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Die Nachtmahr Wunschträume

Die Nachtmahr Wunschträume

Titel: Die Nachtmahr Wunschträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Sarafin
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bekam.
    Gähnend rollte ich mich zur Seite und überließ den Rest der Schwerkraft. Manchmal war ein sehr hohes Bett einfach von unschätzbarem Wert.
    Nach einer kurzen Katzenwäsche und einem intensiveren Zähneputzen durchforstete ich meinen Kleiderschrank und entschied mich innerhalb einer Nanosekunde für eine schwarze Jeansschlaghose und ein Carmenshirt in dunkelrot. Mit Bürste und Haarspangen bewaffnet, stellte ich mich vor meinen bodenlangen Spiegel. Beim ersten Blick auf mein Abbild ließ ich Bürste und Spangen fallen.
    »Shit!« Meine Figur und die Haare hatte ich ganz vergessen! Die Veränderungen waren gar nicht so auffallend, wie ich ursprünglich gedacht hatte, aber trotzdem sah ich auf subtile Art und Weise anders aus. Erwachsener.
    Vielleicht sollte ich am Wochenende eine Shoppingtour einplanen
, dachte ich und strich mir die Haare zu einem Pferdeschwanz nach hinten. Das Ergebnis gefiel mir wirklich gut – bis ich bemerkte, woran es lag. Dann beugte ich mich mehr zum Spiegel. Meine Wimpern waren dunkler, vielleicht sogar länger geworden. Meine Lippen … ich hatte Lippen. Waren sie vorher von so einem zarten hellrosa gewesen, so dass man sie ungeschminkt kaum erkennen konnte, waren sie nun hellrot und … hatte sich auch etwas an der Symmetrie meines Gesichtes verändert? Ich strich mit den Fingerspitzen über meine Haut, konnte es aber nicht genau sagen. Sah auf jeden Fall anders aus. Gut. Es machte mir Angst.
    Aber es half alles nichts, wenn ich nicht runterging, würde das Frühstück genauso aussehen und schmecken wie bei Tante Meg – und das ließ mein Ego einfach nicht zu.
    Mit einem letzten aufmunternden Blick in den Spiegel machte ich mich auf den Weg nach unten. Dort wartete schon die nächste Katastrophe auf mich. Ihr Name war David.
    Beim Eintreten in die Küche musterte mich mein Stiefbruder von oben bis unten, während sein Blick immer abfälliger wurde.
    »Muss dir ja nicht gefallen«, meinte ich, ganz im Sinne von: Angriff war die beste Verteidigung.
    »Tut es auch nicht«, behauptete er, sah aber so aus, als hätte er am liebsten eine der dunklen Locken um seinen Finger gewickelt und mich daran zu sich gezogen. »Vielleicht solltest du weniger Zeit vor dem Spiegel verbringen …«
    »… und mehr in der Küche?«, riet ich.
    »Wäre nicht die schlechteste Wahl!« David deutete auf die Brötchen, die er aus dem Ofen gerettet hatte.
    »Danke!«
    »Für wen hast du dich so schick gemacht?«
    »Ich denke, es gefällt dir nicht?!« Jetzt war ich irritiert.
    »Tut es auch nicht«, meinte David und stürzte aus der Küche und an seinem hereinkommenden Vater vorbei, bevor ich weiter fragen konnte. Klaus’ Grinsen war so breit, dass er der Grinsekatze aus »Alice im Wunderland« Konkurrenz machen konnte. Bislang war mir nie aufgefallen, dass er Zähne hatte, um die ihn jeder Hollywoodschauspieler beneidet hätte. Solche Zähne sollte niemand von Natur aus haben. Es war einfach nicht fair.
    »Das ist nicht lustig!«, behauptete ich, denn es war offensichtlich, weswegen er grinste.
    »Doch ein bisschen schon!«, meinte Klaus. »Es gefällt ihm nicht, weil du es nicht für ihn gemacht hast.«
    »Das ist doch kein Grund!«, protestierte ich. Als Antwort hob Klaus nur eine Augenbraue und sah mich mit einem Blick an, den ich nur mit »mitleidig« beschreiben konnte. Wahrscheinlich war ich wirklich schwer von Begriff. Und »schön, aber nicht ungefährlich« … eben wie Belladonna. Auch ein Talent.

    Die Zeit verging einfach nicht. Immer, wenn ich auf die Uhr blickte, war gerade einmal eine Minute vergangen. Selbst die Wörter, die gesprochen wurden, schienen in der Luft zu hängen, wie in großen Sprechblasen und einfach nicht schneller kommen zu wollen. Es war nicht zum Aushalten.
    Aber alle um mich herum wirkten ganz normal, ganz gewöhnlich. So als wenn die Zeit eben nicht langsamer als sonst verstreichen würde. Doch ich war ich mir ganz sicher. Selbst meine Füße waren inzwischen eingeschlafen.
    Dabei war heute nicht einmal nur der langweilige Mayer davon betroffen. An die Grabesstimmung in seinem Englischunterricht hatte ich mich inzwischen gewöhnt und auch die Tatsache, dass er ein Nachtmahr war und mein Fahrlehrer, konnte nichts gegen die Langeweile ausrichten, die ich ansonsten in seinen Stunden empfand. Aber Förster war normalerweise witzig und seine Mathestunden inspirierend und auch mit Talbot konnte man irgendwie leben. Heute nicht. Heute lebte ich in einer Zeitschleifenblase,

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