Die Nacht mit dem Wuestenprinzen
treffen.“ Tief durchatmend straffte sie die Schultern. „Er wird nicht erfreut sein, wenn er hört, dass ich hier war und Sie mich weggeschickt haben.“
Das entsprach nicht ganz der Wahrheit, denn es konnte gut sein, dass Rafiq sie abwies. Trotzdem musste sie es versuchen.
Der junge Mann nickte kurz und telefonierte dann auf Arabisch. Als er das Gespräch beendet hatte, sagte er wesentlich freundlicher als zuvor: „Der Scheich wird Sie empfangen.“
„Scheich?“, entfuhr es ihr. „Ich dachte, er sei … er sei der Präsident der Royal Bank of Dhahara.“
Der Angestellte musterte sie kurz. „Die Bank gehört der königlichen Familie.“
„Und was hat das mit Rafiq zu tun?“
Fast zuckte er zusammen, als sie Rafiq so einfach beim Vornamen nannte. „Der Scheich gehört zur königlichen Familie“, erklärte er frostig.
Ehe sie etwas erwidern konnte, öffneten sich die Fahrstuhltüren zu ihrer Linken, und Rafiq erschien höchstpersönlich.
Er trug einen schwarzen Anzug mit blütenweißem Hemd. Sein schwarzes Haar schimmerte, und sein Gesichtsausdruck schien Tiffany noch arroganter zu sein als in ihrer Erinnerung.
Eingeschüchtert und verlegen stand sie vor ihm und sagte kleinlaut: „Hi.“
„Tiffany.“
Sein Blick verriet nicht, was er fühlte, als er sie aufforderte: „Komm mit.“
Während sie neben ihm zum Lift ging, liefen die Bilder jener wilden Nacht mit ihm vor ihrem geistigen Auge ab. Sie konnte sich nicht dagegen wehren. Lust und Scham, Verlangen und Angst. Da waren sie wieder, diese Gefühle. Alle auf einmal. Tiffany war so sicher gewesen, dass sie Rafiq nie wiedersehen würde. Doch weit gefehlt. Unwillkürlich legte sie eine Hand auf ihren Bauch.
Ihr Baby …
Als sie im Fahrstuhl standen, fuhren sie zu Tiffanys Überraschung abwärts. Ihr Magen drohte zu revoltieren, und sie biss die Zähne zusammen. Unten öffneten sich die Türen zu einem hellen Parkdeck, wo mit laufendem Motor ein schwarzer Mercedes wartete. Rafiq öffnete die hintere Wagentür.
Sie zögerte. „Wo …“
„Hier in der Bank können wir nicht ungestört reden.“
Wahrscheinlich war es ihm peinlich, dass sie hier aufgetaucht war. Tiffany schwieg und ließ sich auf den Ledersitz gleiten. Dabei sagte sie sich wieder und wieder, dass sie das alles nur für ihr Baby tat. Nicht für sich. Nicht für Rafiq. Nur für das ungeborene Kind. Sie durfte einfach keine Angst zeigen.
Es ging einzig und allein darum, ihrer Tochter in der Zukunft Kontakt zu ihrem Vater zu ermöglichen. Dazu bedurfte es einvernehmlicher Regelungen, und um diese zu treffen, war Tiffany hier. Doch das Land war fremd, der Mann an ihrer Seite ein arabischer Scheich. Was war, wenn er das Kind einfach behielt?
Nein, dachte sie. Er ist zwar ein Scheich, aber er ist ein Geschäftsmann, der in England und Amerika erzogen wurde. Er leitet eine Bank und kann sich keinen öffentlichen Skandal leisten.
Schweigend fuhren sie durch die Stadt und hielten eine Viertelstunde später vor einem reich verzierten Portal, flankiert von zwei uniformierten Wachen. Rafiq half ihr aus dem Wagen und führte sie die Stufen hoch. Automatisch öffneten sich die Türflügel, und sie betraten eine Vorhalle mit Kuppelgewölbe.
Tiffany sah sich staunend um. Die Pracht und Größe des Anwesens waren überwältigend. „Wo sind wir?“
„In meinem Haus.“
Auf dem polierten dunklen Holzboden lagen persische Teppiche, und an den tiefblauen Wänden hingen Originalgemälde. Doch Tiffany wollte sich nicht beeindrucken lassen. „Wo können wir reden?“, fragte sie.
Er lächelte zynisch. „Reden? Unsere Kommunikation findet doch eher auf andere Weise statt. Ich dachte, deswegen wärst du hier.“
Wie gemein er sein konnte. Sie presste die Lippen zusammen. „Ich muss mit dir sprechen.“
„Jedes Mal, wenn wir uns sehen, kostet es mich Geld“, bemerkte er sarkastisch.
Seine Worte bewiesen ihr, wofür er sie hielt. Was würde er sagen, wenn er wüsste, dass sie schwanger von ihm war? Erneut fürchtete sie sich.
„Ich bin nicht hierhergekommen, um Geld von dir zu verlangen, Rafiq.“
„Da kann ich ja aufatmen.“
Er ging voraus durch einen langen Flur, der von antiken Tapisserien gesäumt wurde. Tiffany widerstand dem Impuls, stehen zu bleiben, um die Wandbehänge genauer zu betrachten.
„Fürs Erste werde ich also nicht über dich urteilen und abwarten, was du mir zu sagen hast“, fuhr er fort.
Er glaubte ihr nicht. Seiner Meinung nach ging es ihr nur um Geld.
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