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Die Nacht Hat Viele Augen -1-

Die Nacht Hat Viele Augen -1-

Titel: Die Nacht Hat Viele Augen -1- Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Mckenna
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Kobolde verscheuchen, die vielleicht in der Dunkelheit auf sie lauerten.
    Wie peinlich. Es war der erste echte Wutanfall gewesen, den sie in ihrem ganzen anständigen, höflichen Leben gehabt hatte; und es hatte lediglich dazu geführt, dass sie sich wie eine Idiotin vorkam. Zum dritten Mal ließ sie den Schlüssel fallen und hätte beinahe vor Zorn aufgeschrien.
    Schließlich schaffte sie es ins Haus. Es war kalt und dunkel, aber nichts sprang sie aus der Dunkelheit an, um sie zu beißen, dem Himmel sei Dank. Sie zog den Mantel aus, drehte die Heizung auf und schaltete auf dem Weg zum Schlafzimmer eine Lampe nach der anderen ein. Das Telefon klingelte erneut, als sie sich in den großen Ohrensessel hockte und anfing, ihre durchgeweichten Stiefel aufzuschnüren. Quer über den beigefarbenen Teppich hatte sie schmutzige Fußabdrücke hinterlassen. Sie hätte die Stiefel gleich unten in der Diele ausziehen sollen. Das Telefon ließ sie klingeln, denn sie war im Moment einfach nicht in der Lage, mit ihrer Mutter zu reden. Sie warf einen Blick auf den Anrufbeantworter. Fünf Nachrichten.
    Seltsam. Bisher hatte sie nie so viele gehabt. Es sah Alix gar nicht ähnlich, wie besessen anzurufen, und niemand anders wusste, wo sie war. Nicht einer ihrer weit verstreut lebenden Freunde hatte diese Nummer. Langsam, aber heftig zog sich ihr Magen zusammen.
    Der Anrufbeantworter sprang an, und das Band mit der Begrüßung startete. Dann erklang der Piepton. »Raine, bist du zu Hause? Nimm das Telefon ab. Sofort! Mach schon!«
    Erleichterung durchflutete sie, und sie lief ans Telefon. »Seth?«
    »Herrgott, Raine, du hast dein verdammtes Handy ausgestellt!«
    »Es tut mir leid. Ich …«
    »Schon gut. Wir haben keine Zeit. In welchem Raum bist du?«
    »Im Schlafzimmer«, erwiderte sie stockend. »Wieso …«
    »Kann man die Tür abschließen?«
    Sie zitterte so heftig, dass sie sich am liebsten hingelegt hätte. »Die Tür hat ein kleines Schloss, ja«, erklärte sie mit klappernden Zähnen.
    »Scheiße«, murmelte Seth. »Schließ ab. Besorg dir eine Waffe. Eine Lampe … eine Flasche … irgendwas. Dann geh ins Badezimmer und schließ das auch ab. Mach schon.«
    »Seth, bitte, was ist los? Wieso …«
    »Leg das verdammte Telefon auf und mach es!«
    Die Stärke seines Willens schien durch die Leitung zu fegen wie ein heißer Windstoß. Der Hörer flog ihr aus der Hand, als wäre er lebendig, und riss das Telefon vom Tisch, das mit einem dumpfen Laut inmitten eines Kabelwirrwarrs auf den Boden aufschlug.
    In der Stille, die folgte, hörte sie es. Die Schwingtür, die vom Esszimmer zur Treppe führte. Das Quietschen wurde schnell gestoppt.
    Weitere Türen, die quietschten, gab es nicht. Die Treppe war mit dickem Teppich belegt. Weitere Warnungen würde es nicht geben.
    Sie rannte zur Tür. Pure Panik breitete sich in ihr aus. Schritt eins: Schlafzimmertür abschließen. Erledigt. Schritt zwei: eine Waffe finden. Ihr Schirm stand im Ständer in der Diele. Ihr Pfefferspray war in ihrer Handtasche neben dem Handy auf dem Tisch in der Diele. Die Messer und die gusseiserne Bratpfanne waren in der Küche. In einem normalen Schlafzimmer gab es einfach kaum Haushaltsgegenstände.
    Er kam die Treppe herauf. Das bildete sie sich nicht ein. Es war erschreckend real, und sie musste darauf reagieren. Sofort. Hektisch suchte sie ihre Kommode ab. Haarnadeln, zu klein und dünn. Sie griff nach dem Haarspray, dem Föhn. Dann fiel ihr Blick auf die Nachttischlampe, sie war aus Messing. Raine packte sie. In dem Moment drehte sich der Türknopf. Dann wurde daran gerüttelt.
    Sie stürzte mit ihrem Arm voll von provisorischen Waffen zum Badezimmer. Das ganze Zeug krachte auf den Boden, die Birne der Lampe zersplitterte auf den Fliesen. Sie schaltete das Licht ein, knallte die Tür zu und verschloss sie.
    Drei heftige, furchtbare, krachende Stöße, dann hörte sie, wie die Schlafzimmertür splitternd nachgab. Sie kauerte neben der Toilette und zitterte so heftig, dass sie sich kaum bewegen konnte, während Tränen des Entsetzens über ihr Gesicht liefen. Weiß. Alles um sie herum war weiß, weiße Fliesen, eine weiße Einrichtung … Es war der Fluch der Corazon, sie hätte dieses teuflische Ding niemals anfassen dürfen; es raste durch Zeit und Raum, um sie sich zu holen, und tiefes Rot würde über all dieses blendende Weiß verspritzt werden …
    Raine biss die Zähne zusammen, und dann entrang sich ein ersticktes Knurren ihrer Kehle. Sie war kein

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