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Die Nacht in Issy

Die Nacht in Issy

Titel: Die Nacht in Issy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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alles beunruhigte, was ich sah. Ich war schon auf dem Herweg nur im großen Bogen um die Verkehrsschutzleute gegangen, und als einmal ein Polizist die Straße herunter mir entgegenkam, ging ich rasch in ein Blumengeschäft und kaufte einen Strauß Veilchen. Wenige Minuten später warf ich ihn in einen Papierkorb, weil ich fand, daß die Passanten einem Mann mit einem Veilchenstrauß zu viel Aufmerksamkeit schenkten.
    Und dann stand ich eine Stunde lang vor Germaines Haus. Ich versuchte mir darüber klar zu werden, was ich überhaupt von ihr wollte; aber auch das gelang mir nicht. Ich wußte nur, daß ich sie nochmals sprechen mußte. Ein paarmal war ich schon soweit, es aufzugeben und zu gehen, aber dann beschloß ich doch jedesmal wieder, zu bleiben.
    Schließlich rief ich sie von der Telefonzelle aus an.
    »Guten Morgen, Germaine«, begann ich, »ich möchte mit Ihnen sprechen.«
    »Wozu?« fragte sie. Es hatte kurz, aber nicht unfreundlich geklungen.
    »Es ist wichtig. Und wenn Sie wollen, können Sie gleich die Polizei verständigen, ich bin in fünf Minuten bei Ihnen.«
    »Ich glaube«, sagte sie, »ich werde das nicht tun.«
    »Es ist mir egal, ich bin ziemlich am Ende.«
    Ich hängte ein und ging zu ihr.
    Auf mein Klingeln öffnete sie mir selbst und führte mich in ihr Zimmer. Ich sah wieder die Stuckornamente an der nicht mehr ganz weißen Decke, den durchgescheuerten Täbris auf dem Boden und die schlechten, aber bequemen Chippendale-Möbel.
    Ihre hellblauen Augen tasteten mich fragend ab.
    »Sie sind schrecklich blaß«, sagte sie dann.
    Ich lächelte.
    »Man kann mein Leben auch nicht mit einem Kuraufenthalt in Biarritz vergleichen.«
    »Ich habe Tee«, meinte sie, »wollen Sie eine Tasse?«
    Ich nickte und verspürte plötzlich, daß ich Hunger hatte. Und ich dachte, daß dies wohl der einzige Tee war, den ich ohne Angst vor einer Vergiftung trinken konnte.
    »Warum sind Sie gekommen?« wollte sie wissen, während sie hübsche japanische Tassen auf den Tisch stellte.
    »Weil — weil — ich habe mich in Fontainebleau sehr schlecht benommen.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Nein. — Zucker?«
    »Ja, bitte, viel!«
    »Nein«, sagte sie, »ich habe Ihnen das nicht nachgetragen. Sie waren sehr aufgeregt.«
    »Kunststück!«
    Ich rührte in meinem Tee.
    Ich beobachtete sie verstohlen. Sie schien mir heute viel unruhiger als das letztemal.
    »Die Polizei war hier«, sagte sie.
    »Ach nein«, machte ich, »und was wollten sie?«
    »Sie fragten ein paar belanglose Sachen über Alexandre, und dann wollten sie wissen, ob ich Sie kenne.«
    »Und was sagten Sie?«
    Sie lächelte mich an.
    »Ich sagte: >Nur dem Namen nach.< Und soviel ich wüßte, säßen Sie wegen eines Mordes im Zuchthaus.«
    »Das war lieb von Ihnen. Übrigens weiß ich jetzt, wer Alexandre erschossen hat.«
    Sie setzte ihre Tasse ab, daß sie klirrte. Ihre Augen waren weit und dunkel. Ich sah, wie ihr schöner, breiter Mund in den Winkeln zuckte. Sie sagte aber keinen Ton.
    »Ich möchte aber nicht«, fuhr ich fort, »daß Sie mich nochmals für unanständig halten.«
    Sie schüttelte mit einer raschen Bewegung den Kopf und ich schloß:
    »Es — es war — es war eine Frau, Germaine.«
    Sie war so blaß geworden, daß sie beinahe durchsichtig wirkte. Ich machte mir Vorwürfe; ich hätte es ihr doch nicht sagen sollen.
    Sie sprach noch immer kein Wort, nur ihre Augen bohrten sich geradezu in mich hinein.
    »Sie haben ihn geliebt?« fragte ich.
    Sie zuckte zusammen, wie unter einem Hieb.
    »Nein«, flüsterte sie tonlos, »schon lange nicht mehr.«
    Ich atmete erleichtert auf.
    »Gott sei Dank! Er hat sie nämlich am laufenden Band betrogen — nicht nur mit Yvette Mueller.«
    Ich merkte, daß ihr der Name nichts sagte.
    »Yvette Mueller?«
    »Ja, sie ist die Schwester von Labourusse.«
    »Ach so!«
    »Ja, und Yvette hat ihn erschossen.«
    »Yvette?« flüsterte sie, »Yvette hat ihn erschossen? Warum? Woher wissen Sie das?«
    Sie richtete sich steif auf und starrte mich an. Plötzlich rief sie, nein, sie schrie es fast:
    »Woher wissen Sie das?«
    »Ich bin darauf gekommen — es gibt keinen Zweifel. Sie war zur Zeit des Mordes draußen und hat später einen Mann beauftragt, die Beweise ihres Aufenthalts zu beseitigen.«
    Sie hatte mir still zugehört; nun fuhr sie mit ihren Fingern gedankenlos auf dem Rand der Untertasse hin und her.
    »Dann gibt es also keinen Beweis dafür«, sagte sie, »daß sie es war?«
    »Vermutlich nicht. Und das ist

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