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Die Nacht der Wölfin

Die Nacht der Wölfin

Titel: Die Nacht der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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und ich hatte ihn so sehr vermisst.
    Als es vorbei war, fielen wir ins Gras, keuchend, als hätten wir einen Marathonlauf hinter uns. Wir lagen da, immer noch umeinander geschlungen. Clay vergrub das Gesicht in meinem Haar, teilte mir mit, dass er mich liebte, und schlief ein. Ich lag in einem schläfrigen Dämmerzustand neben ihm. Irgendwann drehte ich den Kopf und sah auf ihn hinunter. Mein dämonischer Liebhaber. Vor elf Jahren hatte ich ihm alles gegeben. Aber es war nicht genug gewesen.
    »Du hast mich gebissen«, flüsterte ich.
    Es war im Arbeitszimmer in Stonehaven geschehen. Ich war mit Jeremy allein im Zimmer gewesen – Jeremy, der gerade eine Methode zu finden versuchte, mich loszuwerden, obwohl ich das damals nicht gewusst hatte. Er schien mir einfache, wohlwollende Fragen zu stellen, die Sorte Fragen, die jeder besorgte Vater der jungen Frau stellen könnte, die sein Sohn heiraten will. Clay und ich waren verlobt gewesen. Er hatte mich schon seinen besten Freunden Logan und Nicholas vorgestellt. Und jetzt hatte er mich mit nach Stonehaven genommen, um mich auch Jeremy zu präsentieren.
    Während Jeremy mich ausfragte, meinte ich draußen Clays Schritte zu hören, aber dann brachen sie ab. Entweder hatte ich es mir eingebildet, oder er war wieder fortgegangen. Jeremy hatte am Fenster gestanden, ich sah ihn im Viertelprofil. Er hatte hinausgesehen in den Garten.
    »Wenn ihr heiratet, wird Clays Lehrauftrag vorbei sein«, sagte Jeremy. »Was ist, wenn er dann anderswo einen Auftrag annimmt? Sind Sie bereit, Ihr Studium aufzugeben?«
    Bevor ich eine Antwort formulieren konnte, öffnete sich die Tür. Ich wünschte, ich könnte sagen, sie hätte dabei dumpf geknarrt oder etwas vergleichbar Unheilvolles getan. Aber sie tat nichts dergleichen. Sie ging einfach auf. Ich sah die Bewegung und drehte mich um. Ein Hund kam hereingeschlüpft, den Kopf gesenkt, als erwarte er einen Tadel dafür, dass er sich im falschen Teil des Hauses aufhielt. Er war riesig, fast so groß wie eine Dänische Dogge und dabei so massiv wie ein gut trainierter Schäferhund. Der goldene Pelz schimmerte. Als er hereinkam, wandte er den Kopf und sah mich mit leuchtend blauen Augen an. Der Hund sah zu mir auf, und sein Maul öffnete sich. Ich lächelte zurück. Trotz seiner Größe wusste ich, dass ich nichts von ihm zu fürchten hatte. Ich spürte es in aller Deutlichkeit.
    »Wow«, sagte ich. »Der ist ja unglaublich. Oder ist es eine Sie?«
    Jeremy drehte sich um. Seine Augen wurden weit, und er erbleichte. Er trat vor, blieb dann stehen und rief nach Clay.
    »Hat Clay ihn reingelassen?«, fragte ich. »Es ist schon okay, mich stört er nicht.«
    Ich ließ die Finger baumeln und versuchte den Hund näher zu locken.
    »Bewegen Sie sich nicht«, sagte Jeremy. Er sprach sehr leise. »Nehmen Sie die Hand weg.«
    »Das ist okay, ich lasse ihn nur an mir schnuppern. Man sollte das bei fremden Hunden machen, bevor man sie streichelt. Ich habe früher Hunde gehabt. Na ja, meine Pflegeeltern hatten welche. Sehen Sie die Haltung? Ohren vorgestellt, offenes Maul, Schwanzwedeln. Das heißt, er ist ruhig und neugierig.«
    »Ziehen Sie die Hand zurück. Jetzt.«
    Ich sah zu Jeremy hinüber. Er war angespannt, als wollte er sich auf den Hund stürzen, wenn der mich angreifen sollte. Er rief wieder nach Clay.
    »Es ist wirklich in Ordnung«, sagte ich, inzwischen etwas gereizt. »Wenn er nervös ist, dann macht man ihm bloß noch zusätzlich Angst, wenn man herumschreit. Sie können es mir ruhig glauben. Ich bin mal von einem gebissen worden. Ein kleiner Chihuahuakläffer, aber es hat scheußlich wehgetan. Ich hab die Narbe immer noch. Der hier ist ja riesig, aber er ist doch ganz freundlich. Die großen sind das meistens. Bei den kleinen Kötern muss man aufpassen.«
    Der Hund war näher geschlichen. Mit einem Auge beobachtete er Jeremy, wachsam, verfolgte Jeremys Körpersprache, als rechnete er mit Schlägen. Ärger stieg in mir auf. Wurde der Hund misshandelt? Jeremy kam mir nicht vor, als würde er so etwas tun, aber schließlich hatte ich ihn eben erst kennen gelernt. Ich wandte mich von Jeremy ab und streckte den Arm weiter aus. »Hallo, mein Junge«, flüsterte ich. »Du bist wirklich hübsch, was?«
    Der Hund kam auf mich zu, langsam und vorsichtig, als fürchteten wir beide, einander zu erschrecken. Seine Schnauze näherte sich meiner Hand. Als er an meinen Fingern zu schnuppern begann, fasste er plötzlich und ruckartig zu und kniff mich in

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