Die Nacht der Uebergaenge
welches.“
Winston kam auf das besudelte Bett zu, in dem Wendy in ihrem
eigenen Blut und Schlimmerem lag und versuchte, Luft hinter dem eng geschnürten
Knebel zu bekommen, der sie erfolgreich am Schreien hinderte. Viel bekam sie
nicht. Ihr ganzes Gesicht war zugeschwollen. Eine einzige klebrig eiternde
Wunde. Er hatte ihr weh tun müssen. Sie hatte versucht, ihn zu beißen und die
Hand gegen ihn erhoben. Einfach ganz der Papa. Das konnte Winston natürlich nicht auf sich
sitzen lassen. Rebellion unter seinem Dach, gegen ihn persönlich. Das war nicht
zu gestatten.
Wendy hatte viel geschrien. Viel und vor allen Dingen sehr
laut. Es war Winston etwas peinlich gewesen, seiner Mutter erklären zu müssen,
dass Dracos Tochter ein durchtriebenes, kleines Luder war, das niemals genug
von ihm bekam. Natürlich sagte er ihr nicht wörtlich, dass es Dracos Tochter
war, die er dort oben in seinem Zimmer eingesperrt hielt. Nein, er hatte Wendy
eigentlich nur als Die Hure bezeichnet,
was seine Mutter sofort zum Schweigen und seine Schwester zu einem dreckigen
Grinsen veranlasste.
Einem Grinsen, das Winston ihr sofort mit einem harten Schlag aus dem Gesicht
gewischt hatte. Ganz anders als die anderen, ließ er sein Leben nicht in einer
einzigen Minute von Frauen bestimmen. Nicht im Traum wäre er darauf gekommen,
dem heiligen Orakel die Füße zu küssen. Diesem Drachen von Immaculate ging er
wohlwissend, dass sie ihn mit Leichtigkeit durchschauen konnte, aus dem Weg.
Genau wie den Kriegern.
Vor zwei Tagen hatte er das letzte Mal mit Nathan gesprochen und ihm seine
tiefe Besorgnis über den Verbleib von Awendela und seiner Frau entgegen
gebracht. Diesem eingebildeten, arroganten Kriegerpack. Im Beisein seiner
Schwester, die seine wirren Gedanken, die sich nur noch um Wendy und seine
Rache drehten, vor dem überaus besorgten Vater und dessen hitzköpfigen Freunden
abschirmte.
„Wenn ich irgendetwas tun kann,
Draco, lasst es mich wissen!“
„Danke. Das ist sehr freundlich.
Wir geben die Hoffnung nicht auf.“
„Natürlich nicht, Draco. Das dürft
Ihr auch niemals tun. Doch wenn Ihr meine bescheidene Meinung erlaubt, Sir.
Eurer Frau sollte eine Lektion erteilt werden. Sie hat Euch das Kind
weggenommen und die Scheidung eingereicht, nicht wahr? Sie will sicher zurück
in ihre Heimat. Russland? War das richtig? Dort schneit es doch ständig und es
ist kalt. Das wäre definitiv kein Land für mich. In Amerika ist alles so viel
besser.“
„Es hat Euch niemand nach Eurer
Meinung gefragt, Vijaya!“
Dieser unverschämte Hall, Wendys Pate,
hatte für seinen Waffenbruder, der jahrelang in Russland gelebt hatte,
geantwortet. Eine Tatsache, die Winston sauer aufstieß, da er sich nur zu gern
an dem Unglück anderer weidete und seine Meinung dazu kund tat. Er hätte dem
großen Jagannatha, der seinem Werben um Wendy nicht einmal
ansatzweise stattgegeben hatte, nur zu gern ein Taschentuch gereicht.
Dabei gehörte Winstons Familie zu
den Ältesten der Immaculates. Seine Schwester würde eines Tages vielleicht
eine Devena sein und sein erstgeborener Sohn eventuell die Stärke eines
zukünftigen Kriegers in sich tragen. Vor allem, wenn ihm eine Frau wie Awendela diesen
Sohn gebar. Was eventuell früher geschehen würde, als ihr Vater dachte. Winston
deutete eine Verbeugung in Richtung Nathan an, um sich zu entschuldigen.
„Natürlich nicht, Sir.“
Niemand hatte ihn in Verdacht.
Dafür war er einfach zu unscheinbar und da man davon ausging, dass Wendy
tatsächlich von ihrer Mutter, von deren Blut sie bis zu diesem Zeitpunkt noch
abhängig gewesen war, dazu überredet worden war, ihren Vater zu verlassen,
würde es bestimmt noch eine ganze Weile so weitergehen.
„Oh, aber was für ein Dummkopf ich doch bin.“ Ihr Peiniger
schlug sich an die Stirn und schüttelte so betrübt den Kopf, als hätte er eine
wichtige Verabredung vergessen. Oder einen noch viel wichtigeren Termin.
Wendy betete innerlich darum, dass es dabei nicht um sie ging. Aber es ging
immer um sie. Das hatte sie doch auch so gewollt, oder etwa nicht? Mehr
Aufmerksamkeit, mehr von allem. Nun bekam sie so viel davon, dass sie daran
fast erstickte.
„Mrs. Draco, Ihre Tochter hat heute Geburtstag. Ein Grund zum
Feiern. Aus dem Bett, alte Lady!“
Wendys zerschlagene Nasenflügel bebten und ihre verkrusteten Augen weiteten
sich unter Schmerzen, die jedoch nicht größer waren, als der Ekel und die Pein,
die sie bei dem Anblick empfand, als Winston
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