Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nacht Der Jaegerin

Die Nacht Der Jaegerin

Titel: Die Nacht Der Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
entsetzt gewesen, als Bella Chancery voller Stolz mit ihrer neugeborenen Tochter hereinkam.»
    «Und das Baby war ungetauft?», sagte Merrily. «Ist das sicher?»
    «Sicher ist, dass Hattie Chancerys Taufe verschoben wurde, weil sie krank war. Das genaue Datum dieses sogenannten Exorzismus kennen wir zwar nicht, aber wir wissen, dass er im Winter 1899 stattfand. Und die Taufe ist im März 1900 im Taufregister eingetragen. Ich weiß auch, dass erzählt wurde, Bella Chancery habe dem kirchlichen Hokuspokus während ihrer spiritistischen Phase ablehnend gegenübergestanden, und dass Hattie vermutlich überhaupt nicht getauft worden wäre, wenn nicht Walter darauf bestanden hätte.»
    «Also wirklich», sagte Ben, «warum um alles in der Welt haben Sie das nicht schon früher erzählt?»
    «Wegen der Familie.»
    «Aber wusste Natalie das nicht?»
    «
Clancy
wusste es nicht», sagte Beth Pollen. «Und ich fand, darüber zu reden ... Ich weiß auch nicht, aber irgendwie hatte ich böse Vorahnungen.»
    «Aber wenn wir einmal davon ausgehen, dass das alles stimmt», sagte Ben, «was bedeutet das? Ich kann es kaum in Worte fassen ...»
    «Gut.» Merrily ging an den Tisch, an dem Matthew und Hardy saßen. «Als ich die Ausbildung zur Beraterin für spirituelle Grenzfragen gemacht habe, hieß das Schlüsselwort Vorsicht. Man fängt mit einem Gebet an und steigert es langsam. Ich habe noch nie einen Menschen exorziert, und die meisten Diözesan-exorzisten werden das
niemals
tun. Das bedeutet nämlich, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Wenn man überreagiert, kann man den Weg für etwas viel Unheilvolleres frei machen, eine Gefahr entstehen lassen, wo vorher keine war.»
    Mrs. Pollen nickte heftig.
    «Es wurde also», sagte Merrily, «ein falscher Exorzismus auf der Basis eines
echten
Exorzismus inszeniert – gut, das mag zweifelhaft sein, aber die Techniken klingen richtig. Aber wenn man ein solches Szenario nachstellt, riskiert man, damit etwas einzuladen. Zum Beispiel Wahnsinn, wenn man es von der psychologischen Warte aus betrachtet. Oder das Böse, vom geistlichen Standpunkt aus gesehen. Und das Böse nimmt gerne mal eine Abkürzung. Das Böse geht immer den Weg des geringsten Widerstandes.»
    «Und den geringsten Widerstand bot das ungetaufte Baby», sagte Mrs. Pollen.

49  Seelenamt
     
    «Nur dass es gar kein Exorzismus werden sollte, oder?», sagte Merrily. «Warum erzählen Sie uns nicht ein bisschen mehr über den ersten Besitzer von Stanner Hall?»
    Beth Pollen zögerte, weil die Zwischentür zum Salon etwas geöffnet wurde und die Polizistin Alma ihren stämmigen Körper durch den Spalt schob. Bliss stand auf, und Alma flüsterte ihm etwas zu.
    «Darf ich kurz unterbrechen?», sagte Bliss. «Mr. Foley, haben Sie vielleicht noch mehr Öllampen? Oder womöglich sogar einen Generator?»
    Ben stand auf. «Oh,
nein.
»
    «Ich fürchte doch. Es war nur eine Frage der Zeit. Angeblich soll in ganz Kington der Strom ausgefallen sein.»
    «Nein», sagte Ben. «Wir haben leider keinen Generator. Es sind noch ein paar Öllampen da und reichlich Kerzen, außerdem könnte ich versuchen, die Gasglühstrümpfe in Gang zu setzen.»
    «Wir würden alles, was Sie tun könnten, sehr zu schätzen wissen, Mr. Foley.»
    «Mist. Jetzt gleich?»
    «Nun, ich belästige Sie wirklich nicht gern, aber ...»
    «Na gut.» Ben ging zu der Tür, die in die Empfangshalle führte. «Oh, natürlich ... Antony hat doch Scheinwerfer. Und Akkus.»
    «Die sind beinahe leer, fürchte ich», sagte Antony Largo.
    Jane lachte zynisch.
    Der Stromausfall würde unweigerlich Probleme mit sich bringen. Merrily wartete, bis sich die Tür zur Eingangshalle hinter Bliss und Ben Foley geschlossen hatte. Wenigstens hatte ihr die Unterbrechung Zeit zum Nachdenken gegeben, sodass sie das eben Gehörte mit dem in Bezug setzen konnte, was ihr Jeremy erzählt hatte.
    «Entschuldigen Sie, Mrs. Pollen», sagte sie. «Ich glaube, wir hatten gerade von dem ursprünglichen Erbauer gesprochen. Vermutlich wissen Sie durch die Forschungsarbeit Ihres Mannes mehr darüber als irgendwer sonst. Ich habe es so verstanden, dass der Architekt, der Stanner Hall für sich selbst plante, viele Aufträge von Walter Chancery bekam.»
    «Ja.» Beth Pollen saß im Halbdunkel und sah auf ihre Hände.
    «Und sein Name war?»
    «Rhys Vaughan. Allerdings ...»
    «Ich habe schon viel von diesen Legenden gehört, aber wir erzählen sie besser noch einmal, oder?»
    Beth Pollen

Weitere Kostenlose Bücher