Die Nacht, in der er zurueckkehrte
weiterschrie. Aus der Ferne kam das Brüllen eines Berglöwen.
Mit heftig klopfendem Herzen und tränenfeuchtem Gesicht war sie aufgewacht.
Der Gedanke, den Vormittag zusammen mit Cisco und Belle im Haus zu verbringen, war ihr plötzlich unerträglich. Deshalb war sie unendlich erleichtert, als Burt anrief, um ihr mitzuteilen, dass der Fluss doch höher als erwartet gestiegen war. So konnte sie sich mit der Erklärung verabschieden, dass sie gemeinsam mit den anderen Farmarbeitern Sandsäcke füllen müsse.
Wie gut es tat, sich in schwere körperliche Arbeit zu stürzen, wenn die Gefühle verrücktspielten.
Einfach weitermachen, hätte Jo gesagt. Wenn du denkst, du kannst keinen Schritt mehr machen, geh einfach weiter. Irgendwann wird das Hindernis überwunden sein.
Jos Worte hatten ihr geholfen, über die schwere Zeit nach dem Tod der Tante hinwegzukommen. Das gab ihr Zuversicht, auch über andere schwierige Situationen hinwegzukommen.
Sie würde es schaffen, weiterzumachen, wenn Belle und Cisco nicht mehr da waren. Wer weiß, mit all der rastlosen Energie, die sie im Moment verspürte, würde sie womöglich die Winder Ranch noch erfolgreicher betreiben.
„Hörst du mir überhaupt zu?“
Sie zuckte zusammen und blickte Burt schuldbewusst an. „Tut mir leid, ich war grade mit meinen Gedanken woanders.“
„Ich glaube, ich weiß auch, wo.“ Er warf einen bedeutungsvollen Blick zum Haus. „Wäre besser, wenn manche Leute weg wären, damit wir hier endlich wieder richtig arbeiten können.“
Sie lehnte die Schaufel gegen den Pick-up. „Dein Wunsch wird sicher bald in Erfüllung gehen. Vielleicht sind sie schon weg, wenn wir hier fertig sind.“
Kaum hatte sie den Satz ausgesprochen, als ihr klar wurde, dass sie es nicht fertigbrachte, sich nicht zu verabschieden. Die Vorstellung, das süße kleine Mädchen nie mehr wiederzusehen, war ihr unerträglich. Sie blickte Burt schuldbewusst an. „Meinst du, ihr kämet auch ohne mich klar?“
Burt schnitt eine Grimasse. „Wird schon gehen.“
„Dann würde ich jetzt lieber zum Haus zurückreiten.“
Burt musterte sie mit einem vielsagenden Blick, sagte aber nichts.
Sie winkte den Männern kurz zu und ritt los. An der Hintertür zog sie ihre verdreckten Stiefel aus und ging durch die Küche ins Wohnzimmer, von wo sie fröhliches Babygebrabbel hörte. Cisco saß auf dem Teppich, während Belle um ihn herumwuselte und alles erkundete.
Beim Eintreten traf sie sein dunkler Blick, und sie spürte ein erregtes Kribbeln, weil sie an den Kuss in der Küche dachte.
„Da bist du ja schon wieder“, bemerkte Cisco.
Sie zuckte die Achseln. „Ja, wir sind praktisch fertig.“
Als Belle ihre Stimme hörte, ließ sie den kleinen Noppenball in ihrer Hand los und klatschte vor Freude in die Hände.
Easton zog sich wehmütig das Herz zusammen, und sie musste sich zwingen zu lächeln. „Hallo, meine Süße“, sagte sie mit sanfter Stimme, und Belle quietschte vor Vergnügen.
Nur Cisco ließ sich von ihrem Lächeln nicht täuschen. „Was hast du denn?“, fragte er mit ruhiger Stimme.
„Was soll ich haben?“, gab sie schroff zurück.
Er runzelte die Stirn. „Manchmal hast du so einen traurigen Ausdruck in den Augen, und ich würde gern wissen, was das zu bedeuten hat.“
Sie fühlte sich ertappt und konnte nur mühsam ihre Verlegenheit überspielen. „Ach, das bildest du dir nur ein“, sagte sie betont heiter.
Cisco blickte betreten zu Boden. Wie sollte er bloß an diese Frau herankommen? Seit Jahren verschloss sie sich vor ihm, und jedes Mal bekam er ein schlechtes Gewissen, wenn sie diesen seltsamen Ausdruck in den Augen hatte. Er war sicher, es hatte mit ihm zu tun. Mit dem Tag von Guffs Beerdigung vor fünf Jahren, als er sie verführt hatte.
Doch wenn sie das Baby ansah, kam es ihm vor, als sei da noch eine tiefere Traurigkeit in ihrem Blick. Es musste mehr dahinterstecken. Bloß, wie konnte er das herausfinden, wenn sie ihm die Antwort verweigerte?
„Hat Belles Tante angerufen?“, unterbrach sie seine Grübelei.
„Ach ja, das hätte ich fast vergessen. Sie hat vor ein paar Minuten angerufen, um zu sagen, dass sie gleich kommt. Sie ist schon kurz vor der Stadt und wollte nur wissen, wie sie am besten zur Ranch rausfährt.“
Erstaunt bemerkte er, wie Panik in ihren Augen aufflackerte. Ihre Augen, die so tiefblau waren wie das Meer vor Kolumbien.
„So bald schon? Dann müssen wir schnell ihre Sachen packen.“
Er deutete auf Belles
Weitere Kostenlose Bücher