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Die Nacht der Uebergaenge

Die Nacht der Uebergaenge

Titel: Die Nacht der Uebergaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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vorgestellt. Er hatte damals wirklich nur aus Mitleid reagiert. Sie war
das Opfer eines Verrückten geworden. Etwas, was keine Frau verdiente. Ihre Qualen
hatten sich tief in sein Herz gegraben, er hatte in den Momenten, als er ihr
sein Blut schenkte, ihr Leid mit ihr geteilt. Allein diese Bilder hielten ihn
davon ab, Wendy auch nur einen Hauch mehr als nötig näher zu kommen.
    Wäre sie nicht nur so verdammt verführerisch!
    Sie musste die Arme um seinen Hals legen, weil man auf den
Song nur langsam tanzen konnte, etwas anderes war einfach nicht möglich, weil
sie sonst ein ziemlich merkwürdiges Bild auf der Tanzfläche abgegeben hätten.
Nein, sie fühlte sich einfach wunderbar an. Die Bilder von damals zerfielen
angesichts ihrer unversehrten Nähe leider zu schnell zu Staub. Ash zog sie
unwillkürlich ein wenig näher zu sich heran, ohne sie wirklich zu berühren. Nur
seine offen stehende Jacke strich über ihre Haut, die er zu gern mit seinen
Händen erforscht hätte, weil sie sich unter seinem Griff einfach unglaublich
anfühlte, so lebendig und kraftvoll. Warm und weich und doch nicht nachgiebig,
sie würde nicht leicht zu erobern sein. Aber der leichte Erfolg hatte Ash noch
nie interessiert.
    Seine Hände glitten weiter um ihre Taille herum, so dass sie
auf ihrem schmalen Kreuz zu liegen kamen, damit er sie besser führen konnte.
Sie war sehr groß, weil sie Absätze trug, aber er fand es faszinierend, ihr in
die Augen sehen zu können, während sie sich zu dem langsamen Beat der Musik
bewegten. Um sie herum tanzten Paare wesentlich enger, doch er glaubte nicht,
dass einer der Herren so kurz davor wie er stand, die Beherrschung zu
verlieren. Es war ein großer Fehler gewesen, ihrem Vorschlag nachzugeben. Er
wusste doch, dass er in ihrer Nähe nicht lange seine kühl abweisende Fassade
aufrechterhalten konnte. In seinem Inneren kam es gerade zu einer heftigen
Kernschmelze, die seine Augen besitzergreifend aufblitzen ließ. Das Tier in ihm
verlangte, dieses Weibchen mit Haut und Haaren besitzen zu wollen. Auf ewig
mein!
    Es war ihm, als hörte er das laute Kreischen von Bremsen in
seinem Kopf. Oder waren es Alarmglocken?
Ash hielt Wendy einen Moment fester umspannt und sie musste stehen bleiben,
weil er mit einem Mal ein unbewegliches Objekt geworden war. Kurz ließ er
seinen Blick über ihr wunderschönes Gesicht gleiten, in dem die Narben für ihn
nicht mehr ins Auge fielen. Es ging ihm ja schließlich nicht nur um
Äußerlichkeiten. Etwas in ihr sprach ihn auf allen Ebenen an, ansonsten hätte
er sie schon längst vergessen. Aber ihre katzenhaften Augen begleiteten ihn oft
auch in seinen Träumen.
    „Tut mir leid, Awendela. Ich werde gerufen. Der Boss hat
niemals frei. Danke für den Tanz! Wir haben in Zukunft ja noch genug
Gelegenheiten, ihn zu beenden. Hab weiterhin einen schönen Abend“, sagte Ash
und beugte sich vor, gerade als Wendy gegen ihn taumelte, weil ein Paar hinter
ihr ihr einen Schubs gegeben hatte.
    Ash' Griff wurde noch etwas fester, damit sie nicht gegen ihn
fiel, doch seine Lippen streiften dadurch unabsichtlich ihre Stirn. Sofort
brannte er darauf, den Kontakt ewig hinziehen zu können, doch er trat einfach
einen Schritt zurück und ließ seine Hände bewusst langsam von ihrer Taille gleiten.
Die Spannung zwischen ihnen war schier unerträglich und dann machte Ash auf dem
Absatz kehrt, um in der Menge unterzutauchen und sich in die Sicherheit eines
Büros zu entmaterialisieren, wo er nicht von ihrem Duft verfolgt werden würde.
    Am liebsten hätte er seine Hände in brennende Säure getaucht,
um die Erinnerung an die Berührung ihrer Haut auszulöschen. Schwer atmend ließ
sich Ash auf seinen Bürosessel fallen und bedeckte die Augen mit seinen
Handballen, um sich irgendwie Erleichterung von dem pochenden Druck in seinem
Schädel zu verschaffen.
    Das würde eine harte Nacht werden ...
     
    ° ° °
    Aubrey nahm noch einen Schluck Bier. Ein neuer Song begann.
Diesmal etwas langsames, weniger dröhnend. Nicos Frage, ob er mit ihr tanzen
würde, kam dennoch überraschend. Sie schien sich nicht länger von irgendwem
oder irgendetwas unterkriegen lassen zu wollen. Das war gut. Hervorragend, um
genau zu sein.
    „Sicher!“ Blake schenkte ihr ein begeistertes Lächeln, stand
sofort auf, um ihre Hand zu nehmen und legte freundschaftlich einen Arm um sie,
damit er sie zur Tanzfläche führen konnte. Alle machten bereitwillig Platz und
der Treppenaufgang war breit genug, um sie nicht unhöflich

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