Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nacht des Schierlings

Die Nacht des Schierlings

Titel: Die Nacht des Schierlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
Vom Netzwerk:
Branntweinfass angetreten hatte.
    «Ich habe nicht erwartet, Euch hier zu treffen», sagte Rosina, als sie sich Wagner gegenüber setzte. «Zumindest nicht allein mit einem Branntweinkrug.»
    Wagners Blick war trübsinnig, was sie nicht überraschte. «Und was tut Ihr hier?», fragte er missmutig. «Warum seid Ihr nicht im Theater? Wo ist Magnus?»
    «Viele Fragen. Zum Theater bin ich unterwegs, Magnus ist längst dort. Hier bin ich, weil in der Stadt übles Geschwätz umgeht. Ich will Jakobsen fragen, was er darüber gehört hat, Jakobsen hört doch alles.»
    «Alles. In der Tat. Aber ob alles immer stimmt?»
    Er schwieg. Endlich pikte Rosina mit dem Zeigefinger gegen seinen Arm. «Wagner, alter Freund, so schlimm kann es gar nicht sein. Redet mit mir. Ihr wisst, wenn es nötig ist, bin ich verschwiegen. Es ist doch nichts mit Karla?»
    «Karla? Nein. Ich weiß es nicht. Ich habe nichts gehört.»
    «Dann geht es ihr gut», entschied Rosina, «ganz bestimmt. Lasst mich weiterraten. Und versprecht mir, ehrlich zu antworten. Geht es um Muto?»
    Wagner schnaufte. «Kann sein, ja. Welches Geschwätz meint Ihr?»
    «Ihr wechselt das Thema, Wagner. Oder nein, gerade nicht, so oder so geht es um den Mord an Bruno Hofmann. Was ich vorhin auf dem Hopfenmarkt gehört habe ebenso, obwohl es völliger Unsinn ist. Da es auch um mich geht, kann ich sogar beschwören, dass es Unsinn ist.»
    Wagner sah überrascht auf und war ein bisschen verwirrt ob so vieler Andeutungen in einem Satz. «Um Euch? Das auch noch? Nun reicht es allmählich. Was habt Ihr gehört?»
    Jakobsen brachte Rosinas Zitronenwasser, just als er sich zu ihnen setzen wollte, wurde er aus der Küche gerufen. Rosina sah ihm nach und befand, es war ihr recht. Der Wirt war leider nicht so verschwiegen, wie er von sich selbst dachte. Sie wollte etwas von ihm hören, ihm aber nichts erzählen, wodurch nur neue Gerüchte in Umlauf gebracht wurden. Dazu reichte es schon, wenn Jakobsen, nach etwas gefragt, bedeutsam schwieg. Auf dieses vielsagende Schweigen verstand er sich hervorragend.
    Als sie Wagner berichtet hatte, was sie von den Frauen auf dem Hopfenmarkt gehört hatte, es bedurfte ja nur weniger Sätze, nahm Wagner einen Schluck aus seinem Becher. Der erste Schluck, stellte Rosina bei sich fest, seit sie mit ihm am Tisch saß. So schlimm konnte es mit seiner neuen Liebe zum Branntwein wirklich nicht stehen.
    «Nichts Neues», sagte er dann knapp, «alles bekannt. Letzteres würde ich eher als alt bezeichnen, sogar als sehr alt.»
    «Was heißt alles bekannt und Letzteres sehr alt? Wollt Ihr behaupten, dieser blöde Unsinn, Monsieur Herrmanns habe mit mir eine Liebschaft, sei nichts Neues?»
    Leider hatte sie im Ärger lauter gesprochen, die beiden Männer beim Kachelofen wandten sich nach ihr um und sahen einander grinsend an. Es war kein nettes Grinsen. Rosina hatte es nicht bemerkt, Wagner hingegen, der sich erschreckt umgedreht hatte, als sie ihre Stimme hob, sehr wohl. Aber wenn es schon auf dem Hopfenmarkt herumging, war es einerlei, ob die beiden es auch noch weitergaben oder nicht. Eine eiligere Post als das Geplapper auf dem Markt bei der Nikolaikirche konnte es gar nicht geben.
    «Ihr wisst das nicht? Das geht seit Jahren immer mal wieder in der Stadt herum», raunte er Rosina zu. «Wundert Euch das? Eine Wanderkomödiantin ist vertraut mit einem der Großen der Stadt, und als Ihr noch nicht verheiratet wart … – so was bringt nun mal die Phantasie der Leute zum Blühen. Vergesst es einfach.»
    «Habt Ihr das auch gedacht?»
    «Nun, nicht wirklich. Ich meine, ich habe nie darüber nachgedacht.»
    Rosina sah ihn fassungslos an. «Ihr lügt schlecht», sagte sie dann und klang kalt.
    «Ich lüge überhaupt nicht», protestierte er, immer noch bemüht, mit gesenkter Stimme zu sprechen. «Zu Anfang, als ich Euch noch nicht so gut kannte, hätte ich es wahrscheinlich geglaubt, ja, warum nicht? So etwas kommt alle Tage vor. Das wisst Ihr genau. Aber als ich zuerst davon hörte, kannte ich Euch gut genug, um es nicht zu glauben. Wenn es Euch wichtig ist, schwöre ich das auf die Bibel. Seit wann seid Ihr so verdammt empfindlich? Ihr kennt solches Zeug und Schlimmeres zur Genüge, früher habt Ihr so was einfach weggewischt. Das wäre jetzt auch von, ja, von Vorteil, jetzt haben wir nämlich ein echtes Problem.»
    «Wir?! Ihr seid der Weddemeister, die Mördersuche ist immer noch EUER Problem, nur weil ich Euch manchmal …»
    «Redet endlich leiser! Man

Weitere Kostenlose Bücher