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Die Nacht der Wölfin

Die Nacht der Wölfin

Titel: Die Nacht der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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und Gerappel aus dem Keller mit, dass unser Gefangener wieder wach war. Jeremy und Clay gingen hinunter zum Käfig. Ich blieb oben. Ich hätte jederzeit mitkommen und helfen können, aber ich wusste, was als Nächstes kam, und so blieb ich im Arbeitszimmer, wo ich hören konnte, was Cain sagte, ohne zu sehen, was ihn dazu veranlasste, es zu sagen. Wenn es um Folter geht, bin ich verhältnismäßig zimperlich. Vielleicht klingt das albern, wenn man bedenkt, wie viel Gewalt ich im Leben miterlebt und an wie viel davon ich teilgehabt hatte. Aber misshandelt zu werden, ohne dass man sich wehren konnte – etwas daran jagte mir Schauer über den Rücken und verursachte mir Alpträume. Vielleicht waren es die Überreste der Opfergeschichte meiner Kindheit. Vor Jahren waren Clay und ich im Kino gewesen, um uns Reservoir Dogs anzusehen. Als die berüchtigte ›Stuck in the Middle with You‹-Szene kam, hielt ich mir die Ohren zu, und Clay ließ sich inspirieren. Ich glaube zwar nicht, dass er schon einmal jemanden festgebunden und mit Benzin übergossen hat, aber er hat andere Dinge getan, die genauso übel sind. Ich wusste das, weil ich dabei gewesen war. Ich hatte ihn dabei beobachtet, und was mir am meisten Angst gemacht hatte, war der Ausdruck in seinen Augen. Sie leuchteten nicht vor Erregung und Vorfreude, wie sie es taten, wenn er seine Beute jagte. Stattdessen wurden sie zu blauem Eis, starr und undurchdringlich. Wenn er einen Mutt folterte, ging er absolut methodisch vor und zeigte nicht eine Spur von Emotion. Natürlich hätte ich mir sehr viel mehr Sorgen gemacht, wenn er bei seiner Tätigkeit Vergnügen empfunden hätte, aber es hatte etwas ebenso Beängstigendes, wenn jemand derartige Dinge mit einer so vollkommenen Konzentration und Distanz tun konnte. Die meisten Leute foltern, um an Informationen zu kommen. Clay tat es, um anderen Information zukommen zu lassen. Jedes Mal, wenn er einen Mutt verstümmelte und am Leben ließ, würden fünf andere ihn sehen und ihre Lektion lernen. Jedes Mal, wenn er einen tötete, erfuhr ein Dutzend davon. Diejenigen Mutts, die erwogen, ein Mitglied des Rudels anzugreifen, brauchten sich nur an diese Geschichten zu erinnern, um von ihrem Vorhaben abzusehen. Die meisten Werwölfe haben keine Angst vor dem Sterben. Aber es gibt Schlimmeres als den Tod, und Clay sorgte dafür, dass sie es wussten.
    Als ich im Arbeitszimmer saß und auf die Szene horchte, die sich unter mir abspielte, musste ich mir eingestehen, dass Clays Methoden noch einen weiteren Vorzug hatten. Je weiter sich sein Ruf verbreitete, desto weniger musste er tun, um ihn zu bewahren. Keine nervenzerreißenden Schreie schnitten durch die Luft, als Jeremy Cain verhörte. In den vier langen Stunden, die die Befragung dauerte, hörte ich genau dreimal, wie jemand vor Schmerzen grunzte, wahrscheinlich weil Clay Cain geschlagen hatte, als dieser ihm eine Antwort verweigerte. Schon dass Clay dort stand und dass Cain wusste, was er tun konnte, reichte aus, um Cain zum Reden zu bringen.
    Von den drei erfahrenen Mutts in Bear Valley war Zachary Cain die am wenigsten brauchbare Informationsquelle. Wenn Daniel und Marsten sich herabgelassen hatten, ihm ihre Pläne mitzuteilen, dann waren diese schon längst in der leeren Einöde seines Hirns verloren gegangen. Cain zufolge war auch Timmy Koenig Teil der ›Revolution‹, aber bisher war er nicht aufgetaucht.
    Cain hatte sich den anderen angeschlossen, weil es ihm um ›Freiheit von der Unterdrückung‹ zu tun war, eine Wendung, die ihm höchstwahrscheinlich deshalb vertraut war, weil er sich einmal zu oft Braveheart angesehen hatte. Wie Cain es so überaus beredt ausdrückte, er hatte es satt, ›sich dauernd umsehen zu müssen, wenn er bloß mal in die falsche Richtung pinkelte‹. Nun hat das Rudel niemals ein Interesse an den Uriniergewohnheiten von Mutts erkennen lassen, und so ging ich davon aus, er meinte damit, dass er für sein Recht kämpfte, Menschen zu töten, ohne Vergeltungsmaßnahmen fürchten zu müssen – etwas, das sicherlich im Werwolfparagrafen der amerikanischen Verfassung geregelt ist. Cain zufolge wollte Koenig das Gleiche – die Ausschaltung des Rudels, etwa so, wie Kriminelle davon träumen, die Polizei abzuschaffen. Offenbar waren die beiden davon überzeugt, dass es ihnen, wenn das Rudel erst eliminiert war, vollkommen freistehen würde, ohne Furcht vor Konsequenzen ihren Neigungen zu frönen. Daniel hatte wie üblich grandiosere Pläne. Er wollte

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