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Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Titel: Die Nacht in mir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Baker
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Garten. »Ihm nach!«, schrie ich Collins an, und – ich muss ihm das hoch anrechnen – der Mann zögerte keinen Augenblick, sondern stürzte quer durchs Zimmer und zum selben Fenster hinaus. Draußen hörte ich ihn nach seinen Männern rufen.
    Fast im gleichen Augenblick ertönten hinter mir Stimmen. Henry, Elizabeth, die Gäste … sie alle riefen durcheinander, wollten wissen, was hier vorging. Ich schaffte es, sie mit dem Hinweis auf einen Eindringling zu beruhigen, und das lenkte sie ab und brachte sie auf Geschichten über Verbrechen, die in der Stadt verübt worden waren. Es kam zu viel Kopfschütteln und allgemeinen Klagen über den traurigen Zustand dieser modernen Welt. Zum Glück konnte Elizabeth sie dazu überreden, zu diesen Gesprächen in den Speisesalon zurückzukehren.
     
    Jetzt dämmert fast der Morgen. Collins ist noch nicht zurückgekehrt. Langsam beginne ich zu glauben, dass er vielleicht nie zurückkehren wird. Das ist lästig … aber kein unüberwindbarer Rückschlag. Es gibt eine Menge Männer wie ihn in der Stadt, die, wenn man sie gut bezahlt, jede Lüge glauben werden, die ich ihnen auftische. Wenn Collins nicht zurückkehrt, werde ich noch heute jemand anderen dafür engagieren, um mit der Suche nach dem Besitz des Vampirs zu beginnen.
    Ich habe nicht geschlafen, kann nicht schlafen.
    Hier im Arbeitszimmer ist es sehr heiß, trotz der zerbrochenen Fensterscheiben. Ich höre ein dauerndes Dröhnen in meinen Ohren, und jenes seltsame, angespannte Gefühl in meiner Brust hat sich wieder eingestellt. Zu denken, dass bald nichts dergleichen mich mehr peinigen wird!
    Ich höre Carstairs an der Tür, ohne Zweifel mit dem Frühstück. Vielleicht legt sich der Schmerz, nachdem ich gegessen habe.
     

24
     
    Der Tod von Campbell jr. war der Traum eines jeden Klatschreporters. »Millionärssohn stirbt im Horrorhaus«, schrien es die Schlagzeilen hinaus. Jung und gut aussehend, starrte einen Philips Bild von jedem Titelblatt aus an. Der Sektenmord wurde in allen entsetzlichen Einzelheiten auf den Innenseiten wieder hochgewürgt. Der außerhalb Torontos lebende Eigentümer des Gebäudes, der die Leiche während einer Inspektion des Hauses gefunden hatte, ließ abermals diverse Interviews über sich ergehen.
    Am nächsten Tag las Martin Rooke die Einzelheiten, welche die Zeitungen nicht abdruckten. Die Polizei wusste nicht viel. Philip war an inneren Verletzungen und einem Bruch der Wirbelsäule im Genickbereich gestorben, die er sich bei seinem Sturz vom Treppenabsatz im obersten Stock des unseligen »Horrorhauses« zugezogen hatte. Der Alkoholgehalt in seinem Blut war zu niedrig, um ihn im juristischen Sinne als betrunken zu qualifizieren, aber er hatte eindeutig vor seinem Tod Alkohol zu sich genommen. Niemand wusste, weshalb er das Haus aufgesucht hatte. Er war am Samstagabend bis halb elf mit Freunden zusammen gewesen, seitdem hatten sie ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen. Die Polizei befragte Kneipenwirte und Ladeninhaber entlang der Yorkville Avenue und versuchte, auf diese Weise herauszufinden, wo er sich vor seinem Tode aufgehalten hatte.
    Und der Gerichtsmediziner hatte die Tatortermittler gebeten, den Ort seines Todes noch einmal zu untersuchen. Um das Blut zu finden, das aus Philips Leiche fehlte.
    Die nächste Sendung von Unterlagen brachte ihm weitere Einzelheiten. Campbell war um dreiundzwanzig Uhr in Gesellschaft einer jungen Frau in einem Café gesehen worden. Eineinhalb Stunden später war er tot. Nach der Beschreibung war die junge Frau mit einem schwarzen Kleid und einem Hut bekleidet gewesen und hatte eine Brille mit aufgesetzten Sonnenbrillengläsern getragen.
    Unter dem offiziellen Bericht fand er eine handschriftliche Notiz. »Straßenmusiker bei Autounfall am 10. Juni getötet – Freund behauptet, er habe seine letzte Stunde mit einer ›seltsamen‹ Frau in Schwarz verbracht. Autopsieberichte melden etwas reduziertes Blutniveau, aber nichts Schlüssiges. Gehe der Sache nach.« Rooke schnaubte. Er war nicht sicher, ob ihm der Bericht gefiel oder nicht. Ihm war es gleichgültig, ob Philip Campbell jr. von einer Frau in Schwarz oder von einem Transvestiten in rosafarbenem Chiffonkleid getötet worden war. Er musste des grauhaarigen Ungeheuers habhaft werden. Der Blutverlust hingegen war wichtig.
    Hatte dieses Tier angefangen, seine Opfer mit Hilfe anderer zu rekrutieren? Setzte es Frauen als Lockvögel ein? Das war eine Methode der Jagd, mit der man sich nicht den Blicken der

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