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Die Nacht von Granada

Die Nacht von Granada

Titel: Die Nacht von Granada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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aus, während sie neugierig dabei zusahen, wie einer jungen Verlobten eine warme Mischung aus Rosenwasser, Essig und Kleie ins Gesicht gepinselt wurde, die den Teint angeblich noch feiner machen sollte.
    Nur Saida fehlte, die sich geweigert hatte, das Haus zu verlassen, um Kamal rechtzeitig zu empfangen, wenn er von der Arbeit zurückkam. Stattdessen hatte Djamila sich erboten, die Mädchen zu begleiten, was alle drei auf seltsame Weise befangen machte, auch wenn niemand es laut aussprach. Die junge Maurin war weder Mutter, noch konnte sie sich offiziell Herrin eines Hauses nennen. Doch den eng begrenzten Status einer Dienerin hatte sie ebenfalls seit Langem verlassen. Das ganze Viertel mutmaßte oder glaubte zu wissen, dass sie Antonios Geliebte war, eine Bürde, die Djamila manchmal so schwer erschien, dass es sie es kaum noch schaffte, den zweideutigen Blicken aufrecht und mit erhobenem Kopf zu begegnen.
    Hier, im Badehaus, ohne den gewohnten Schutz der verhüllenden Kleidung, war es sogar noch schlimmer.
    »Was ist eigentlich mit deinem Vater, Nuri?«, rief auf einmal Hana, deren schwere Brüste das dünne Badetuch, in das sie sich gewickelt hatte, zu sprengen drohten.
    »Was soll schon mit ihm sein?«, fragte Nuri zurück, während Lucia am eigenen Körper spürte, wie sehr die Freundin innerlich sofort in Deckung ging. »Papa schuftet von früh bis spät auf der Roten Burg.«
    »Ich sehe ihn jetzt aber wieder öfter bei Antonio. Wollen die beiden ihr altes Geschäft weiterführen?«
    »Meinst du, das würde er ausgerechnet seiner Tochter auf die Nase binden?«, gab Nuri spitz zurück. »Da kennst du meinen Vater aber schlecht!«
    »War vielleicht jemand von euch dabei, als Amir den Rotkappen davongerannt ist?«, schaltete sich nun Lucia ein, um die Aufmerksamkeit der versammelten Frauen auf ein anderes Thema zu lenken. »Ich selbst war leider auf dem Markt, doch wie gern hätte ich es auch gesehen!«
    »Ja«, sagten zwei der Frauen im Chor. Und die ältere der beiden fuhr fort: »Das ganze Viertel hat innerlich gejubelt. Keiner, der sich nicht darüber gefreut hätte!«
    »Na ja, ich weiß nicht so recht«, ergriff erneut Hana das Wort. »Was uns Muslime betrifft, so stimmt das sicherlich. Aber dieser Mann mit dem schwarzen Barett, der schon öfters Antonios Werkstatt besucht hat, schien sich rein gar nichts daraus zu machen.«
    Lucia und Nuri tauschten einen raschen Blick.
    »Wer sollte das sein?«, fragte Lucia. »Ich hab bei meinem Vater noch nie einen Mann mit schwarzem Barett gesehen. Meinst du nicht vielleicht doch einen der Rotkappen?«
    »Wenn ich schwarzes Barett sage, meine ich das auch!«, kam es scharf zurück. »Kein Wunder, du bist ja auch ständig unterwegs. Wärst du meine Tochter, ich würde dir schon beibringen, wo dein Platz ist. Aber das sind ja zum Glück nicht meine Sorgen.«
    »Was ist mit ihm?«, mischte sich nun Nuri ein.
    »Du kannst ihn ja erst recht nicht kennen, denn deine Mutter weiß, was sich gehört. Schon mehrfach hab ich ihn in letzter Zeit in Antonios Werkstatt verschwinden sehen. Natürlich nur von meinem schicklichen Fensterplatz aus, wo keiner mich erkennen kann.«
    »Womöglich auch am Tag von Amirs Flucht?« Nuris Stimme zitterte leicht.
    Hana nickte. »Da ging er ebenfalls hinein zu Antonio, während Kamal bei all den anderen auf der Gasse stand. Und kam nach Kurzem wieder herausgerannt, als wäre ihm auf einmal ein ganzes Heer von Dämonen auf den Fersen. Dabei ist es doch ein christliches Haus, aus dem er so eilig fliehen musste – jedenfalls ein überwiegend christliches Haus.«
    Lucia wechselte mit Nuri vielsagende Blicke, während Djamila verlegen zu Boden schaute.
    »Du kennst also diesen Mann?«, sagte sie schließlich. »Dann weißt du ja vielleicht auch seinen Namen.«
    »Natürlich nicht!« Hana sprang von der Ruhebank auf, als hätte man sie gestochen, und begann aufgebracht zu gestikulieren. »Ich kann dir den Namen meines Mannes nennen und die Namen der Söhne, die ich ihm geboren habe. Für wen hältst du mich? Ich habe zwar Augen so scharf wie die eines Falkenweibchens, aber ich kenne keine anderen Männer!«
    Unmissverständlicher hätte Hana ihre Abscheu vor einer Muslima, die das Bett mit einem christlichen Dienstherrn teilte, kaum zum Ausdruck bringen können.
    Die junge Maurin öffnete den Mund und schloss ihn wieder, ohne auch noch einen einzigen Ton hervorzubringen.
    »Aber würdest du ihn wiedererkennen?« Nuri war aufgesprungen und Hana

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