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Die Nacht von Shyness

Die Nacht von Shyness

Titel: Die Nacht von Shyness Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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sich, wenn sie wüsste, dass ich es verloren habe.
    Am Ende des Parkplatzes erkenne ich das Dach eines Hochhauses und dahinter die anderen Hochhäuser, wie sie sich in die Nacht erheben. Die Fenster bilden Querstreifen in den Häusern und in der Mitte verläuft eine Lichtsäule, vermutlich ein Treppenhaus oder ein Aufzugschacht. Am Muster der Lichter kann man erkennen, welche Gebäude belebter und gefährlicher sind. In dem nächstgelegenen Haus sind weniger als ein Viertel der Lichter an.
    Es muss den Kidds sehr cool vorkommen, ohne Eltern und ohne Erwachsene zusammenzuleben, ohne irgendwen, der ihnen Vorschriften macht. Wäre ich jünger gewesen, als die Dunkelheit kam – wer weiß, vielleicht hätte ich mich ihnen angeschlossen.
    »Was war noch mal der Plan?«
    , fragt Wildgirl.
    Es hat eine Menge Mut gekostet, durch den Zaun zu kriechen. Ich suche nach meinem Ärger, aber er ist verraucht. Sie muss das hier nicht tun und setzt mir nicht die Pistole auf die Brust, damit ich es tue. Ihr zuliebe muss ich es so einfach wie möglich machen. Schade, dass wir nicht über den Einbruch in Orphanville hinaus gedacht haben.
    Ich ziehe Blakes Karte aus der Tasche. Sie wird allmählich dünn an den Knickfalten. Ich versuche sie mit dem abzugleichen, was wir vor uns sehen, stattdessen verwandelt sie sich in ein wildes Durcheinander aus Kritzeleien. Ich seufze. »Lass uns mal Gebäude Nummer sechs suchen.«
    »Ich glaub, das da ist Nummer zehn.« Wildgirl zeigt auf das nächstgelegene Hochhaus. »Die Gebäude sind in zwei Halbkreisen angelegt. Eins bis fünf sind innen, sechs bis zehn außen.« Sie hält inne, legt die Stirn in Falten, ihr Mund ist geöffnet, als wollte sie weitersprechen. Sie nimmt mir die Karte aus den Händen.
    »Was ist?«
    , frage ich.
    »Nichts«, antwortet sie. »Ich dachte … wie die Gebäude angeordnet sind. Es ist schwer zu sagen.«
    »Also, wenn das hier Nummer zehn ist, dann ist das schräg dahinter Nummer eins. Nummer sechs muss demnach auf der linken Seite ganz außen sein. Ich schlage vor, wir gehen zwischen den beiden Reihen hindurch. Dann können wir sowohl links als auch rechts in Deckung gehen.«
    Ich stehe auf und entferne mich ein paar Schritte vom Schuppen, um bessere Sicht zu haben. Die nächstgelegenen Gebäude sind weitgehend dunkel. Wildgirl hat recht gehabt. Wir müssen das gemeinsam durchziehen. Vielleicht wird es einfacher, als wir dachten. Es kann nicht lange dauern, bis wir bei Nummer sechs sind. In einer Viertelstunde könnten wir drin und wieder raus sein.
    »Pass auf«, mahnt Wildgirl.
    »Alles okay«, sage ich. Genau in dem Moment streiftein heller Lichtstrahl meinen Arm und saust über meinen Körper. Ich gehe zu Boden, halb blind, lauter kleine Funken vor Augen.

zwanzig
    Schnell wie der Blitz duckt Wolfboy sich. Ich presse mich an die Wand und halte den Atem an, als würde ich dadurch unsichtbar.
    Das Licht fährt wieder zu derselben Stelle, ein kleines Stück über Wolfboy, dann ist es verschwunden. Aus dem Augenwinkel erkenne ich das Heck eines schwarzen Wagens. Zwischen dem Parkplatz und der ersten Häuserreihe verläuft eine schmale Einfahrt, von hier aus kaum zu erkennen. Mit zusammengekniffenen Augen schaue ich dem Wagen hinterher, sehe jedoch nur das Nummernschild aufleuchten. Weiter rechts schließt sich zwischen zwei verklinkerten Pfeilern ein automatisches Tor. Wieso sehen wir das erst jetzt?
    Als ich wieder zu der Stelle schaue, wo Wolfboy noch vor wenigen Sekunden gelegen hat, ist da nur verschwommenes Dunkel. Er ist weg. Ich gerate schon fast in Panik, als ich entdecke, dass er in einiger Entfernung vor Nummer zehn hockt und mich herüberwinkt.
    Mist. Um dorthin zu gelangen, müsste ich über den Parkplatz und durch die Einfahrt. Ich verstehe nicht, wie Wolfboy das so schnell geschafft hat. Der schwarze Wagen steht jetzt hinter dem Parkplatz, aber wenn der Fahrer im falschen Moment in den Rückspiegel schaut, sieht er mich garantiert.
    Ich hole tief Luft, dann renne ich über verblichene Spielfelder, die auf den Asphalt gemalt sind, und weiche einem umgekippten, kaputten Fußballtor aus. Als ich bei Nummer zehn ankomme, lasse ich mich auf die Knie gleiten und krieche über Rindenmulch. Das Gebäude ist schicker und moderner als die Plexus-Bauten, es hat Spiegelfenster wie ein Bürokomplex.
    »Meinst du, sie haben uns gesehen?«
    , keuche ich. Aber wir sind ja schon weg.
    Wolfboy zieht mich am Ärmel meines Pullis über den schmalen Durchgang zum nächsten

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