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Die Nacht gehört dem Drachen (German Edition)

Die Nacht gehört dem Drachen (German Edition)

Titel: Die Nacht gehört dem Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexia Casale
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könnten Sie das bitte wiederholen? Ich habe gerade mit meiner Schwester gesprochen.« Sein Tonfall klingt sonderbar, und er steht auch sonderbar da – aufrecht und zornig. Beinahe wie ein Hüne. Fast einschüchternd. Ich erschaudere und renne vor Amy die Treppe hinauf. »Nicht stolpern, Evie, mein Liebes. Immer langsam«, ruft Amy, und später, als sie etwas zu trinken auf meinen Nachttisch stellt, hat sie den sonderbaren Anruf und Onkel Bens noch sonderbarere Reaktion offenbar schon vergessen, denn sie spricht nur von möglichen Unfällen, ermahnt mich, so kurz nach der Operation nicht zu rennen.
    Ich lasse mir Zeit im Badezimmer, wasche das Gesicht, putze die Zähne und horche. Ein paar Minuten später eilt jemand die Treppe hinauf, nimmt, nach dem Geräusch der Schritte zu urteilen, immer zwei Stufen auf einmal. Ich drehe rasch den Wasserhahn zu.
    »Amy, Liebste, ich muss kurz zu Ben«, höre ich Paul sagen. »Dauert nicht lange.«
    »Was ist denn los?«
    »Alles halb so wild. Ein paar Jugendliche, die eine dieser im Internet angekündigten Partys feiern, machen Ärger. Die Polizei will …« Er verschluckt das nächste Wort, so dass ich nicht einmal erahnen kann, was er sagen wollte. »Oder war es die Nachbarschaftshilfe?«, mutmaßt er, und ich kann förmlich hören, wie er nachdenkt. »Ich weiß nicht genau, mit wem Ben gesprochen hat, aber sie möchten, dass alle kommen und nachprüfen, ob irgendein Schaden entstanden ist.«
    »Das kann doch sicher bis morgen warten, Liebling. Mir gefällt die Vorstellung nicht, dass ihr beide in …«
    »Amy, Schätzchen«, sagt Paul entschlossen, aber auch so beruhigend wie möglich, »wir sind ja nicht allein und ich bin überzeugt, dass die Polizei dort ist, auch wenn sie es nicht war, die Ben angerufen hat. Diese Halbstarken werden inzwischen weitergezogen sein, um woanders zu randalieren. Wir schauen nur nach, ob es kaputte Fensterscheiben gibt, die abgedeckt werden müssen.«
    »Ja. Natürlich. Ja. Wäre schrecklich, wenn sie später wiederkommen und jemanden berauben würden …«
    »Das werden wir zu verhindern wissen. Ich verspreche dir, dass wir uns mit ein paar anderen Männern zusammentun, und falls wir Grund zu der Vermutung haben sollten, dass sich dort noch Radaubrüder rumtreiben, rufen wir Unterstützung. Das muss dir keine schlaflose Nacht bereiten. Ich bin sicher nicht länger als eine Stunde weg, also warte nicht auf mich, Liebling.«
    Als Amy kommt, um mich zuzudecken, ist sie zerstreut. Sie gibt mir einen Gute-Nacht-Kuss und schließt die Tür hinter sich, und ich schaue zur Decke hinauf und frage mich, ob Amy auch keinen Schlaf findet. Sie malt sich bestimmt das Schlimmste aus, falls sie noch wach ist. Ich hingegen bin einfach neugierig – neugierig und etwas aufgeregt. Denn Paul hat nicht die Wahrheit gesagt. Amy war zu besorgt, um das zu merken, aber ich ahne, dass mehr hinter der Sache steckt, dass es einen ganz anderen Anlass gibt.
    Ich rolle mich zum Drachen herum und stelle fest, dass er mich betrachtet.
    Wir warten , sagt der Drache, bevor ich ihn fragen kann, ob wir noch rausgehen.
    »Falls Paul und Onkel Ben kommen, meinst du? Die Auffahrt ist auf der anderen Seite des Hauses. Sie würden nichts merken. Wenn sie gerade auf einen Drink in die Küche gehen, während wir durch den Garten schleichen, könnten sie allerdings … Glaubst du, dass sie mich wecken wollen?«, frage ich besorgt.
    Die quecksilbrigen Augen des Drachen sind dunkel, aber ich spüre seinen eindringlichen Blick. Vielleicht bringen wir heute Nacht etwas in Erfahrung. Vielleicht müssen wir unsere Pläne ändern.
    » Deine Pläne, meinst du wohl«, schnaube ich. »Du erzählst mir nie, welche Pläne du für uns hast.«
    Das steht ja auch nicht in unserem Vertrag.
    »Welcher Vertrag?«, wende ich ein. »Ich bin keinen Vertrag eingegangen.«
    Der Drache schaut mich geringschätzig an, kehrt mir den Rücken zu und kauert sich hin. Ich verkneife mir weitere Einwände.
    Wir warten besser ab , sagt der Drache. Ruh dich aus, solange es noch möglich ist.
    Ich fahre aus dem Schlaf auf, ohne zu wissen, was mich geweckt hat. Beim Aufsetzen sehe ich, dass der Drache mich vom Nachttisch aus beobachtet, bin mir aber sicher, dass niemand meinen Namen gerufen hat. Und während ich still und langsam aus dem Bett gleite und den Drachen auf eine Handfläche setze, wird mir bewusst, dass ich so hellwach bin, als hätte ich überhaupt nicht geschlafen, sondern wartend in einem

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