Die Nacht - Del Toro, G: Nacht - Night Eternal (Bd. 3 The Strain Tril.)

dieses verlogene Schwein! Ich bringe ihn um!
    »Hier ist niemand mehr am Leben, Nora«, sagte Eph. »Wir müssen verschwinden.«
    Sie schluchzte leise. Ja, nur weg von hier! Sie wollte diesen Ort nie wiedersehen.
    »Sie schicken uns bestimmt gleich die Cops auf den Hals.«
    Vasiliy legte den Arm um Nora und ging mit ihr nach draußen.
    Der Himmel war nun schmutzig gelb. Sie sahen, wie Gus in die Fahrerkabine eines Baggers kletterte, der neben dem Gebäude stand, und sich so lange an den Armaturen zu schaffen machte, bis der Motor ansprang. Und dann sahen sie noch etwas anderes: Etwa ein Dutzend Lagerinsassen hatten sich auf der Wiese vor dem Gebäude versammelt. Im fahlen Licht und in ihrer grauen Kleidung wirkten sie wie Geister. Offenbar waren sie, aufgeschreckt durch den Alarm und den Schüssen in der Halle, aus den Baracken gelaufen. Gus sprang vom Bagger und schrie sie an: »Ihr verdammten Feiglinge! Warum habt ihr euch denn nicht gewehrt?«
    »Sei still«, sagte Nora. »Sie sind keine Feiglinge. Sieh doch nur, wie schwach und ausgezehrt sie sind.«
    Bruno wandte sich Gus zu. »Ich bleibe hier, mein Freund.«
    Der Mexikaner riss die Augen auf. »Was redest du da, Mann?«
    »Ich bleibe hier und jage dieses Schlachthaus zum Teufel. Ich zeige ihnen, dass sie den Falschen gebissen haben.«
    Nach einer Weile nickte Gus. »Du bist ein verdammter Held, hombre .«
    Bruno verzog den Mund zu einem traurigen Grinsen. »Sag dem Präsidenten, er soll mir ’ne Medaille verleihen.«
    Auch Gus lächelte, und dann drückte er Bruno an sich. So wie es der Brauch war. So wie früher auf der Straße.
    »Wir werden dich nie vergessen, Mann«, sagte Joaquin.
    Bruno sah zu dem düsteren Gebäude hinüber. Seine Augen funkelten vor Zorn. »Und diese Motherfucker werden mich auch nicht vergessen. Das schwöre ich.« Dann sah er Nora an. »Ich werde diesen Ort niederbrennen, Lady. Für dich und für mich.«
    Nora nickte kaum merklich.
    »Und jetzt verschwindet!« Bruno zog sein Schwert und deutete damit auf die umherstehenden Lagerinsassen. »Ihr alle!«
    Gus war unterdessen wieder in den Bagger eingestiegen, hatte die Maschine herumgeschwenkt und fuhr nun damit mitten in den hohen Zaun hinein, der das Lager begrenzte. Riss eine Lücke in den Maschendraht.
    Im selben Moment hörten sie Polizeisirenen.
    »Gehen wir«, rief Eph. Er bot Nora seine Hand an, aber Vasiliy war schneller – der Kammerjäger legte seinen Arm um sie.
    Und dann liefen sie aus dem Lager.
    Die Blutwürmer hatten sich inzwischen in Brunos Körper ausgebreitet, so dass der Schmerz kaum mehr zu ertragen war. Noch schlimmer – noch demütigender – aber war, dass er sich nicht dagegen wehren konnte. Die verdammten Dinger waren in ihm: in seinen Blutgefäßen, seinen Organen, seinem Gehirn.
    So schnell wie möglich holte er einige der UV -Leuchten aus der Farmhalle und stellte sie vor die Eingangstür der Blutfabrik, um den Ansturm der strigoi etwas zu verzögern. Dann zerhackte er die Kühlpackungen, so dass der Boden und er selbst rot vor Blut wurden. Auch den Rest der Einrichtung zerstörte er: sämtliche Schläuche und Plastikbeutel, die Vakuumsauger, die Pumpen, die Filtermaschinen. Leider hatte er kein Benzin – sonst hätte er noch ein fröhliches Feuerchen gelegt.
    Kurz darauf verschwand die Sonne, und die erste Angriffswelle der Vampire verbrannte im Licht der UV -Lampen. Aber die menschlichen Polizisten hatten keine Mühe, das Gebäude zu betreten, und als sie Bruno sahen, eröffneten sie sofort das Feuer. Die Kugeln zerschmetterten ihm Schlüsselbein und Schulter.
    Mit letzter Kraft schleppte sich der Gangbanger zu einer Leiter an der Wand und kletterte nach oben – bis er schließlich mit einer Hand über den Cops und den Vampiren baumelte, die zu ihm hochstarrten. Und dann legte er das Schwert an seine Kehle und – »Fickt euch ins Knie, ihr verdammten Schweine!« – vergoss das letzte menschliche Blut, das noch in ihm war.

New Jersey
    Der Meister lag auf der Ladefläche eines abgedunkelten Vans in dem mit Lehm gefüllten Sarg, den Abraham Setrakian vor vielen Jahren mit seinen eigenen Händen geschnitzt hatte. Der Van war Teil eines Konvois aus vier Wagen, die aus New Jersey nach Manhattan zurückfuhren.
    Mit den Augen seiner strigoi hatte der Meister beobachtet, wie die Raumstation in die Erdatmosphäre eingetreten war. Hatte die helle Flamme gesehen. Als hätte Gottes Fingernagel den Himmel aufgerissen. Und er hatte den Blutgeborenen – Quinlan