Die Nacht, in der er zurueckkehrte
weiteres Geräusch mehr zu hören. Vielleicht funktionierte das Babyfon nicht richtig. Oder sie hatte nur geträumt. Wie oft hatte sie schon im Traum ein Baby nach seiner Mutter schreien hören, die nie kam.
Da sie viel zu unruhig war, um weiterschlafen zu können, beschloss sie, nach dem Kind zu sehen. Vielleicht war es aufgewacht und hatte Angst in der fremden Umgebung.
Sie stand auf, zog ihren Morgenmantel an und schlüpfte in ihre Hausschuhe, dann trat sie hinaus auf den Flur.
Als sie in Belles Zimmer kam, stellte sie fest, dass die Kleine fest schlief und nicht aussah, als hätte sie kurz zuvor geschrien.
Easton schüttelte den Kopf über sich selbst. Wahrscheinlich hatte sie wieder nur geträumt. Weil sie an den Abschied dachte. Denn lange würde es nicht mehr dauern, bis die Tante das Baby abholte. Sie hoffte inständig, dass Sharon Weaver dem Kind die Mutter ersetzen könnte.
Schon wieder nahm sie den Abschied voraus, anstatt die verbleibende Zeit zu genießen. Jo wäre sehr unzufrieden mit ihr.
Liebevoll betrachtete sie das schlafende Baby, während sie sich an den harmonischen Nachmittag und Abend erinnerte, den sie gestern verbracht hatten.
Nachdem sie die Tiere gefüttert hatte und ins Haus zurückkam, stand Cisco am Herd und kochte das Abendessen. Es gab Nudeln mit einer köstlichen Soße aus den Zutaten, die er in ihrer Speisekammer gefunden hatte.
Trotz des vorangegangenen Streits in der Scheune verlief das Essen in entspannter Atmosphäre. Nach dem Dessert hatten sie sich auf die Veranda gesetzt und den milden Maiabend mit seinen süßen Düften genossen. Belle saß auf Eastons Schoß und krähte vergnügt bei jeder Bewegung von Jos Gartenschaukel.
Von dem gleichmäßigen Rhythmus wurden sie bald alle schläfrig, und Cisco schlug vor, hineinzugehen und Belle ins Bett zu bringen, bevor sie alle einschliefen und womöglich die kühle Nacht draußen verbrachten.
Easton hatte darauf bestanden, Belle zu baden. Teils, um zu vermeiden, dass Cisco sich mit seiner Wunde über die Badewanne bücken musste, teils, weil sie die Zeit mit dem Baby so lange wie möglich ausdehnen wollte.
Nachdem sie Belle gebadet und für die Nacht angezogen hatte, setzte sie sich mit ihr in den Schaukelstuhl im Kinderzimmer. Das Kind lag warm und schläfrig in ihrem Arm, und Easton hielt es noch lange an sich gedrückt, nachdem es längst eingeschlafen war.
Als sie nach unten kam, saß Cisco wieder in der Schaukel auf der Veranda und ließ den Blick über die Felder und Wiesen schweifen, die im Licht der untergehenden Sonne dalagen.
Er wirkte so verloren, dass es ihr einen Stich versetzte.
„Schläft sie?“, fragte er.
„Ja, schon eine ganze Weile, aber ich wollte sie noch ein wenig im Arm halten. Sie ist so süß.“
„Ja, das ist sie.“
Die Worte von Trace fielen ihr plötzlich wieder ein. Sag ihm, was du fühlst, dann wirst du hören, ob er dasselbe empfindet.
Dies wäre der ideale Moment für ein solches Geständnis. Sie könnte sich neben ihn auf die Schaukel setzen und ihm ihre Gefühle offenbaren.
Vor Nervosität grub sie die Fingernägel in ihre Handfläche. Dann sah sie ihn von der Seite an und öffnete den Mund. „Cisco, ich …“
Bevor sie weiterreden konnte, sprang er unvermittelt auf. „Ich glaube, ich gehe jetzt mal ins Bett. Das Antibiotikum macht doch ziemlich müde.“
Sie war so perplex, dass sie nur stammeln konnte: „Ich … meinst du?“
Schon halb im Weggehen sagte er nur schnell „Ja. Gute Nacht, wir sehen uns morgen früh“ und verschwand im Haus.
Völlig verwirrt hatte sie ihm nachgeblickt.
Hatte er etwa geahnt, was sie ihm sagen wollte? War er so eilig aufgesprungen, weil er vermeiden wollte, dass sie ihm ihre Liebe gestand? Weil er keine Antwort wusste?
Sie seufzte. Vermutlich war es besser, dass er so abrupt aufgestanden war. Wozu sollte es auch gut sein, über Gefühle zu reden? Die bittere Wahrheit war, dass eine Liebesbeziehung zwischen ihr und Cisco del Norte so wenig Chancen hatte wie eine Palme im rauen Hochland.
Easton ging zu Belle. Wenn Belle und Cisco nicht mehr hier wären, würde ihr das Farmhaus totenstill vorkommen.
Vom ersten Moment an hatte sie das Kind in ihr Herz geschlossen. Es war ihr nicht gelungen, sich innerlich zu distanzieren, obwohl ihr klar war, dass die alte Wunde nur wieder aufgerissen würde.
Unwillkürlich streckte sie die Hand aus, um Belles weiche Locken zu streicheln, zog sie aber schnell wieder zurück. Sie wollte das Baby nicht
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