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Die Nacht der Uebergaenge

Die Nacht der Uebergaenge

Titel: Die Nacht der Uebergaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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war ihm im Grunde egal, ob jemand
nach ihnen suchte oder nicht. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, in flagranti
erwischt worden zu sein und was Nico anging, nun ja, sie befand sich als
Sophora mit ihm nicht gerade in der schlechtesten Gesellschaft. Man könnte
sogar behaupten, ihre Verbindung wäre von höchster Stelle erwünscht. Woran
Damon allerdings nun so gar kein Interesse hatte.
    „Ja, du hast Recht. Ich sollte gehen.“
Er beugte sich über sie hinweg, um nach seiner Anzugjacke zu greifen, die sie
neben sich auf den Diwan gelegt hatte. Dabei war er ihr wieder so nah, dass sie
sich unter ihm versteifte, die Hände im Schoß verschränkte und Damon
tatsächlich dazu brachte, ihr endlich ins Gesicht zu sehen. Oder das, was sie
nicht vor ihm verbergen konnte. Diesmal wich sie ihm aus. Gequält, den Tränen
nahe und ganz sicher nicht so gleichgültig wie er.
Einen Moment rang er mit sich, ob er doch noch irgendetwas Nettes sagen sollte.
Etwas, das sie beruhigte, sie davon abhielt, gleich zu weinen, wenn er fort
war. Doch er wusste nicht, was. Vorhin hatte er nicht einen Gedanken daran
verschwendet, dass sie eventuell nicht bereit war, mit ihm zu schlafen. Oder
war es etwas anderes?
Hatte sie etwa erhofft, er würde sie...? Nein, so dumm war sie nicht.
Damons Blick fiel auf die zwei kleinen Wundmale an ihrem Hals. Das Rot der
Punktierungen hob sich grotesk von der blassen Haut ab.
    „Warte, ich habe dir wehgetan.“, murmelte er, ließ die Jacke wieder los
und strich stattdessen ihr Haar zur Seite. Liebevoll. Dann leckte er in ebenso
zärtlicher Geste über die Male, damit sie heilen konnten, bevor Nico auf die
Party zurückkehrte und damit tatsächlich Fragen aufwerfen würde, die keinem von
ihnen lieb sein dürfte.
    Oh, sie hatte so einen wunderbaren Duft . Ihre Haut und ihr Blut
schmeckten köstlicher als alles, was er jemals gekostet hatte. Tief atmete er
ein letztes Mal dicht an ihrem Hals ein, wickelte eine kleine Strähne ihrer
dunklen Locken um seine Finger, ließ diese wieder entgleiten und wünschte sich
dabei, er könnte jetzt sofort und auf der Stelle mehr von ihr haben. Das war
nicht möglich. Noch nicht .
    „Okay, in fünf Minuten bist du wieder ganz die Alte, Nico!“
Damon ließ sie abrupt los, nahm seine Jacke und stand auf. Sie hatte sich für
einen winzigen Augenblick unter seiner Berührung entspannt. Die Hoffnung, die
in dieser Geste gelegen hatte und die aus ihr herausströmte wie Wasser aus
einer Quelle, diese Liebe in ihrem Herzen, das allein für ihn schlug und das er
willentlich gebrochen hatte, bereitete ihm Unwohlsein. Er musste hier raus. Je
eher sie sich trennten, desto besser.
    „Wir sehen uns, ja? Und keine Sorge, beim nächsten Mal tut es nicht mehr
so weh.“
    Er musste sich sofort von ihr abwenden, damit sie nicht sehen konnte,
wie er sich für diesen Satz am liebsten die Zunge abgebissen hätte. Er spürte
ihren Blick in seinem Rücken. Diesen entsetzten Augenaufschlag eines weidwunden
Rehs. Tiefer hätte er nicht sinken können. Das war so dämlich von ihm. Sein
schlechtes Gewissen in ihm sagte, er solle sich umdrehen, auf der Stelle auf
die Knie sinken und um Vergebung bitten, doch der Teufel in ihm war schon immer
stärker gewesen. Der verlangte höchstens nach ein klein bisschen mehr von ihrem
Blut, nach ein klein bisschen mehr Verständnis für seine Situation und dass es
ja ganz sicher nicht seine Schuld war, wenn sich das Mädchen mehr von ihrem
ersten Mal versprochen hatte, als er ihr zu geben bereit war.
Edward hätte ihr garantiert auch keine Kerzen angezündet und Rosenblätter auf
die Laken gestreut. Sie konnte von Glück sagen, an Damon geraten zu sein. Er
war für seine sonstigen Verhältnisse durchaus romantisch gewesen.
    Damon ging. Ohne ein weiteres Wort des Abschieds an Nico
gerichtet zu haben. Wozu sich die Sache noch schwerer machen als ohnehin schon?
Sie hatte gehabt, was sie gewollt hatte. Ihn.
Warum sollte er sich deswegen Kopfzerbrechen machen? Nein, sie hatte angefangen
und wenn sie nun nicht zufrieden war, dann war das nicht seine Schuld. Er hätte
sich auch anderweitig seine Befriedigung holen können.
Damon fluchte leise auf seinem Weg hinaus vor sich hin. Daran war nur diese
beschissene Party und der noch viel beschissenere Vollmond schuld. Und sie war
ihm aus dem Weg gegangen. Wenn sie das nicht getan hätte, wäre er nicht so
sauer gewesen, hätte nichts getrunken und hätte sich garantiert nur mit ihr
unterhalten.
Ja , sagte die leise

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