Die Nachtmahr Wunschträume
Gesicht. Was ich dort las, war noch schlimmer als alles vorangegangene. Hatte ich vorher gedacht, er sei wütend auf mich, musste ich meine Meinung dringend überdenken.
Jetzt
war er wütend auf mich.
Ich wusste, dass es ein Albtraum war.
Aber das machte es nicht besser oder erträglicher. Und den Fakt zu kennen, erlaubte es mir leider auch nicht, aufzuwachen. Dabei versuchte ich die Augen zu öffnen, mich selbst im Traum zu kneifen oder zu schlagen – das funktionierte meistens – aber es klappte nicht. Ich konnte mich nicht einmal mehr daran erinnern, was ich geträumt hatte oder gerade träumte. Dabei war ich doch noch mitten drin im Traum, immer noch am träumen. War der Traum das nicht-aufwachen-können?
Der Schweiß auf meiner Stirn war echt, meine Schreie vermutlich auch. Die Panik, das überwältigende Gefühl der Ohnmacht, der Hilflosigkeit. Ich schrie und schrie und wusste gar nicht wieso oder wie ich aufhören konnte. Schrie ich wirklich, oder träumte ich nur, dass ich schrie?
Ich versuchte, mich aufzusetzen, zu bewegen, aber nichts funktionierte, ich konnte meinen Körper spüren, hatte aber keine Kontrolle über ihn. Aber ich konnte doch sehen, hatte die Augen offen, oder nicht? Denn die Luft um mich herum flirrte, als habe jemand Konfetti rund um mich platziert. Schwebendes, wunderschönes, durchsichtiges und trotzdem sehr finsteres Konfetti.
Ich bekam mit, dass die Tür zu meinem Zimmer aufgerissen wurde und jemand hinein kam. Aber erst nach einigen Schritten erkannte ich Klaus, der in mein Blickfeld trat. Ich spürte seine Hand an meiner Schulter, die Tatsache, dass er mich schüttelte und meinen Namen rief. Aber ich schlief weiter.
Dornröschen
, dachte ich und konnte spüren, wie mir Tränen über das Gesicht liefen. Wie gerne hätte ich sie fortgewischt! Aber waren sie überhaupt real?
»Geht das schon wieder los?« Megs Stimme von der Tür. Sie klang zickig. Dabei hatte ich meinen letzten offiziellen Albtraum, also den letzten Albtraum von dem sie wusste, vor eineinhalb Jahren gehabt. Dumme Kuh!
Ich öffnete den Mund – und wusste, dass es nur Einbildung war. Ich konnte mich nicht rühren. Nicht einmal den kleinen Finger. Ich war allein. Allein in meinem Körper und in meiner Angst.
Eine Hand strich über meine Stirn und wurde fortgezogen, als habe sich der Besitzer verbrannt. »Sie glüht.«
David!
Klaus beugte sich mit gerunzelter Stirn vor und prüfte mit beiden Händen meine Temperatur. An Stirn und Unterarm. Dann schüttelte er den Kopf und sein Gesicht wurde noch besorgter. »Das ist kein normales Fieber und kein normaler Traum.«
Die drei schwiegen und obwohl ich nur Klaus sehen konnte, ahnte ich doch, dass die beiden anderen seine Besorgnis teilten.
»Die Albträume werden stärker«, meinte Klaus. Eine sachliche Analyse, der ich auf mehreren Ebenen nicht widersprechen konnte. Dann ging mir ein Licht auf, er meinte nicht speziell meine oder die der anderen Menschen, sondern Alpträume generell. Nachtmahre. Ein weiterer Punkt, an dem er Recht hatte. Dank mir. Oder besser: Dank meiner Versäumnisse.
»Ruf Donovan und Forman an. Ich brauch sie unten im Haus – für den Fall der Fälle«, befahl Klaus. Da David im nächsten Moment meinte »Ich bleibe bei ihr« hatte Klaus wohl mit Meg gesprochen.
»Nein,
ich
bleibe bei ihr!«, beschloss Klaus und klang so angriffslustig, dass es keinen Widerspruch gab. Weder von David noch von Meg, die mein Telefon nutzte während Klaus aus meinem Blickfeld verschwand. In kurzen Worten erklärte Meg, was vor sich ging und was Klaus gesagt hatte, dann legte sie auf. Sekunden später wurde eine zweite Decke neben mir ins Bett gelegt.
»Raus!«, befahl Klaus und obwohl Meg für eine Sekunde wirkte, als wollte sie nun doch widersprechen, hielt sein Blick sie in Schach. Ich schloss die Augen. Oder das, was ich dafür hielt.
Kurz darauf spürte ich, wie sich jemand neben mir ins Bett legte. Mein Kopf wurde angehoben und auf Klaus’ Brust gebettet. Seine Atembewegung zu spüren und seinen Herzschlag zu hören, war herrlich einschläfernd und vertrieb die Panik, die durch meine Adern brannte. Eine Hand fuhr durch meine Haare, streichelnd, beruhigend. Ich merkte, wie sich meine Aufmerksamkeit auf diese Berührung fokussierte – fort von dem Traum. Selbst meine Atmung schien davon beeinflusst zu werden. Unter normalen Umständen wäre ich vermutlich ob der Sanftheit und der ungewohnten Geste tatsächlich in Tränen ausgebrochen, aber so konnte
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