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Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Titel: Die Nacht des Ta-Urt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Bödeker
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die es erforderten, dass alle Vorsichtsmaßnahmen einer geheimen Bruderschaft außer Kraft gesetzt wurden.
    Seit er sich durch seine Vision zum Glauben an die Göttin berufen fühlte, war es erst das zweite Mal, dass er ein Treffen der Bruderschaft miterlebte. Damals, bei seiner ersten Versammlung, hatten die Offiziere beider Bruderschaften einen neuen General für die Albions gewählt. General der Noiren war Gregor Balthius , ein schmächtiger Mann mit einem liebenswürdigen Gesicht. Am Tage war er Schreiber bei Gericht. Wessel kannte ihn gut von seiner Tätigkeit als Stadtchronist, und die beiden waren schon einige Male auf einen Humpen Bier in den Gastraum über dem Versammlungsort, an dem sie jetzt saßen, gegangen. Obwohl sie es grundsätzlich vermieden, am Tage zuviel Kontakt zueinander zu pflegen. Schließlich war es ihrer Sache nicht angetan, in der Öffentlichkeit als Gruppe aufzutreten.
    Zum General der Albions hatten sie damals Arno Bodmer gewählt, einen wohlhabenden Tuchschneider der im Rat der Stadt saß und dort im Geheimen für ihre Interessen kämpfte. Wessel wusste nicht viel über den Mann, und so hatte er sich damals seiner Stimme enthalten. Aber trotzdem war Arno mit überwältigender Mehrheit gewählt worden.
    Der Bruder der ihm die Tür öffnete, geleitete ihn durch die leere Schankstube in den Vorratskeller. An einer Seite des Kellers, einem kühlen Erdloch in dem Wein- und Bierfässer lagerten, befand sich eine geheime Tür, die sich zu einem niedrigen Versammlungsraum öffnete. Beleuchtet wurde der Raum einzig durch ein kleines Feuer in einem Kamin in einer Wand. Der Rauch zog durch einen Schacht in den Kamin der Wirtsstube über ihnen, so, dass niemand bemerken konnte, dass da noch ein Feuer brannte.
    Es war bereits, trotz der winterlichen Kälte, die den Lehmboden gefrieren ließ, brütend heiß in dem Raum. Etwa zwanzig Männer, Offiziere beider Parteien, saßen auf Kisten und Fässern, lehnten mit verschränkten Armen an der Wand oder hatten sich auf dem Lehmboden niedergelassen.
    Wessel setzte sich auf eine freie Kiste.
    Die Stimmung war gedrückt. Die Angehörigen beider Gruppen hatten sich immer mit distanziertem Respekt behandelt, aber heute mischte sich Misstrauen in ihre Blicke.
    Es hatte Tote gegeben. Dies würde kein harmonisches Treffen werden.
    Arno, auf einem leeren Faß stehend, eröffnete die Versammlung.
    "Brüder, ihr wisst, dass ich im Rat der Stadt vertreten bin. Eben komme ich von einer Versammlung, die ernste Dinge beschlossen hat. Der Rat musste schnell reagieren. Schon seit einiger Zeit sind immer wieder mißtrauische Anfragen vom Fürstbischof   gekommen, warum in der Stadt noch keine Hexen ausgemacht worden seien. Überall im Umland ist man der angeblichen ketzerischen Sekte auf den Fersen. Die Scheiterhaufen brennen. Der Fürstbischof versteht nicht, warum bei uns bisher alles seinen Gang geht und die Ketzer, die er auch bei uns zu sehen gewillt ist, unbescholten ihre Missetaten ausführen können. Bisher war der Rat in dieser Frage, nicht zuletzt dank meiner ständigen Intervention, zurückhaltend und hat mit Misstrauen die Verfolgungen in der Nachbarschaft beobachtet. Es ist doch offensichtlich, dass ein Haufen alter Weiber, und zumeist sind es die alten Weiber, die zuerst der Hexerei beschuldigt werden, der mächtigen Kirche wenig anhaben kann. Bisher konnten wir verhindern, dass man, nur um nicht das Misstrauen des Fürstbischofs auf sich zu ziehen, die verdächtigen Elemente aushebt. Wir alle wissen, dass nicht zuletzt unsere Bruderschaft darunter zu leiden hätte. Aber jetzt lässt sich die Mehrheit des Rates nicht mehr davon abhalten zu handeln. Zwölf tote Männer liegen auf dem Marktplatz."
    Er machte eine Pause, sah sich um und blickte in die ernsten Gesichter um ihn herum, dann fuhr er fort.
    "Man hat heute beschlossen, die verdächtigen Elemente aufzugreifen und zu verhören, damit die schlechte Saat nicht die ganze Ernte verderbe. Ich empfehle meinen Brüdern, soweit ihnen dies möglich ist, die Stadt zu verlassen um Verdächtigungen zu entgehen."
    Es kam Bewegung in die Männer. Einzelne Rufe wurden laut. Arno erhob beschwörend die Arme und bat um Ruhe.
    "Brüder, ihr alle wisst, dass die Ereignisse während unserer letzten Traumschlacht diese Entwicklung ausgelöst haben. Es hat, erstmals in der Geschichte der Bruderschaften, Tote während des Kampfes gegeben. Dies war nicht nur das Fanal zu den Untersuchungen, die uns zweifellos schaden werden,

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