Die Nacht wird deinen Namen tragen (German Edition)
Darin saßen oder lagen die Männer.
„Gemütlich habt ihr es!“
„Ja, an Brennholz mangelt es wenigstens nicht.“
Stefano drückte Oberleutnant Roberto die Hand. Dann sah er lächelnd in die erwartungsvoll dreinschauende Runde. Er packte seinen Rucksack aus: zwei Flaschen Wein, ein dunkles Brot, eine Salami und einige Eier, die er vorsichtig einem Blechtöpfchen entnahm. Dem Offizier übergab er viertausend Lire, die das regionale Befreiungskomitee in Genua bewilligt hatte.
„Das ist ein Geschenk des Himmels.“ Tenente Roberto faltete die Scheine sorgfältig zusammen. „Die Jungs brauchen dringend warme Kleidung. Ich werde gleich morgen früh jemanden nach Pontremoli schicken.“
„Er soll sich vorsehen. Die Deutschen haben fünftausend auf jeden von euch ausgesetzt. Tot oder lebendig. Und Lebensmittelkarten für zwei Monate obendrein. Und Tabak, so viel wie für ein ganzes Jahr.“
„Weiß man, ob es so ein billiger Verschnitt ist oder richtig gute Importware?“ Der avvocato grinste zwischen kaputten Zähnen, und die Männer lachten. Er hieß "Anwalt", weil er gerne und viel redete. Ein Spitznamen, der ihm schon vor dem Krieg verliehen worden war, als er, wie die meisten anderen der Gruppe, noch im Steinbruch arbeitete.
Die Brigata Barudda bestand aus neun Männern, wenn man Stefano mitzählte, aus zehn. Doch war dieser kein ständiges Mitglied. Er pendelte zwischen der Küste und dem Tal, überbrachte Neuigkeiten, manchmal Proviant und hielt die Verbindung mit der Außenwelt aufrecht, mit den neugeschaffenen Widerstandsorganisationen und den alliierten Stellen im Süden oder in der Schweiz. Er wurde manchmal scherzhaft commissario genannt, in Anspielung an die Politischen Kommissare der sozialistischen und kommunistischen Brigaden, weil auch er, nicht zuletzt wegen seiner bewegten Vergangenheit, für die Moral der Truppe verantwortlich zeichnete oder für die ideologische Ausrichtung, ein Wort, das angesichts der bunt zusammengewürfelten Schar übertrieben und unpassend erschien. Sie besaßen zwei Pistolen, ein paar alte Gewehre, eine Kiste Handgranaten mit geringer Sprengkraft sowie rote und weiße Fähnchen, die ihnen die Bauern besorgt hatten, und vielleicht von Nutzen sein konnten, sollten tatsächlich einmal die ersehnten alliierten Flugzeuge über den Bergen auftauchen, um Lebensmittel oder Waffen abzuwerfen. Bislang hatten sie nur die nächtlichen Bombardements des Hafens und seiner weitläufigen Bunkeranlagen miterlebt, ein weit entferntes Leuchten und Krachen, das an ein Wintergewitter erinnerte.
Später gingen Stefano und der Oberleutnant nach draußen, um die Lage ungestört zu erörtern. Die Sonne hatte ihren höchsten Punkt überschritten und schickte sich an, den nackten Grat der Apuanischen Alpen entlang ins Meer zu sinken. Es war wärmer geworden. Das langgezogene Tal lag still und bewegungslos vor ihnen.
„Die Stimmung ist schlecht. Wir warten, warten, warten. Und das bei dieser Kälte.“ Tenente Roberto nahm das Päckchen Zigaretten, das Stefano mitgebracht hatte, und zündete sich eine an. „Aber besser die Kälte als der Regen.“ Sie rauchten schweigend. Der Posten war aufgestanden, um ein paar Meter hin- und herzugehen. „Was sagen die Bauern?“
Stefano nickte langsam. „Sie hungern, sie fluchen, aber sie lassen sich nicht einschüchtern.“ Überall hingen Plakate, die jedem die Erschießung androhten, der die Banditen unterstützte. "In den Rücken wie ein Verräter", hatte Luigi, der Müller, unten in Villareggio gespottet und auf den Boden gespuckt, "als mache es einen Unterschied, von vorne, von hinten oder von der Seite erschossen zu werden. Weißt du“ - Stefano ging zum niedrigen Mauerchen, um zu den wenigen Häusern des Dorfes am Ende des Weges zu sehen - „die Menschen hier im Tal sind nicht gerade verwöhnt. Die Römer haben sie in die abgelegensten Provinzen ihres Reiches verschleppt, jedes verdammte Heer, das von Norden nach Süden marschiert ist, kam hier durch, und, damit nicht genug, jahrhundertelang wurden sie von den feinen Grafen Malaspina ausgesaugt. Jede Frau von Pontremoli bis Massa war Freiwild, nicht einmal die Nonnen im Kloster waren vor ihnen sicher.“ Er nahm seine Mütze ab und sah in die Sonne. „Meinst du, die haben Angst vor ein paar Deutschen? Oder gar vor den Carabinieri?“
Tenente Roberto war Genueser. Er war Mitte zwanzig, hatte blaue Augen und das helle, fast blonde Haar, das ein Seefahrer aus dem Norden mitgebracht haben
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