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Die Nacht von Shyness

Die Nacht von Shyness

Titel: Die Nacht von Shyness Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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so was sein wie ihr Sandkastenfreund Wie-hieß-erdoch-gleich?
    »Ich mach das für dich«, sagt sie, auch wenn sie immer noch wütend aussieht.
    Ich hab dich aber nicht darum gebeten , möchte ich sagen. Ich hab sie überhaupt nicht um ihre Hilfe gebeten. Bin ich so verkorkst, so ein hoffnungsloser Fall, dass sie sich einmischen muss?
    Einen kurzen Augenblick lang sehe ich mich mit ihren Augen. Ein Typ, der zu träge und zu feige ist, um etwas zu unternehmen, wenn es nötig wäre. Ich bin die Mühe nicht wert , würde ich am liebsten sagen. Wieder ballen sich meine Fäuste zu einem Phantomschlag und ich wüsste nicht, wem ich als Erstes einen verpassen würde. Ich bin so durcheinander. Wenn ich hier noch länger rumsitze und grübele, platzt irgendwas in meinem Schädel. Also stehe ich auf und stopfe die Karte in die Hosentasche. Der Zaun ragt hoch vor uns auf.
    »Na los. Ich zieh dich hoch.«

achtzehn
    Jetzt, wo ich im Schatten von Orphanville liege, merke ich doch, wie mich die Angst packt. Eigentlich müsste ich erleichtert sein. Es wird Zeit, dass ich die Sache ernst nehme. Wolfboy ist nervös. Ich sehe es an seiner Körperhaltung: gespannt wie ein Bogen, bereit zum Einsatz. Nicht, dass ich die Kidds für harmlos halte, aber bis jetzt war ich einfach nur fasziniert. Fasziniert von dem Augenblick an, als ich Wolfboy gesehen habe. Ich konnte nur deshalb mit Höchstgeschwindigkeit in die schwarze Nacht sausen, ohne zu wissen, was vor mir lag – mit dem Geräusch von Wolfboys Rädern als einzigem Anhaltspunkt, weil ich das Gefühl hatte, heute Nacht könnte etwas Magisches passieren.
    Aber das hier ist etwas anderes. Es ist echt. Das blasse, spärliche Gras unter meinen Fingern ist echt, der Zaun und die Gebäude vor mir sind echt, und dass Wolfboy jetzt so genervt von mir ist, das ist noch echter als alles andere. Ich atme ein paar Mal tief durch. Den ersten Zaun haben wir geschafft und wir sind schon fast beim zweiten, der noch höher ist, mit Stacheldraht obendrauf. Jenseits des Zauns sind dunkle Wiesen, nichts als Schwärze, dann kommen die Hochhäuser. Ihre Umrisse sind verschwommen, aber aus dem Schachbrett der Lichter kann ich mir ihre Formen erschließen.
    Ich gehe alles durch, was Blake uns erzählt hat.
    Nehmt euch vor den Fallen in Acht. Selbst die jüngsten Kidds sind gut im Fallenstellen.
    Geht Kidds aus dem Weg, die auf Zucker sind, es sei denn, ihr wollt mit jemandem kämpfen, der keinen Schmerz spürt.
    Helft keinen kleinen Kidds, die hilflos oder verletzt wirken. Die Kleinsten benutzen sie als Köder.
    »Glaubst du, Lupes Kreis hat uns vor den Piraten geschützt?«
    Ich brauche etwas, das mich beruhigt. Wie gern würde ich glauben, dass wir immer noch in Sicherheit sind. Ich stütze mich auf einen Ellbogen, um zu sehen, was im Jenseits vor sich geht. Keine Ahnung, wieso ich flüstere, es ist niemand in Sicht. Ich hatte mit Wachen gerechnet, aber bisher nichts. Orphanville wirkt ruhig und verschlafen.
    Wolfboys Antwort kommt abrupt. »Das waren keine Piraten, das waren Kinder.«
    Er ist immer noch stinkig. Ich dachte, er würde sich freuen, meinen richtigen Namen zu erfahren. Offenbar nicht. Ihm zuliebe hab ich meinen ganzen Abend geopfert. Ich verstehe, dass er keinen Ärger will, und ich verstehe, dass diese Typen seiner Freundin Blake richtig wehgetan haben, aber ich verstehe nicht, dass er sauer auf mich ist statt auf die Kidds. Ich schaue zum ersten Zaun zurück, zu den Silhouetten unserer Räder, die daran lehnen. Wir hätten sie auf den Boden legen oder irgendwo im Gebüsch verstecken sollen. Wenn einer vorbeikommt und die Räder sieht, weiß er sofort, dass jemand über den Zaun geklettert ist.
    »Wir müssen was von dem Krempel loswerden.«
    »Wieso hast du so viel mitgenommen?«
    , frage ich, während Wolfboy den Inhalt des Rucksacks auf den Boden kippt.
    »Ich wusste nicht, was wir brauchen.« Er sieht mich nicht an. »Wir hatten es eilig, da hab ich einfach alles eingepackt.«
    »Schmeiß bloß nicht meine Sachen weg. Die sind im vorderen Fach. Ohne mein Handy und meine Hausschlüssel bin ich am Arsch.« Die Handtasche hab ich mir von meinem ersten Lohn vom Callcenter gekauft. Ich will heute Nacht nicht noch mehr verlieren.
    Das Einzige, was ich außer der Ukulele bei mir trage, ist die Kreditkarte. Die hab ich sicherheitshalber in meinen BH gestopft. Ich nehme Wolfboy die Karte ab, während er seinen Rucksack durchgeht, und versuche, die Zeichnung mit dem in Einklang zu bringen, was ich

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