Die Nachtmahr Wunschträume
Elijah und dem Fremden, der stehenblieb und ihm nachsah, entschied ich mich dafür, in meinem Versteck zu bleiben. Wenn ich schon die Chance hatte, einen Nachtmahr der Kategorie 3 allein zu erwischen und den Vorteil der Überraschung auf meiner Seite zu haben, wäre ich doch verdammt blöde, ihn nicht zu nutzen, oder?
Außerdem sagte mir mein Gefühl, dass wir zwei sowieso noch ein oder zwei Hühnchen miteinander zu rupfen hatten. Schließlich konnte das hier kein »normaler« Nachtmahr der Kategorie 3 sein … nicht bei meinem Glück.
Ich wartete, bis er sich abwandte, um auf einen Containerwagen zuzusteuern, der sich am Ende des freien Platzes befand. Doch gerade, als ich mich aus meinem Autoversteck schleichen wollte, sah ich einen Schatten. Keinen normalen Schatten.
Sekunden später wurde er zu einem Menschen und obwohl er sich unglaublich schnell bewegte und zum größten Teil die Dunkelheit als Deckung benutzte, erkannte ich ihn an seinen Bewegungen. Klaus!
Für einen Moment befürchtete ich das Schlimmste. Dann stellte ich fest, dass das Schlimmste manchmal etwas ganz anderes war, als man gedacht hatte … wann und woher die beiden Schwerter gekommen waren, hatte ich nicht sehen können. Aber plötzlich hatte er eines in der Hand – der Nachtmahr leider auch. Und die Hiebe der beiden waren fürchterlich, kein Vergleich zu dem, was ich gelernt oder bis jetzt ausgehalten hatte. Mir stockte der Atem.
Gott! Wo war ich hier gelandet? Im Mittelalter oder bei »Blade«? Ich sah gerade wirklich zu, wie sich zwei Erwachsene mit Schwertern bekämpften, um sich umzubringen – und einen davon mochte ich sehr.
Shit!
Mit zwiespältigen Gefühlen verharrte ich an Ort und Stelle. Denn eigentlich mussten meine Sorge und mein Augenmerk doch dem Nachtmahr gelten, oder nicht? Doch all dieser Rationalität kam nicht gegen die Emotion an, als ich sah, wie Klaus eine Angriffsbewegung falsch kalkulierte und getroffen wurde. Ich sprang auf. Keiner der beiden bemerkte mich. Zum Glück, denn ich konnte mich ohnehin nicht bewegen. Stattdessen sah ich zu, wie Klaus nun – anscheinend angestachelt von der Wut ob der Verletzung – Hieb auf Hieb austeilte, ab und zu traf, und der andere zurückwich. Obwohl der Tierpfleger sich wehrte und gelungen verteidigte, war klar, dass er keine Chance hatte. Nicht gegen diese Wut. Und ich könnte es einfach zulassen. Klaus einfach beenden lassen, was ich nicht beenden konnte. Es war so simpel: Ich musste nur bei der Exekution zusehen.
Mein Magen vollführte eine Kapriole. Dieses Mal keine gute. Denn es war keine Exekution, kein faires Urteil und keine faire Vollstreckung. Es war ein Abschlachten. Kein gut gegen böse. Einfach nur ein Mahr gegen Mahr. Bei Menschen hätte ich es auch nicht gekonnt. Dabei zusehen, meine ich. Und auch hier wurde mir abwechselnd flau und schlecht. Währenddessen ging ich geistig meine Alternativen durch. Alternativen, die mich nicht verraten, korrumpieren und die Klaus nicht in Gefahr bringen würden.
Wesentlich vorsichtiger und unspektakulärer, als im ersten Moment beinahe geschehen, verließ ich mein Versteck, kletterte auf Bodenhöhe zurück und schlang mir mein Halstuch so um die Haare und die Stirn, dass dieser Teil schon einmal bedeckt war, den dünnen Rollkragenpulli hochgekrempelt und auch der Rest von meinem Gesicht wurde beinahe unkenntlich. Auf jeden Fall fiel ich so definitiv unter jedwedes Vermummungsverbot.
Sekundenschnell hatte ich mir das Motorrad des Nachtmahr angeeignet, mit dem steckenden Schlüssel gestartet und fuhr auf die beiden zu. Dabei hupte ich, um die Aufmerksamkeit der Kämpfer auf mich zu lenken. Lange genug, um Klaus abzulenken und den Nachtmahr dazu zu animieren, sein Heil in der Flucht – mit mir – zu suchen.
Gerade noch rechtzeitig, um dem näherkommenden Klaus zu entkommen, gab ich Gas. Das Motorrad schlingerte kurz, das ungewohnte Gewicht hinter mir und meine doch eher mangelhafte Fahrpraxis machten sich bemerkbar, dann hatte ich das Gefährt weit soweit unter Kontrolle, um schnell genug aus der Gefahrenzone zu kommen, aber dabei langsam genug zu fahren, um nicht dabei den Heldentod zu sterben.
Da mir kein besserer Weg einfiel, nahm ich den in Richtung des kleinen Wäldchens. Sollte sich der Typ doch hinterher von Elijah helfen lassen.
Verletzt genug dafür war er vermutlich
, dachte ich, als ich anhielt und abstieg. Bei dem ersten Blick auf meinen Beifahrer strich ich das
vermutlich
und ersetzte durch
ein ganz
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