Die Nacht in mir: Roman (German Edition)
Ketten, eine Göttin. Sie hatte ihre eigene Unterwerfung völlig unter Kontrolle und verfügte über die Macht, ihre eigene Ekstase zum höchsten Ziel der Person zu machen, die sie unterwarf. Hier würde sie nichts als das nächste Opfer sein, das Gefäß für die Träume anderer. Und an all dem war nichts Erotisches.
Bitte, lieber Gott, ich weiß, dass ich nicht an dich glaube, aber bitte, Gott, lass nicht zu, dass sie mir das antun, betete sie hilflos, während vier der Erwählten sich zu einem letzten Angriff um die Braut versammelten.
Als sie fertig waren, hoben sie ihren von Schluchzen geschüttelten Körper auf und legten ihn vor dem Bräutigam auf den Tisch. »Schnitt!«, schrie Leseur, und Ardeth atmete in einem langen Schaudern aus. Sie waren fertig, es war vorbei, dachte sie erleichtert.
»Eine letzte Szene noch. Die beste von allen«, bemerkte Roias, als könne er ihre Gedanken lesen. In der Kulisse scheuchte Leseur die Gäste und den Bräutigam fort. Greg hatte der Braut einen Umhang gebracht und sie eingehüllt. Er half ihr, auf einem der Stühle Platz zu nehmen.
»Du warst großartig, Baby, wunderbar«, sagte er und wischte ihre Tränen weg. Ardeth konnte ihre Stimmen schwach durch das geschäftige Treiben in der Kulisse hören.
»Kann ich jetzt welches haben, Greg?«, fragte sie mit zitternder Stimme.
»Hör zu, Honey, wir haben einen Deal gemacht. Du erledigst diesen Job für mich, und ich gebe dir all den Stoff, den du haben willst. Du hast nur noch eine Szene vor dir.«
»Bitte, Greg. Ich … ich brauch’s jetzt. Ich hab das alles für dich getan, bitte … nur ein klein wenig«, flehte das Mädchen.
»Suzy«, der Name klang wie eine Warnung. »Erst wenn alles vorbei ist, so wie ich’s versprochen habe.« Er küsste sie kurz auf die Stirn. »Nur noch eine Szene. Für mich.« Suzy starrte ihn einen Augenblick an, und ihr Mund arbeitete, als wollte sie noch einmal betteln. Dann biss sie sich auf die Lippen und nickte langsam. »Das ist mein Mädchen. Du bringst diese Szene jetzt zu Ende, und dann kriegst du so viel du willst.« Sie legte den Kopf an seine Schulter, und Ardeth wandte den Blick ab, zwischen Wut und Mitleid hin-und hergerissen.
Die Kulisse war jetzt mit Ausnahme von Leseur, einem der Kameraleute, Suzy und Greg völlig leer. Leseur bewegte die Hauptkamera näher ans Podest heran und gab dem verbliebenen Kameramann Anweisungen bezüglich der besten Aufnahmeposition. Als der Schauspieler, der den Bräutigam mimte, dicht gefolgt von Wilkens, wieder auftauchte, verabschiedete Greg Suzy mit einem schnellen Kuss auf ihren übel zugerichteten Mund und verschwand durch die Tür. Ardeth sah zu, wie der Bräutigam auf seinen Platz zurückkehrte. Etwas an seiner Haltung unter dem schwarzen Umhang, die Art, wie er den blassen Kopf hinter der Ledermaske geneigt hielt, machte sie unruhig. Sie spürte, wie ihre Handflächen kalt und feucht wurden, und presste sich so tief in ihren Stuhl, wie sie es wagte.
»Endlich«, schnaubte Leseur mit einem Blick auf Wilkens. »Also gut, meine Liebe, bitte nimm deinen Platz ein.« Suzy ließ ihren Mantel fallen und ging etwas schwankend zur Vorderseite des Tisches. Sie fröstelte, und Ardeth erwartete, dass Leseur sagen würde, sie solle sich zusammenreißen. Aber der Regisseur sagte nichts, als das Mädchen sich auf dem Tisch zurechtlegte. Die Spuren der vorangegangenen Szene waren noch rot in ihre Haut eingeätzt.
Wilkens wimmelte hinter dem Bräutigam herum und beugte sich dann vor, um ihm hinter seiner Maske etwas zuzuflüstern. Der Mann nickte langsam. Mit einem letzten warnenden Blick entfernte Wilkens sich von dem Podest. »Fertig?«, rief Leseur, und der Kameramann nickte leicht. »Kamera ab!«
Die Hand des Schauspielers schoss in die Höhe und griff in Suzys zerzaustes blondes Haar. Sie wimmerte leise, als er sie vom Tisch zerrte und neben sich stellte. Ardeth wusste, dass sie den Schmerz und die Furcht nicht spielte.
Die andere schmale, langfingrige Hand des Bräutigams schob sich langsam an der Seite des Mädchens nach oben, von der Hüfte bis hinauf zur Brust, verweilte dort einen Augenblick. Suzys Augen schlossen sich unter der Liebkosung, und Leseur schrie: »Die Augen auf!«
Sie gehorchte, und Ardeth brauchte das Gesicht des Mädchens gar nicht erst zu sehen, um zu wissen, dass in den blauen Tiefen Tränen standen. Die Hand des Bräutigams verstärkte den Griff in ihrem Haar und zog den Kopf nach hinten, so dass der Hals deutlich
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