Die Nacht von Granada
Hyazinth«, sagte er währenddessen zu Kamal. »Ihr seid ein großer Meister. Wenn der ebenso schön wird, dann …«
Wütend war Gaspar zu seinem Neffen herumgefahren. »Hörst du endlich damit auf, den Schnabel aufzureißen? Du sollst hier schweigend lernen und dich nicht in alles und jedes einmischen.«
In den Augen des jungen Mannes blitzte Trotz.
»Warum geht Ihr nicht ein Weilchen nach nebenan, Seňor Díaz?«, schlug Antonio vor, um die unangenehme Situation zu entschärfen. »Unsere Haushälterin besucht gerade ihre kranke Großmutter. Doch meine Tochter würde sicherlich äußerst erfreut sein, Euch mit Tee und Gebäck bewirten zu dürfen!«
Zuerst sah es aus, als würde Miguel den Kopf schütteln und das freundliche Angebot ablehnen, dann aber schien er sich eines Besseren zu besinnen.
»Warum nicht?«, sagte er. »Wo finde ich sie denn?«
»Ich begleite Euch, wartet!« Antonio schob ihn durch die schmale Tür, die hinüber ins Haus führte. »Lucia!«, rief er. »Wir haben Besuch – durstigen Besuch!«
Beim Klang ihres Namens kam sie angelaufen und blieb sofort wie angewurzelt stehen.
»Meine Tochter Lucia«, sagte der Goldschmied. »Miguel, der Neffe eines Kunden, der sich schon auf deinen Minztee freut.« Mit diesen Worten verschwand er zurück in die Werkstatt.
»Du?«, sagte Lucia, als der erste Schreck sich gelegt hatte. »Das hast du ja fein eingefädelt!«
»Ich bin nicht minder überrascht, das kannst du mir glauben.« Sein Blick ließ sie nicht mehr los.
Nuri hat recht, dachte Lucia unwillkürlich. Seine Augen sind tatsächlich golden!
»Hör doch damit auf, dich zu verstellen!«, rief sie, damit er nicht erriet, was in ihr vorging. »Du bist mir heimlich nachgegangen. Regelrecht verfolgt haben musst du mich! Wie sonst könntest du wissen, wo ich wohne?«
»Nichts als purer Zufall«, beharrte er. »Mein Onkel hat die Werkstatt deines Vaters besucht und mich gebeten, ihn zu begleiten. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wen ich da antreffen würde.« Ein Schatten ging über sein Gesicht. »Kennst du den maurischen Steinschleifer schon länger?«, fuhr er fort. »Er schien ja ganz durcheinander zu sein. Beinahe hätte er seine eigene Arbeit zerstört. Dabei beherrscht er seine Kunst perfekt.«
»Er ist Nuris Vater«, hörte Lucia sich zu ihrer eigenen Überraschung antworten. »Sie wohnen gleich gegenüber.«
Beide musterten sich schweigend.
»Dann weiß ich ja, wo ich Fuego abliefern kann«, sagte Miguel nach einer Weile. »Der Kleine folgt mir schon jetzt wie ein Hündchen auf Schritt und Tritt. Wenn ich ihn noch länger behalte, wird es immer schwieriger für ihn werden, sich an andere Menschen zu gewöhnen.«
»Du willst wiederkommen?«, sagte sie leise und für einen Augenblick waren alle Gedanken an Rashid wie durch einen kräftigen Windstoß aus ihrem Kopf verschwunden.
»Warum nicht?«, fragte er, mit der Spur eines Lächelns auf den Lippen. »Möchtest du denn, dass ich wiederkomme, oder soll ich lieber Nuri fragen?«
Lucia zog die Schultern hoch. »Es ist besser, wenn du jetzt gehst«, sagte sie. »Bevor mein Vater noch einmal zurückkommt und feststellt, dass wir uns bereits kennen. Ich bin sicher, das würde ihm ganz und gar nicht gefallen. Und er kann sehr wütend werden, wenn ihm etwas gegen den Strich geht.«
»Das war keine Antwort«, sagte Miguel. »Könnte es sein, dass du zu feige dafür bist?«
»Ich und feige?« Lucia stieß ein angestrengtes Lachen aus. »Da schätzt du mich ganz falsch ein. Es ist mir ehrlich gesagt vollkommen egal.«
Dieser eitle Kerl sollte sich nur nicht zu viel einbilden!
»Dann adios .« Miguel deutete eine Verneigung an, die in ihrer Knappheit eher spöttisch als höflich wirkte. »Bis irgendwann, Fatima. Vielleicht.«
Sie sah ihm nach, wie er die Tür öffnete und nach draußen verschwand, und plötzlich wünschte sie, die Unterhaltung wäre ganz anders verlaufen. Aus einem jähen Impuls des Bedauerns lief sie ihm hinterher – blieb aber nach wenigen Schritten wie angewurzelt stehen.
Auf der Schwelle saß im Mondlicht Fuego und stieß ein kurzes Maunzen aus, als habe er nur darauf gewartet, endlich von ihr eingelassen zu werden.
4
D er kleine Kater schien nur noch Augen und Ohren für Nuri zu haben, seitdem sie den Innenhof betreten hatte. Hingebungsvoll schnüffelte er ihre Knöchel ab, gab sich alle Mühe, sich mithilfe seiner scharfen Krallen an ihren weiten Hosenbeinen emporzuhangeln, und war erst zufrieden, als er das
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