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Die Nacht von Granada

Die Nacht von Granada

Titel: Die Nacht von Granada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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hinterhergeflitzt. »Diesen Mann mit dem schwarzen Barett, der in der Werkstatt war?«
    »Ich hätte wohl besser erst gar nicht davon anfangen sollen!« Hana verdrehte die Augen, bis nur noch das Weiße zu sehen war. »Das hat man jetzt von seiner Gutmütigkeit!«
    »Bitte, Hana«, sagte Nuri eindringlich. »Es könnte wichtig sein!«
    »Wozu?«
    »Das darf ich dir leider nicht verraten«, flüsterte Nuri. »Noch nicht!«
    Hana hatte den Köder geschluckt. Das erkannte Nuri an der Art, wie sie eifrig nickte.
    »Etwa ein Geheimnis?«, flüsterte sie zurück.
    »Ein riesengroßes sogar. Aber du wirst die Erste sein, die davon erfährt!« Die Lüge ging ihr glatt und einfach über die Lippen.
    »Jederzeit würde ich ihn wiedererkennen.« Hanas Stimme hatte wieder ihre übliche Lautstärke. »Eine Visage wie die seine vergisst man nicht.«
    »Das muss gar nichts heißen«, murmelte Djamila, als die drei auf dem Heimweg waren. »Jeder im Albaycín weiß, dass Hanas Geschichten schnell in den Himmel wachsen. Wie eine Spinne liegt sie hinter ihrem Gitter auf der Lauer …«
    »Und wenn doch?«, fiel Lucia ihr ins Wort. »Wir müssen unseren Vätern sofort davon erzählen!«
    »Was aber, wenn ihr ihnen Hoffnungen macht, die dann doch nur enttäuscht werden?«, protestierte Djamila. »Antonio ist schon bedrückt genug. Ihr solltet lieber vorsichtig mit irgendwelchen vagen Behauptungen sein!«
    Offenbar hatte der Vater Djamila in das Drama um den verschwundenen Stein eingeweiht, was Lucia irritierte und wehtat, weil er seiner eigenen Tochter nicht ein Sterbenswörtchen davon verraten hatte. Doch wie viel wusste die junge Maurin wirklich? Genoss sie tatsächlich sein ganzes Vertrauen, wie es schien, oder hatte sie lediglich nur ein paar Andeutungen mitbekommen und sich den Rest zusammengereimt?
    »Genau, das müssen wir«, rief nun auch Nuri. »Und dann werden wir diesen Mann schon ausfindig machen, der …«
    »Du ganz bestimmt nicht«, unterbrach Djamila ihren Redefluss. »Dafür wird schon deine Mutter sorgen. Eine anständige Muslima …«
    »Wenn du so weiterschreist, weiß bald das ganze Viertel Bescheid«, zischte Lucia und musste trotz aller Befürchtungen plötzlich lächeln.
    Mit hoch erhobenem Schwanz kam ihnen Fuego entgegenstolziert, drehte um und schritt nun majestätisch neben ihnen her, als hätte er nur darauf gewartet, seine beiden Herrinnen endlich wieder sicher nach Hause zu geleiten.
    »Sieh an – die Damen sind vom Bad zurück!«
    Consuelo, eine der wenigen Christinnen im Viertel, die ihrem Mann regelmäßig mit grundlosen Eifersuchtsanfällen die Hölle auf Erden bereitete, trat ihnen entgegen. Alle im Albaycín mochten den anständigen, stets gut gelaunten Zimmermann Pedro, dem es einerlei war, ob er für Glaubensgenossen oder Andersgläubige sein Holz bearbeitete; sie jedoch hatte es sich wegen ihres zänkischen Wesens mit nahezu allen verscherzt.
    Keine der drei jungen Frauen verspürte Lust auf eine Antwort.
    Consuelo, die den Widerstand spürte, stellte sich quer, um sie am Weitergehen zu hindern. »Und die kleine Lucia Álvarez auch fleißig mit dabei! Seltsam, wo das Mädchen doch christlich getauft ist und eigentlich bessere Sitten kennen müsste. Deine arme Mutter würde sich im Grab umdrehen, könnte sie dich so sehen. Sich vor anderen vollkommen zu entblößen – wie schamlos und widerlich! Ich wollte lieber sterben, als so etwas zu tun.« Jetzt ging sie Lucia direkt an. »Oder bist du etwa heimlich zu den Moslems konvertiert? Bei diesem Umgang warte ich eigentlich schon lange darauf!«
    »Aus dem Weg!«, sagte Djamila mit mühsamer Beherrschung.
    »Das wagst du mir zu befehlen?«, rief Consuelo in herrischem Tonfall. »Ausgerechnet du?«
    »Die Gasse gehört uns allen.«
    »Werd bloß nicht unverschämt, sittenlose Maurendirne!« Auf den fleischigen Wangen Consuelos brannten rote Flecken. »Glaubst du vielleicht, ich wüsste nicht, was ihr hinter euren vergitterten Fenstern treibt? Dein Goldschmied wird dir schon bald nicht mehr helfen können. Bald wird ohnehin keiner von eurem Pack mehr hier leben dürfen. Weil ihr dann nämlich alle getauft sein müsst oder die Stadt zu verlassen habt. Ja, starr mich nur an, als könntest du nicht bis drei zählen! Du hast mich schon richtig verstanden. Mit der Maurenherrlichkeit in Granada ist es bald für immer vorbei!«
    Sie lachte schrill, warf den Kopf zurück und verschwand um die Ecke, während Djamila und die Mädchen sich beeilten, nach Hause zu

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