Die Nacht von Granada
Flammen. Rettet mich, um der Gnade des Herrn willen! Seid barmherzig, ich flehe euch an. Werft mich diesen Bestien Allahs nicht zum Fraß vor!«
Fuego fauchte ihn an, als wollte er ihn zerfleischen. Nuri gelang es, ihn zu packen und wieder zu beruhigen.
»Die Wunde muss gesäubert und verbunden werden«, sagte Pilar knapp. »Machst du dich gleich daran, Djamila?«
»Ihr lasst mich bei euch bleiben?« Emilio fiel auf die Knie. »Wie soll ich euch das nur danken? Der gütige Gott im Himmel soll euch tausendfach dafür belohnen!«
»Ich bin noch immer dagegen«, wehrte sich Antonio. »Dieser Mann ist es nicht wert, dass man …«
» Was du dem Geringsten meiner Brüder angetan hast, das hast du mir getan«, sagte Pilar leise. »Erinnerst du dich, Schwager? Miri und ich haben damals fremden Schutz genossen, der uns gerettet hat. Das habe ich niemals vergessen!«
»Halunken wie er ändern sich niemals. Nicht einmal in Lebensgefahr.« Der Goldschmied schüttelte den Kopf. »Sie schnappen nach der Hand, die ihnen das Futter reicht. Sobald du ihnen den Rücken zukehrst, fallen sie erneut über dich her. Er gehört zu dieser Sorte, das weiß ich. Lasst die Finger von ihm!«
»Er ist ein Mensch, Antonio, ein Mensch in großer Not, trotz allem.«
»Ich will aber nicht, dass Djamila dieses Schwein berührt.« Jetzt schrie er beinahe. »Du fasst ihn mir nicht an!«, befahl er ungewohnt harsch.
»Dann werde ich es eben machen.« Pilar drängte Emilio in die Küche, wo er sich trotz seiner Schmerzen neugierig umschaute.
»Geht ihr weg?«, fragte er, während Pilar Wasser in eine Schüssel goss und Leinen in breite Streifen zerriss.
»Wie kommst du darauf?«
Er schrie auf, als die Flüssigkeit mit seiner geschundenen Haut in Kontakt kam, dann schien er sich angesichts der tröstlichen Kühle allmählich zu entspannen.
»Weil so viele leere Haken über dem Herd sind. Da müssen noch vor Kurzem Töpfe und Näpfe gehangen haben. Wo wollt ihr denn hin?«
»Geht dich gar nichts an.« Pilar nahm ein Kännchen in die Hand. »Manchmal hilft es, ein wenig Honig daraufzuträufeln. Es kann die Wunde aber auch schlimmer machen. Was willst du? Entscheide dich!«
»Keinen Honig.« Emilios Blick war plötzlich misstrauisch geworden. »Wer weiß, was du mir wirklich antun willst!«
»Gerade noch hast du um dein Leben gebettelt – und jetzt schon wieder solche Sprüche?« Sie legte den Verband eine Spur fester an, als es eigentlich notwendig gewesen wäre, was ihn abermals schmerzerfüllt zusammenzucken ließ. »Mitnehmen werden wir dich ohnehin nicht.«
»Ihr wollt mich hier allein zurücklassen – schutzlos?« Sein Mund klappte auf und entblößte hässliche Zahnstummel. »Das dürft ihr nicht! Nicht in dieser Nacht.«
»Immerhin hast du dicke Mauern um dich herum, die dich schützen werden. Und gesunde Beine. Notfalls musst du sie eben noch einmal in Bewegung setzen. Und jetzt komm! Du kannst dich eine Weile in der Werkstatt aufhalten.« Ihr Mitgefühl von vorhin war verflogen. Plötzlich konnte es auch Pilar nicht schnell genug gehen, ihn wieder loszuwerden.
Sie schob ihn über die kleine Treppe nach unten und reichte ihm einen Krug Wasser und ein Öllicht.
»Ich schließe jetzt hinter dir ab«, sagte sie. »Und wenn wir gehen, dann lasse ich dich wieder heraus.«
»Du sperrst mich ein?« Emilio starrte sie vorwurfsvoll an. »Wieso?«
Weil Antonio vermutlich recht damit hat, wenn er dich für einen räudigen Köter hält, der über uns herfallen wird, sobald er Gelegenheit dazu hat, dachte Pilar. Sogar Fuego, der sonst jeden freundlich begrüßt, der das Haus betritt, hat etwas gegen dich.
»Besser für uns alle.« Damit verließ sie ihn.
»Wo ist er?«, wollten sie anderen von ihr wissen, als sie allein wieder zurückkam.
»Gut untergebracht«, sagte sie ausweichend und konnte nur hoffen, dass er nicht sein Ohr an die Tür gepresst hielt, um sie auszuspionieren. »Lasst uns jetzt alles zusammenpacken und dann ganz schnell aufbrechen. Mein Gefühl sagt mir, dass wir nicht länger damit warten sollten.«
»Aber der Hakim für Papa«, rief Nuri. »Du wolltest doch erst Hilfe holen!«
»Das kann ich auch noch vom blauen Haus aus«, sagte Pilar. »Lass ihn erst einmal zu uns zurückkehren! Wenn ich euch alle dort in Sicherheit weiß, wird mir bedeutend wohler sein.«
»Pilar, die Säule, die uns stützt«, sagte Antonio nachdenklich, während er die Decken so klein wie möglich zusammenlegte. »Daran ändert sich
Weitere Kostenlose Bücher