Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nacht wird deinen Namen tragen (German Edition)

Die Nacht wird deinen Namen tragen (German Edition)

Titel: Die Nacht wird deinen Namen tragen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Lalli
Vom Netzwerk:
hört damit auf, wer es sich nicht leisten kann...“ Sie vollendete den Satz nicht. Dann schüttelte sie den Kopf. „Nein, Pa pá nicht. Er kommt aus Viareggio, keine Arbeiter, nur muffiges Kleinbürgertum.“ Wieder lachte sie. Nach einer Pause, in der sie hinunter auf den Platz zu der immer noch anwachsenden Menschenmenge sah, fuhr sie fort: „Sandro hat mir das meiste erzählt. Sein Vater ist vor zehn Jahren bei einer Sprengung getötet worden. Irgendjemand hat sie falsch berechnet, vielleicht war das Dynamit stärker als geplant. Man hat es nie zweifelsfrei geklärt. Jedenfalls gab es einen Abgang. Fünf Männer sind von der Gerölllawine begraben worden. Das war da hinten.“ Sie machte eine vage Geste über den Steinbruch hinaus, zu den Bergen, die sich ebenso weiß nach Süden erstreckten.
    Maximilian stellte sich vor, wie Laura mehr als einmal hier, genau an der selben Stelle mit Sandro gesessen hatte, dem Bergarbeiterjungen, wie beide, so wie sie jetzt, zum Bergwerk hinübergeschaut hatten, während Sandro die abenteuerlichsten Geschichten erzählte. Und während er sprach, hatte er kleine Steine den Hang hinuntergeworfen oder auf einem Grashalm gekaut. Vielleicht hatten sie Händchen gehalten, vielleicht hatten sie sich geküsst. Wieder spürte Maximilian, die Eifersucht in sich aufsteigen.
    „Ist er Ihr Freund?“
    „Er ist mein Freund, aber nicht mein Verlobter, wenn Sie das meinen. Auch wenn ich ihn eines Tages vielleicht heiraten werde.“ Mit einem Seitenblick fügte sie hinzu: „Wir kennen uns seit der Kindheit, und mein Vater würde es gerne sehen. Er ist zwar keine besonders gute Partie, aber auch nicht dumm, und irgendwann wird er es zu etwas bringen.“
    Ihre braunen Augen blitzten, und Maximilian wusste nicht, ob sie es ernst meinte. Für einen Moment dachte er an Anne, die im fernen Deutschland, in einer anderen Welt, in einem anderen Universum auf ihn wartete.
    Dann nahm sie seine Hand.
    Er war so verblüfft, dass er darauf starrte, als gehöre sie nicht zu ihm. Doch dann öffnete sie seine Finger, strich sie glatt und kündigte an, sie werde ihm jetzt die Zukunft voraussagen.
    „Wie Sie sich vorstellen können, sind alle Menschen hier ausgemachte Experten für Okkultes, für Magie und Hellsehen, für die Besonderheiten des bösen Blicks, das Lesen von Muttermalen und all diesen Dingen.“ Sie sagte es mit unbewegter Miene, und für einen Moment war Maximilian geneigt, ihr zu glauben. „Lassen Sie mal sehen...“ Sie murmelte etwas vor sich hin, fuhr mit dem Zeigefinger die Linien entlang, die sich in seiner immer noch schmutzigen Hand jetzt überdeutlich abzeichneten. Ihre Zunge strich über ihre Lippen, manchmal biss sie darauf. Sie schien sehr konzentriert, fast angestrengt. „Also, Sie werden sehr alt werden, das steht schon mal fest. Das ist Ihre Lebenslinie, sie ist lang und geht fast bis zum Handrücken.“ Dann schien sie zu stutzen. „Allerdings... Ich sehe ein paar Lücken. Gefahr droht, aber es wird jemanden geben, der Sie beschützt.“
    „Und das steht auch da?“ Ihre Hand war warm, fast heiß, und er spürte sein Herz, das ihm in der Kehle schlug.
    „Nein, aber es gibt immer jemanden, der einen beschützt. Besonders jemanden wie Sie.“ Wieder machte sie eine längere Pause und betrachtete eingehend seinen Handballen. „Das ist die Liebeslinie. Sie ist tief, aber zerfurcht. Sie lächelte in sich hinein. „Ich sehe eine Frau, nein, mehrere Frauen...“
    „Endlich eine gute Nachricht!“
    „Sie werden heiraten.“
    „Wen?“
    „Wen? Ihre Verlobte natürlich!“ Was sonst hätte sie sagen sollen? Er wollte ihr die Hand entziehen, doch sie hielt sie fest. „Warten Sie, wir sind noch nicht fertig!“ Wieder fuhr sie mit ihren Fingern über seine Hand. Es war fast wie ein Streicheln. Leiser sagte sie: „Den Menschen, die dich lieben, wirst du Kummer bereiten.“
    „Was sagen Sie?“
    „Ich sagte, Sie werden ein Kind haben, einen Sohn. Sehen Sie diese Kerbe?“ Vom Bergwerk schallte das Läuten einer Glocke herüber. Im Dorf bellte ein Hund dumpf und anhaltend.
    „Ein Kind nur?“
    „Ein Kind.“ Es klang endgültig. Doch dann ließ sie seine Hand los. Fast fröhlich fügte sie hinzu: „Wie viele Kinder möchten Sie denn? Zwei, drei, fünf, zehn?“
    „So viele wie möglich.“ Seine Stimme klang matt, dünn wie ein Flüstern.
    Sie lachte. „Na, dann sollten Sie bald damit anfangen. Sie und Ihre Verlobte.“
    Er sah hinüber zum Monolithen. In jenem Berg und

Weitere Kostenlose Bücher