Die Nacht Hat Viele Augen -1-
»Glaubst du, wir werden verfolgt?«
»Sagen wir mal, wir sollten in jedem Fall auf Nummer sicher gehen.«
Sie biss sich auf die Lippe und starrte auf ihre Hände. »Versprichst du mir, dass du mir, sobald wir in Sicherheit sind, erzählst, was eigentlich los ist?«
»Ich verspreche es«, sagte er vorschnell und öffnete die Tür. »Gehen wir.«
Hand in Hand rannten sie zum nächsten Bekleidungsgeschäft. Er winkte die erste Verkäuferin heran, die er sah. »Wir haben es ausgesprochen eilig. Bringen Sie uns eine Jeans, ein T-Shirt, einen Wollpullover, Unterwäsche, Socken, Wanderstiefel und einen Wintermantel. Größe 36. Schnell.«
Das Mädchen warf einen Blick in Seths funkelnde Augen und auf Raines blutbesudelten Pullover. Vor Entsetzen blieb ihr der Mund offen stehen. »Möchten Sie die Sachen nicht … äh … selbst aussuchen?«, stammelte sie. »Wegen der Farben und so?«
»Keine Zeit!«, bellte er. »Jetzt machen Sie schon!«
Sie wich zurück. »Äh … lassen Sie mich den Chef rufen.«
»Schon gut.« Raine warf Seth einen irritierten Blick zu. »Ich suche die Sachen aus, aber bleiben Sie in der Nähe, damit Sie gleich kassieren können, okay?«
In fliegender Eile rissen sie Sachen von den Ständern und kontrollierten hastig die Größen. Dann entdeckte er den Tisch mit der Unterwäsche. Er griff sich eine Handvoll String-Tangas, durchsichtige Spitze in umwerfenden grellen Farben. Schwarz, pink, limonengrün, lippenstiftrot. Er warf sie auf den Tresen. »Schreiben Sie die mit auf die Rechnung.«
»Das sind Strings«, sagte Raine und wurde rot.
Er warf ihr einen anzüglichen Blick zu. »Lecker!«
Raine schlüpfte gerade in einen marineblauen Parka, als er das Nachthemd entdeckte. Es war pfirsichfarben und eng anliegend, es würde ihr ungefähr bis zur Mitte ihrer Schenkel gehen und jede ihrer Kurven unterstreichen. Und man konnte es einfach ausziehen.
Er riss es vom Bügel und warf es auf den Haufen, den die Verkäuferin schon im Arm hielt. »Geben Sie das auch ein. Beeilen Sie sich.«
»Ja, bevor er noch mehr findet, was ihm gefällt«, bemerkte Raine spitz.
Um zu bezahlen, zog er ein paar Scheine aus einem dicken Bündel Bargeld, das er für Notfälle immer dabeihatte. Sobald sie wieder im Wagen saßen, riss er Kleidungsstücke aus den Taschen und biss die Plastikschlaufen durch, an denen die Labels hingen. »Zieh deine Sachen aus, Babe. Schnell.«
Raine warf einen Blick auf die vorbeifahrenden Autos und sah ihn dann entsetzt an. »Gleich hier?«
»Absolut alles. Ich spüre ihren heißen Atem schon im Nacken.«
Sie zögerte und machte ein verwirrtes Gesicht. Er grunzte und riss ihren Trenchcoat auf.
Jetzt reagierte sie. »Nein, nein, ich mache das schon.« Mit einem wehmütigen Seufzer streifte sie ihre Stiefel ab. »Die waren so schön.«
Er zog ein Messer aus der Tasche, während sie ihre Jeans und Unterwäsche auszog, und stieß das Messer unter die Sohle eines der Stiefel, wobei es ihm noch gelang, ein Auge auf ihr Schamhaar zu werfen, unter dem sich ihre Spalte verbarg. Sie zog einen der Strings an. Mit unstillbarem Interesse bemerkte er, dass es der pinkfarbene war.
»Die Dinger sind ziemlich unbequem, Seth«, schimpfte sie.
Er warf ihr ein wölfisches Grinsen zu. »Tut mir wirklich leid, Süße.«
Er zog die Sohle ab. Bingo. Dann fischte er den winzigen Chip mit der kleinen Antenne heraus. »Sieh dir das an.«
Sie hielt mitten in der Bewegung inne, die neuen Jeans bis zur Hälfte ihrer Schenkel hochgezogen. Vor Entsetzen blieb ihr der Mund offen stehen. »Victor?«
»Beeil dich, Raine«, drängte er grimmig.
Mehr brauchte er nicht zu sagen. Innerhalb kürzester Zeit war sie umgezogen und fertig.
»Lass einfach alles auf dem Boden liegen«, befahl er. »Und dann komm.«
»Wir lassen den Wagen einfach hier zurück?«
»Wir holen ihn später, wenn wir können«, sagte er gleichgültig.
Er nahm seine Tasche, in der sich der Laptop und seine restliche Ausrüstung befand, und zerrte sie durch den prasselnden Regen, während er damit rechnete, dass jeden Moment ein paar Scheinwerfer auf sie zuschossen und sich jemand aus dem Fenster lehnen würde, um auf sie zu schießen. Sie rannten über den Highway und betraten kurz darauf das Geschäft von Schultz’s New and Used Cars. Fünfzehn Minuten später war sein Bündel Bargeld um einiges dünner geworden, und Samuel Hudson, eine seiner anderen Identitäten, war der stolze Besitzer eines nur leicht verbeulten bronzefarbenen Mercury
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