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Die Nacht des Satyrs

Die Nacht des Satyrs

Titel: Die Nacht des Satyrs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
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Angst vor uns!
    Doch Jordan öffnete ihre geballte Faust und sah auf sie hinab. Darin hielt sie eines der kostbaren Bänder, die Raine ihr geschenkt hatte – das rote. Sogleich verlor die Stimme ihre Macht über sie. Jordan sank zu Boden.
    Als sie aufwachte, lag sie im Garten hinter Raines Haus, allein und noch in ihrem Nachthemd. Ihre Füße und der Saum des Nachthemds waren schmutzig.
    Ihre Hände fühlten sich wund und müde an. Sie blickte zu ihnen hinab und stellte erschrocken fest, dass sie eine Heckenschere umklammerte. Sie hatte sie benutzt, um das rote Band in viele kleine Stücke zu schneiden.
    Noch seltsamer war, dass es schien, als hätte sie außerdem Dutzende kleiner Stöcke gesammelt. Jedes Stückchen Band war um jeweils zwei von ihnen gewunden, so dass sie ein X formten. Und diese bizarren Gebilde lagen nun um sie herum auf dem Mosaiksteinboden der Terrasse wie lachhafte Geschenke, die niemand sich wünschte.
    Die niemand, der bei Sinnen war, fertigen würde.
    Jordan sprang auf und wollte ins Castello zurück und in ihr Bett eilen, bevor irgendjemand sie hier ertappte. Aber nach wenigen Schritten schon hielt irgendetwas sie auf. Instinktiv kniete sie sich hin und breitete den Schoß ihres Nachthemds vor sich auf dem Steinboden aus. Mit zitternden Fingern sammelte sie die merkwürdigen kleinen Päckchen in ihrem Rock. Dann raffte sie den Stoff um sie und hielt den Behelfsbeutel fest an ihren Körper gepresst. So sprang sie abermals auf und rannte über die Weinkellertür ins Haus zurück.
    Im kühlen gedämpften Licht drinnen stolperte sie und fiel. Ihre Päckchen wurden über den ganzen Boden verstreut. Ängstlich sammelte sie alles wieder zusammen. Warum? Warum konnte sie diese seltsamen Sachen nicht liegen lassen? Weil sie es nicht wollte.
    Plötzlich leuchtete Kerzenschein auf sie. Hände ergriffen ihre, suchten und fanden die hölzernen X-Formen. Sanft legten sie ihr alle wieder in den Nachthemdschoß.
    Zwei befremdliche Kreaturen hatten sich neben sie gekniet. Beide waren menschenähnlich und trugen Halsketten aus Baumrinde und Zweigen. Blattkränze krönten ihr offenes Haar.
    »Lasst uns helfen!«, sagten sie besänftigend.
    Solche Wesen hatte sie früher in ihren Träumen gesehen, lange bevor sie sich mit dreizehn von einem Mädchen in eine Frau verwandelt hatte.
    »Wer seid ihr?«, fragte sie, weil sie so gern das Rätsel ihrer Kindheit gelöst hätte.
    »Wir dienen dem Meister und allen, die unter seinem Schutz leben«, antworteten sie im Chor. Ihre summenden Stimmen waren beinahe betonungslos und von überirdischer Ruhe.
    »Der Meister? Meint ihr Raine?«
    »Meister Satyr«, summten sie.
    In diesem Moment vernahm Jordan die trällernden Töne einer Panflöte. Sie hob den Kopf und lauschte. Die beiden Frauen standen auf, wandten sich ab und gingen auf die Musik zu.
    Als Jordan eine ihrer Hände ergriff, stellte sie fest, dass sie weich und kühl waren. »Wie ich hörte, gehen die Bediensteten alle, sowie der Abend dämmert.«
    »Wir sind die Nachtdiener«, antwortete das Mädchen monoton.
    »Lebt ihr auf dem Anwesen? Oder wohnt ihr auch außerhalb in den Bedienstetenunterkünften?«
    Das Mädchen berührte sanft Jordans Stirn. »Schlaft!«, flüsterte sie.
     
    »Jordan?«, sprach eine vertraute Stimme sie an, und eine Hand wärmte ihre Wange.
    Sie öffnete die Augen und sah zu Raine und Lyon auf, die beide recht zerzaust wirkten und sich besorgt über sie beugten.
    Gähnend streckte sie sich und setzte sich auf. »Wie spät ist es?«
    »Sonnenaufgang«, antwortete Lyon.
    »Was tut Ihr hier?«, fragte Raine leise.
    Sie legte zwei Finger auf seine Wangen, um sich zu vergewissern, dass er kein Traum war. »Ich konnte nicht schlafen und bin herumgewandert. Leider muss ich gestehen, dass ich gelegentlich des Nachts von Phantasmata heimgesucht werde.«
    »Gütiger Himmel, was zum Teufel ist das?«, wollte Lyon wissen.
    »Alpträume«, klärte sie ihn auf und hielt sich gähnend ihre Hand vor den Mund. »Ein Arzt riet mir einst, ich sollte nicht auf dem Rücken schlafen, weil er glaubte, dadurch würde sich das Cerebellum überhitzen. Aber sein Rat hatte keinerlei Auswirkungen auf mein Befinden.«
    »Ich habe einmal geträumt, dass ich in einem großen Käse gefangen wäre«, erzählte Lyon. »Ich musste mich aus ihm herausessen. Was glaubt Ihr, würde Euer Arzt dazu meinen?«
    »Dass du eine Ratte bist?«, schlug Raine grinsend vor.
    Lyon knuffte ihn in den Arm. Dann verabschiedete er sich von

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