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Die Nacht der Wölfin

Die Nacht der Wölfin

Titel: Die Nacht der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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Männer schüttelten mitfühlend den Kopf; sie waren ihrerseits etwas grün im Gesicht. Auch mein Magen hatte sich schon besser angefühlt, obwohl das nichts mit dem Anblick der Leiche zu tun hatte.
    Als der Mann mit dem Erbrechen fertig war, herrschte einen Moment lang Schweigen. Dann kam er ins Freie gerannt. »Kommt her! Das müsst ihr sehen!«
    Ich wusste, was er gefunden hatte. Ich wusste es, und mir graute davor, hinzugehen und mir den Verdacht bestätigen zu lassen, aber Jeremy drängte mich vorwärts. Als ich mich der Stelle näherte, ließ der süßliche Geruch von Erbrochenem mich würgen. Dann sah ich auf den Boden, auf die Stelle, an die der Finger des jungen Mannes zeigte. Dort in der feuchten Erde waren Pfotenabdrücke zu sehen.
    »Guckt euch bloß mal die Größe von den Dingern an«, sagte der junge Mann. »Herrgott, die sind ja so groß wie Untertassen. Genau wie diese Kids gesagt haben. Diese Hunde sind riesig.«
    Als ich mich im Dickicht umsah, entdeckte ich etwas an einem Dornbusch. Ein Büschel Pelz, leuchtend golden selbst im Schatten noch. Während alle anderen noch auf die Abdrücke hinuntersahen, schob ich mich zu dem Busch hinüber, stellte mich davor, griff nach hinten und schob den Pelz in die Tasche. Dann sah ich mich nach weiteren Büscheln um. Als ich keine fand, sah ich zurück zu den Abdrücken, so unverkennbar wie die Abdrücke eines vertrauten Paars Schuhe. Ich starrte sie an, und mir war übel. Dann wurde die Enttäuschung zu etwas anderem. Ärger.
    »Ich muss gehen«, murmelte ich, während ich mich abwandte.
    Niemand versuchte mich aufzuhalten. Die Menschen nahmen an, es sei eine verspätete Reaktion auf den Anblick des Toten, und die Werwölfe wollten keine Szene machen.
    »Clayton!«, schrie ich, als die Hintertür krachend hinter mir zuschlug.
    Clay erschien in der Küchentür, den Holzlöffel in der Hand. »Das hat ja nicht lang gedauert. Komm rein und mach den Kaffee.«
    Ich bewegte mich nicht. »Willst du nicht mal fragen, ob sie den verschwundenen Mann gefunden haben?«
    »Das würde ja den Anschein erwecken, als ob es mich interessierte.«
    »Sie haben ihn gefunden.«
    »Gut, das heißt dann wohl, dass sie wieder gehen. Umso besser. Jetzt komm rein und –«
    »Ich habe das hier bei der Leiche gefunden«, sagte ich, während ich das Haarbüschel aus der Tasche zog.
    »Hm. Sieht aus wie von mir.«
    »Ist es auch. Deine Fußabdrücke waren auch da.«
    Clay lehnte sich an den Türrahmen. »Meine Fußabdrücke und mein Pelz in meinem Wald? Das muss man sich mal vorstellen. Ich hoffe, du willst damit nicht das unterstellen, was ich jetzt annehme, Darling, denn wenn du dich noch erinnerst – ich war die ganze letzte Nacht mit dir zusammen, und Tonio sagt, letzte Nacht ist der Typ verschwunden.«
    »Heute Morgen, als ich aufgewacht bin, warst du aber nicht da.«
    Clay prustete und ließ beinahe den Löffel fallen. »Ich war fünf Minuten weg! Fünf Minuten, um einen Mann aufzuspüren und zu töten? Ich bin gut, aber so gut bin ich nicht!«
    »Ich habe keine Ahnung, wie lang du weg warst.«
    »Doch, hast du, denn ich hab's dir gerade gesagt. Jetzt komm schon, du weißt genau, dass ich's nicht war. Gebrauch doch mal deinen Kopf, Elena. Wenn ich die Kontrolle verloren und den Typ umgebracht hätte, hätte ich dir davon erzählt. Ich hätte dich gebeten, mir zu helfen, die Leiche loszuwerden und zu entscheiden, was wir Jeremy erzählen. Ich hätte mich bestimmt nicht im Teich getummelt, während irgendwo in unserem Wald ein Toter rumliegt und nur darauf wartet, dass der nächste Suchtrupp über ihn fällt.«
    »Du hast nicht damit gerechnet, dass sofort ein Suchtrupp auftaucht, also dachtest du, du hättest etwas Zeit. Du hast vorgehabt, die Leiche später zu verstecken, wenn ich aus dem Weg bin.«
    »Das ist Blödsinn, und das weißt du auch ganz genau. Ich habe keine Geheimnisse vor dir. Ich lüge dich nicht an. Ich hintergehe dich nicht. Niemals.«
    Ich trat vor und hob das Gesicht zu ihm. »Ach wirklich? Dann habe ich die Diskussion damals wohl verdrängt, die wir hatten, bevor du mich gebissen hast – damals, als du mir genau erklärt hast, was du vorhattest. Ein gut platzierter Gedächtnisverlust, nehme ich an.«
    »Das hatte ich nicht geplant«, sagte Clay und trat so nah an mich heran, dass er über mir aufragte. Der Holzlöffel zerbrach, als er die Faust ballte. »Wir haben darüber schon geredet. Ich bin in Panik geraten und –«
    »Ich will deine Entschuldigungen nicht

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