Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nacht von Granada

Die Nacht von Granada

Titel: Die Nacht von Granada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
Vom Netzwerk:
sprang mit einem eleganten Satz auf den Fenstersims.
    »Er scheint sich zu erinnern«, sagte Lucia. »Schließlich war das hier ja mal sein Zuhause.«
    Fuego hob seine Vorderpfote und begann sich zu putzen. Dann drehte er sich um und stupste mit dem Kopf gegen den hölzernen Fensterladen, der sich mit einem Knarren langsam öffnete.
    Auf einmal war der kleine Kater verschwunden.
    »Hast du das gesehen?«, flüsterte Lucia. »Das Fenster dahinter muss auf sein. Ich hab es doch gewusst – kluger Fuego!«
    »Aber wie sollen wir da hinaufkommen?« Nuri starrte verzweifelt auf den Sims. »Ich schaffe das nie!«
    »Natürlich schaffst du das! Du legst deine Hände ineinander, ich steige rauf, hangle mich nach oben – und wenn ich erst mal drinnen bin, ziehe ich dich nach.«
    »Aber ich hab solche Angst!«
    »Meinst du vielleicht, ich nicht? Aber was bleibt uns anderes übrig? Mach schon – Wir müssen endlich den Stein finden!«
    Nuri ächzte und stöhnte, als Lucia in ihre Hand stieg, denn trotz ihrer Schlaksigkeit war sie alles andere als leicht, und Nuri fürchtete schon, die Kräfte würden sie verlassen – dann ließ der Druck nach, und sie sah Lucia katzengleich auf dem schmalen Sims hocken.
    Plötzlich eine Bewegung am Fenster, die Läden gingen auf, lautes Plumpsen, ein Schrei.
    Der Sims war leer.
    Eine ganze Weile tat sich nichts, während Nuri vor Angst kaum noch zu atmen wagte.
    Hatte Gaspar Lucia entdeckt und sie bedroht oder gar verletzt? Tausend verschiedene Gedanken wirbelten durch Nuris Kopf, während sie sich sehnlichst wünschte, sicher und geborgen daheim in ihrem Bett zu liegen.
    Dann öffnete sich plötzlich die Haustür. Auf der Schwelle stand Miguel, einen Kerzenleuchter in der Hand, neben ihm Lucia, die verlegen lächelte.
    »Herein mit dir!«, sagte er zu Nuri. »Liebend gern möchte ich auch die zweite junge Dame begrüßen, die unser Haus so überraschend mit ihrem nächtlichen Besuch beehrt!«
    Nuri folgte ihm beklommen, während Lucia auf ihn einredete.
    »Dein Onkel muss den Stein haben! Eine Nachbarin hat ihn genau beschrieben – als den Mann mit dem schwarzen Barett, der am Tag von Amirs Flucht in der Werkstatt war …«
    »Willst du damit etwa sagen, dass der Hyazinth nicht mehr da ist?« Der Schreck stand Miguel ins Gesicht geschrieben.
    »Er wurde gestohlen!«, rief Lucia. »Und zwar von keinem anderen als Gaspar. Wo ist er überhaupt? Im Obergeschoss? Kann er uns hören?«
    »In der Taverne«, sagte Miguel. »Und da bleibt er wohl auch noch eine ganze Zeit.«
    »Dann lass uns suchen!« Ungeduldig griff sie nach seiner Hand, ließ sie aber gleich wieder los, als sie Nuris verletzten Blick spürte. »Wenn der Stein nicht wieder auftaucht, wird man unsere Väter verhaften und verurteilen. Wo hier im Haus könnte er ihn versteckt haben?«
    »Nirgendwo, wenn ihr mich fragt«, rief Miguel. »Was macht das alles denn für einen Sinn? Kamal erst den Stein zur Bearbeitung übergeben und ihn ihm dann wieder wegnehmen?« Eine Locke war ihm in die Stirn gefallen, was ihn jünger und verletzlicher aussehen ließ. »Wie könnt ihr euch überhaupt so sicher sein?«
    »Es ist unsere einzige Hoffnung«, sagte Nuri leise. »Wenn man Papa hinrichtet – das überlebe ich nicht.«
    »Mein Onkel ist doch kein Verbrecher!« Miguel schüttelte den Kopf. »Dafür kenne ich ihn viel zu gut. Ein seltsamer Kauz, der es sich gern mit anderen verdirbt, das ja! Aber ein hinterlistiger, gemeiner Dieb …«
    »Bitte!« Nuris dunkle Augen hingen an seinem Gesicht. »Du musst uns helfen!«
    Ein Ruck schien durch Miguels Körper zu gehen, dann nickte er langsam.
    »Also gut«, sagte er. »Fangen wir an!«
    Es gab eine kleine Werkstatt im Untergeschoss, der man ansah, dass hier nur gelegentlich gearbeitet wurde, dort begannen sie. Öffneten Truhen und Verschläge, Kisten und Kästchen – alles vergeblich.
    »Du kennst den Stein ja wenigstens«, sagte Lucia zwischendrin. »Was die Suche einfacher machen könnte. Nuri und ich haben ihn niemals gesehen.«
    »Man kann hier nur finden, was hier auch versteckt ist«, lautete seine Antwort.
    Als Nächstes kam die Küche an die Reihe, wo sie jeden Topf, jeden Becher zweimal umdrehten, die Vorratskammer mit all ihren Säcken und Amphoren, dann der große Raum mit dem langen Eichentisch.
    Irgendwann waren sie im Obergeschoss gelandet. Lucia durchsuchte das Schlafzimmer Gaspars, während Nuri Miguel mit klopfendem Herzen in den nächsten Raum gefolgt war.
    »Hier schläfst

Weitere Kostenlose Bücher