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Die Nacht in Issy

Die Nacht in Issy

Titel: Die Nacht in Issy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Richtung auf die Innenstadt den Berg hinabrollen. Plötzlich aber bog er nach links ab.
    Und dann spielte sich alles so rasch ab, daß ich hinterher kaum noch wußte, was alles geschehen war.
    Er hielt mit einem jähen Ruck, und im selben Augenblick sah ich einen großen Schatten an meiner Tür. Sie wurde aufgerissen, und im gleichen Moment schoß ich durch die Tasche. Einmal, zweimal — dreimal.
    Der Schlag, den der Rote meinem Kopf zugedacht hatte, ging wenigstens zur Hälfte daneben. Ich trat auf den Körper eines Menschen, der direkt vor meiner Wagentür lag, und rannte davon. Ich fand keine Nebenstraße, und die Scheinwerfer des Wagens kamen mir nach.
    Er machte mit dem Wagen Jagd auf mich!
    Ich rannte zurück, ein anderer Wagen kam entgegen. Ich ging langsam und sah, daß der Wagen bei dem Mann hielt, der auf dem Trottoir lag. Hinter mir wendete der Cadillac. Seine Scheinwerfer blendeten mich wieder. Ich rannte direkt auf ihn zu, und er brauste an mir vorbei. Ich hörte es neben mir in der Wand klatschen. Dann lief ich weiter, bis ich nach rechts abbiegen konnte. Ich lief noch etwa hundert Meter, und als mir dann niemand folgte, hielt ich ein entgegenkommendes Taxi an.
    »In die Rue Bonaparte; aber fahren Sie wie der Teufel!«
    Er drückte tatsächlich aufs Gas, und fünf Minuten später hielt er vor dem Haus.
    »Warten Sie!« rief ich dem Fahrer zu, »ich komme sofort wieder zurück.«
    Ich stürmte die Treppen hinauf und stürzte ohne anzuklopfen in Constances Zimmer.
    Sie hatten ihr übel mitgespielt. Ihr linkes Auge war zugeschwollen, und an ihrem Hals sah ich blaue Flecken.
    »Rasch, zieh dich an! — Wir müssen weg!«
    Sie schaute mich entsetzt an.
    »Sie wissen es«, sagte sie, »ich — ich — sie haben mich —«
    »Das ist jetzt unwichtig!« rief ich und zog sie aus dem Bett, »wir müssen weg, sofort. Sie sind hinter mir her.«
    Nun kam Leben in sie. Sie sprang auf, sank aber sofort mit einem kleinen, armseligen Laut wieder zusammen.
    Ich half ihr beim Ankleiden. Wir sprachen nichts mehr, sondern taten alles in fliegender Hast. Zuletzt steckte ich noch meine Quittungen und die Manschettenknöpfe ein, dann verließen wir das Zimmer. Constance hatte in aller Eile das Wichtigste in ein kleines Köfferchen aus gepreßtem Papier verpackt.
    Ich wurde erst ein wenig ruhiger, als ich neben ihr im Taxi saß.
    »Wohin?« fragte der Fahrer.
    »In die — in die — Avenue de Versailles«, befahl ich. Es war das Weiteste, was mir im Moment einfiel.
    Ich schob das Fenster hinter dem Fahrer zu und nahm Constance in den Arm.
    »Armes«, flüsterte ich, »es war unverzeihlich von mir! Ich hätte mir das denken können. — Willst du mir sagen, wie es war?«
    Sie nickte, und plötzlich fing sie an zu weinen.
    »Ich sehe so scheußlich aus«, klagte sie.
    »Für mich bist du immer schön, Constance.«
    »Wirklich? — Um zehn Uhr wollte ich weg. ich ging die Rue Bonaparte entlang. Da hielt ein Auto neben mir. Na, du weißt schon — das übliche. Ich stieg ein, und dann machten sie mich unterwegs fertig. Es war noch einer hinten drin, der Rothaarige.«
    »Und du hast ihnen das mit der Post gesagt?«
    »Sie hätten mich sonst umgebracht«, stöhnte sie.
    »Na schön, dann sind sie eben futsch«, bemerkte ich resigniert. Ich hatte einfach kein Glück und war wohl auch nicht der Mann zu solchen Sachen. Ich merkte auf einmal, daß ich entsetzlich müde war. Und gleichgültig. Morgen früh um acht würden sie an der Post stehen, und wenn ich käme, würden sie mich entweder aufhalten oder die Polizei rufen. Ich konnte an die Papiere nicht mehr herankommen. Der einzige, der vielleicht noch etwas retten konnte, war Mompard, der Detektiv.
    Ich klopfte nochmals an die Scheibe.
    »Kehren Sie nochmals um!« sagte ich. »Wir fahren zuerst in die Rue Valenciennes Nummer siebzehn.«
    »Das wird ein teurer Spaß, Monsieur.«
    Ich reichte ihm einen Geldschein nach vorn.
    »Abrechnen können wir später; aber fahren Sie endlich etwas schneller.«
    Er tat sein Bestes.
    »Aber«, sagte Constance plötzlich, und kuschelte sich an mich, »sie kriegen den Umschlag doch nicht.«
    »Wieso?«
    »Ich hab’ ihnen ein falsches Postamt gesagt.«
    Ich riß sie in meine Arme und küßte sie wild.
    »Constance — du bist — du bist — he Chauffeur — wir fahren doch in die Avenue de Versailles!«
    Er bremste und wendete schweigend.
    In einem kleinen Hotel, dessen Wahrzeichen eine schwarze Katze war, stiegen wir ab. Es lag in der Rue Mirabeau

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