielleicht auch anders herum.«
Ja, vielleicht. Jedenfalls habe ich in all der Zeit nie versucht, ihn mit Hilfe eines nuklearen Sprengsatzes zu vernichten.
Eph hatte unterdessen das Nachtsichtgerät angelegt. »Ich bin soweit. Legen wir los, bevor ich es mir noch anders überlege.«
Vasiliy nickte und zog die Gurte seines Rucksacks fest. Dann folgten sie Quinlan in den Wald hinein. Der Kammerjäger konnte nichts erkennen, was nur im Entferntesten an einen Pfad erinnerte; es blieb ihnen also nichts anderes übrig, als den Vampirsinnen des Blutgeborenen zu vertrauen.
Von irgendwo weiter vorne hörten sie ein leises Brummen. Die Bäume dünnten immer mehr aus, und kurz darauf traten sie aus dem Wald heraus und standen vor der Rückseite eines stattlichen Anwesens.
Das Brummen kam von einem Stromgenerator (vielleicht auch von zweien) und übertönte jedes Geräusch, das sie machten, doch die hitzeempfindliche Nachtsicht der Vampirwachen konnten sie nicht täuschen. Quinlan bedeutete Vasiliy und Eph zu warten, verschwand zwischen den Bäumen – und nur wenige Sekunden später trat er am anderen Ende des Hauses aus dem Wald und ging zielstrebig, aber nicht allzu schnell, auf das Anwesen zu. Im selben Moment bemerkten ihn die beiden Wachen am Seiteneingang und liefen ihm aufgeregt entgegen.
»Er lenkt sie ab«, flüsterte Vasiliy. »Jetzt oder nie.«
Geduckt rannten die beiden Menschen über die Wiese, erreichten die Pferdekoppel hinter dem Haus, rannten den Zaun entlang weiter und auf die Vampirwachen zu, die schon fast bei Quinlan waren. Dann, im allerletzten Moment, zogen sie ihre Schwerter. Die Wachen, die das Silber in ihrem Rücken spürten, drehten sich überrascht um – und blitzschnell packte Quinlan die beiden strigoi und brach ihnen das Genick. Mit der Silberklinge erledigte Vasiliy den Rest.
Sie haben den Alarm nicht ausgelöst , ertönte die Stimme des Blutgeborenen. Das verschafft uns einige entscheidende Sekunden.
Und während sich Quinlan und Vasiliy auf die Suche nach den übrigen Wachen machten, betrat Eph durch den Seiteneingang das Haus.
Everett Barnes gefiel der Salon im zweiten Stock am Besten. Die Bücherregale an den Wänden, das prasselnde
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