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Die Nacht - Del Toro, G: Nacht - Night Eternal (Bd. 3 The Strain Tril.)

Die Nacht - Del Toro, G: Nacht - Night Eternal (Bd. 3 The Strain Tril.)

Titel: Die Nacht - Del Toro, G: Nacht - Night Eternal (Bd. 3 The Strain Tril.) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Guillermo;Hogan Del Toro
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kommen. Ein Grund. Eine Erklärung.
    Es ist soweit.
    Das Licht funkelte jetzt so fröhlich vor dem Fenster, dass es Thalia den Atem verschlug. Mit weit aufgerissenen Augen sah sie zu, wie der Schweif des Kometen an ihr vorbeizog und in der Atmosphäre verschwand.
    Dann drehte sie sich um. Irgendetwas war hier bei ihr. Etwas nicht Menschliches.
    »War das …«
    Sie brach ab. Natürlich war es das.
    Ein Zeichen.
    Als Kind hatte sie einmal eine wunderschöne Sternschnuppe gesehen – und seither hatte sie sich nichts sehnlicher gewünscht, als Astronautin zu werden. Sie hatte diese Geschichte immer wieder erzählt – in der Schule, an der Universität, bei der Aufnahmeprüfung –, und trotzdem war es die reine Wahrheit: Als Kind hatte sie ihr Schicksal am Himmel gesehen.
    Bring sie runter.
    Wieder stockte ihr der Atem. Denn jetzt hatte sie die Stimme erkannt. Es war ihr Hund Ralphie, ihr stattlicher Neufundländer zu Hause in Connecticut. Früher hatte sie sich immer seine Stimme ausgemalt, wenn sie sich mit ihm unterhalten hatte.
    Willst du raus, Ralphie?
    Ja, ja, bitte!
    Willst du ein Leckerli?
    Ja, will ich!
    Sei ein guter Junge!
    Bin ich, bin ich!
    Weißt du, ich vermisse dich, wenn ich dort oben bin.
    Ich vermisse dich auch, mein Schatz.
    Das war also die Stimme in ihr. Die Stimme, die sie Ralphie gegeben hatte. Die Stimme der Kameradschaft, des Vertrauens, der Zuneigung.
    »Wirklich?«, fragte sie erneut.
    Sie hatte sich oft vorgestellt, was wohl geschehen würde, wenn sie in der Kabine wild um sich schoss. Wie lange, bis dieses großartige Produkt menschlichen Erfindungsreichtums ins Taumeln geraten, in die Atmosphäre eintreten und Feuer fangen würde?
    Und plötzlich erfüllte sie reine Gewissheit. Ja, auch wenn sie verrückt war, hatte sie zumindest keinen Zweifel mehr daran, dass es die richtige Entscheidung war. Sie wollte nicht dahindämmern wie Maigny, wollte nicht dabei zusehen, wie sich vor ihrem Mund Schaum bildete.
    Sie würde mit ihrem Schiff untergehen. Und sie hatte immer gewusst, dass das einmal ihr Schicksal sein würde. Eine Sternschnuppe hatte diese Entscheidung für sie getroffen. Und auch Thalia Charles würde eine Sternschnuppe werden.

Camp Liberty
    Nora betrachtete das Messer.
    Sie hatte die ganze Nacht daran gearbeitet und war ziemlich erschöpft. Und ziemlich stolz. Was man aus einem kleinen Buttermesser doch machen konnte, wenn man die Klinge an einer Betonwand schärfte und mit Zacken versah. Noch ein bisschen länger – und es würde perfekt sein.
    Sie hatte die Schleifgeräusche mit ihrem Kopfkissen gedämpft, so dass ihre Mutter, die wenige Meter von ihr entfernt lag, nicht aufwachte.
    Sie hatte ihre Mutter wieder … Aber nicht für lange.
    Einen Tag zuvor, etwa eine Stunde, nachdem sie Nora von Barnes’ Anwesen in das Lager zurückgebracht hatten, war der Befehl ergangen, ihre Mutter bei Sonnenaufgang abzuholen.
    Fütterungszeit.
    Was würde mit ihr geschehen? Nora wusste es nicht, wollte es nicht wissen. Alles, was sie wusste, war, dass sie es nicht zulassen würde. Sie würde Barnes’ Angebot annehmen – versuchen, ihm so nahe wie möglich zu kommen – ihm das Messer an die Kehle halten. Entweder er oder ihre Mutter. Und sollten sie ihre Mutter töten, dann würde Barnes dasselbe Schicksal ereilen.
    Mrs. Martinez murmelte etwas Unverständliches und fiel dann wieder in das leichte Schnarchen, das Nora so vertraut war. Das sie als Kind immer in den Schlaf gewiegt hatte. Damals war ihre Mutter eine starke Frau gewesen. Eine Naturgewalt. Sie hatte rund um die Uhr gearbeitet, um Nora die Schule, den Collegeabschluss und alles andere zu ermöglichen, was damit zusammenhing. Und sie war nie müde geworden, hatte sich nie beklagt.
    Nur einmal. Eines Nachts kurz vor Weihnachten, als Nora von einem leisen Schluchzen aufgewacht war. Sie war vierzehn gewesen damals und hatte sich am Tag zuvor furchtbar aufgeführt, weil sie kein Quinceañera -Kleid zu ihrem Geburtstag bekommen hatte …
    Sie war die Treppe hinuntergegangen und hatte ihre Mut ter durch die offenstehende Tür allein am Küchentisch sitzen sehen. Neben sich ein Glas Milch. In der Hand die Lesebrille. Der Tisch übersät mit Rechnungen.
    Nora war von diesem Anblick wie gelähmt. Als hätte sie Gott beim Weinen ertappt. Sie wollte gerade in die Küche gehen und fragen, was los war – da wurde aus dem leisen Schluchzen ihrer Mutter ein lautes, fürchterliches Heulen, und ihre Augen explodierten förmlich in Tränen …

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