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Die Nacht der Wölfin

Die Nacht der Wölfin

Titel: Die Nacht der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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all den Jahren, die ich ihn kenne, habe ich nie gehört, dass er von einer Frau in seinem Leben gesprochen hätte. Oh, es gibt Frauen in seinem Leben, aber sie kommen und gehen; keine bleibt jemals lang genug, um auch nur in einer Unterhaltung erwähnt zu werden.
    Ich hatte mich damals gefragt, warum Peter mir die Geschichte überhaupt erzählte – ein Kapitel Rudelgeschichte, das nie im Vermächtnis erscheinen würde. Später wurde mir klar, dass er geglaubt hatte, ein harmloses Rudelgeheimnis mit mir zu teilen würde mir helfen, mich als Teil des Rudels zu fühlen, würde mich lehren, meine Brüder besser zu verstehen. Peter hat viel in dieser Art getan. Das soll nicht heißen, dass die anderen mich ausgeschlossen oder dafür gesorgt hätten, dass ich mich unwillkommen fühlte. Nichts dergleichen. Der Einzige, an dessen Akzeptanz ich jemals zweifelte, war Jeremy, und das war möglicherweise mehr mein eigenes Problem als seins. Über Clay hatte ich Logan und Nick kennen gelernt, bevor ich zum Werwolf geworden war. Nachdem ich gebissen worden war, waren beide für mich da gewesen, und nachdem ich mich einmal hatte überwinden können, ihre Hilfe zu akzeptieren, hatten sie getan, was sie konnten, um mich aufzuheitern – so gut man jemanden eben aufheitern kann, der gerade erfahren hat, dass das Leben, das er gekannt hat, unwiederbringlich vorbei ist. Als ich beim ersten Treffen des Rudels, an dem ich teilnahm, Antonio kennen lernte, hatte er mir geschmeichelt und mich geneckt und mich so unbefangen ins Gespräch gezogen, als hätte er mich seit Jahren gekannt. Aber Peter war anders gewesen. Mich zu akzeptieren reichte nicht. Er tat immer noch etwas zusätzlich. Er war der Erste gewesen, der mir von seinem persönlichen Hintergrund erzählt hatte, wie ein neuentdeckter Onkel, der die Lücken in meiner Kenntnis der Familiengeschichte schloss.
    Peter war im Rudel aufgewachsen, aber mit zweiundzwanzig hatte er beschlossen zu gehen. Seinem Abschied war weder eine Rebellion noch ein größerer Krach vorangegangen. Er hatte einfach beschlossen, das Leben auf der anderen Seite auszuprobieren, mehr als ein Experiment mit verschiedenen Lebensstilen als eine Revolte gegen das Rudel. So, wie Peter es erzählte, hatte Dominic ihn weder als Risiko außerhalb des Rudels noch als unbedingt notwendiges Mitglied innerhalb betrachtet, und so ließ er ihn gehen. Mit seinem Collegeabschluss in Audiovisionstechnologie hatte Peter sich auf die aufregendste Arbeit verlegt, die er sich vorstellen konnte – er wurde Tontechniker für Rockbands. Angefangen hatte er in Bars; innerhalb von fünf Jahren hatte er sich bis zu den großen Konzerten hochgearbeitet. Zu diesem Zeitpunkt wurde sein Durst nach neuen Erfahrungen gefährlich, denn er hatte den gesamten Lebensstil der Rockbands übernommen – einschließlich der Drogen, des Alkohols und der durchwachten Nächte. Dann war etwas geschehen. Etwas Übles. Peter war nicht weiter ins Detail gegangen, aber er hatte gesagt, es sei übel genug gewesen, um ein Todesurteil zu rechtfertigen, wenn das Rudel dahinter kam. Er hätte verschwinden, untertauchen und das Beste hoffen können. Er tat nichts dergleichen. Stattdessen hatte er auf sein Leben und das, was er getan hatte, zurückgeblickt und festgestellt, dass es nicht besser werden würde, wenn er wegrannte. Er würde nur wieder Unheil anrichten. Er beschloss sich dem Rudel auszuliefern. Wenn Dominic seine Hinrichtung anordnete, würde sein erster Fehler wenigstens auch sein letzter gewesen sein. Aber er hoffte, dass Dominic ihm die Absolution erteilen und ihm gestatten würde, in das Rudel zurückzukehren, wo er die Kontrolle über sein Leben zurückgewinnen konnte. Um seine Aussichten zu verbessern, hatte er sich an den einen Bruder im Rudel gewandt, von dem er glaubte, er werde bei Dominic für ihn sprechen. Er hatte Jeremy angerufen. Statt zu Dominic zu gehen, nahm Jeremy erst einmal ein Flugzeug nach Los Angeles, wobei er den zehnjährigen Clay mitnahm. Während Peter den Babysitter spielte, verbrachte Jeremy eine Woche damit, alle Spuren von Peters Fehler zu beseitigen. Danach kehrte er mit Peter nach New York zurück und arrangierte seine Rückkehr ins Rudel, ohne ein Wort über den Fehltritt in Kalifornien zu verlieren. Heute wäre niemand mehr auf den Gedanken gekommen, dass Peter jemals einen solchen Fehltritt begangen oder auch nur jemals das Rudel verlassen hatte. Er war Jeremy ebenso ergeben wie Clay und Antonio, wenn auch auf

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