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Die Nacht in Issy

Die Nacht in Issy

Titel: Die Nacht in Issy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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hatte mir ihren Stuhl wortlos hingeschoben — und rührte in meinem Kaffee.
    Ich mußte plötzlich lachen.
    »Ich denke gerade«, sagte ich, »wenn jetzt die Polizei käme: wen von uns würde sie wohl zuerst festnehmen?«
    Pierre fuhr auf mich los.
    »Ich sagte schon: du bist ein verdammter Narr! Und ich würde an deiner Stelle nicht so angeben, wenn solche Sachen schon in der Zeitung stehen! Mensch, der einzige, der dir noch helfen kann, ist Labourusse!«
    »Kaum«, bemerkte ich, »er wird Wichtigeres zu tun haben. Ich helfe mir lieber selber. Außerdem habe ich kein Geld.«
    »Geld!« schnaubte Pierre verächtlich, »auf dein Geld pfeife ich. Wir wollen etwas ganz anderes.«
    »Weiß ich«, nickte ich, »ihr sucht Papierchen.«
    Er zündete sich hastig eine Zigarette an und sah mich mit seinen vorstehenden Basedow-Augen an.
    »Ganz richtig«, sagte er endlich, »du weißt also Bescheid. Das erleichtert die Sache ungemein. Ganz richtig, wir wollen die Papiere haben.«
    Ich sah, wie seine Blicke mich abtasteten.
    »Wo hast du sie?« fragte er.
    Ich lachte laut auf.
    »Aber Pierre! Habt ihr gedacht, ich sei ein Anfänger?«
    »Na schön«, sagte er, »du kommst jetzt mit zu Labourasse, ihr werdet euch schon einigen, denke ich.«
    »Jetzt nicht«, sagte ich, »morgen früh.«
    »Nein, jetzt. Sofort!«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Geht wirklich nicht«, sagte ich, »ich habe noch eine Verabredung.«
    Wir fuhren ungefähr gleichzeitig mit den Händen in unsere Taschen, aber ich war schneller.
    »Das ist Unsinn«, sagte ich ruhig und hielt ihn mit der Pistole in Schach, »das ist wirklich blödsinnig von dir, Pierre. Du solltest wissen, daß es mir in meiner Situation auf einen Mord mehr oder weniger nicht ankommt. — Nimm die Hände hoch!«
    Er hob sie zögernd.
    »Nicht hier«, sagte Gustave ruhig, »macht das woanders aus, aber nicht hier.«
    »Tut mir leid, Gustave«, sagte ich, »aber ich habe nicht angefangen. Du weißt, ich wollte hier nur in Ruhe eine Tasse Kaffee trinken. Gut, ich werde mich jetzt verziehen. Und wenn du versuchst, Pierre, mir nachzukommen, knalle ich dich auf der Treppe oder auf der Straße ab. — Und diese mickerige Kreatur von heute morgen kannst du ruhig entlassen; er ist zu ungeschickt. Wenn Labourasse morgen früh noch Lust hat, mit mir zu sprechen, dann könnt ihr mir Bescheid sagen.«
    Ich ging rückwärts zur Tür. Als ich sie offen hatte, sagte ich noch:
    »Ach ja, Gustave, ich habe mir deine Pistole gelichen. Aber du wirst ohnedies keine große Lust haben, heute abend wieder auf Polizisten zu schießen — oder?«
    Ich ging hinaus und stieg die Treppe hinab. Es folgte mir niemand.
    Unten auf der Straße ging ich eine Weile dicht an der Hauswand entlang. Ich blieb nach hundert Metern stehen und wartete. Aber ich konnte nicht feststellen, daß mir jemand folgte.
    Als ich mich im Luxembourg auf eine Bank setzte, war es vier Uhr. Ich wußte nun, daß Francois der Mörder war. Aber ich wußte nicht, wie ich es beweisen konnte. Ich mußte etwas finden, was selbst in den Augen der Polizei ein Beweis war.
    Aber da war noch ein Punkt, der mir absolut dunkel erschien:
    Wenn Francois es war, der auf Alexandre geschossen hatte — war er dann vorher im Hause gewesen? Er hatte sicherlich auch gewußt, daß Alexandre immer erst kurz vor Mitternacht heimkam, und er hatte vorher reichlich Zeit gehabt, Alexandres Wohnung zu durchsuchen.
    Oder wollte er das hinterher tun — mit Alexandres Schlüsseln — und war nur durch mich daran gehindert worden? Das schien mir wahrscheinlicher zu sein, sonst hätte er heute nicht bei Germaine gesucht und die Schlüssel mitgenommen. Ich war fest entschlossen, die Nacht in Issy zu verbringen.
    Wenn es mir gelänge, in Alexandres Haus tatsächlich Papiere zu finden, aus denen seine Beziehungen zu Pierre, Labourusse oder Francois hervorgingen, dann war ich einen guten Schritt weiter. Dann konnte ich damit auf Pierre und Labourusse einen Druck ausüben, und vielleicht würden sie Francois fallenlassen. Meine Hoffnungen waren weniger als minimal.
    Ich war nervös, und es wurde mir langweilig. Was sollte ich bis zum Abend anfangen? Ich überlegte, ob ich die Kneipe an der Seine aufsuchen und mit Charles sprechen sollte. Vielleicht klappte die Sache mit Spanien doch schon eher. Aber ich fürchtete, dort einem von gestern abend zu begegnen, und verwarf diesen Plan wieder.
    Schließlich fiel mir Constance ein.
    Sie wohnte in der Rue Bonaparte, gegenüber der Ecole des

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