Die Nachtmahr Wunschträume
hätte: Es war nur eine Spielschuld, mehr nicht. Aber Klaus Blick hielt mich davon ab – naja … und Megs irrationale Wut.
»Wie oft habe ich dich darum gebeten?« Meg deutete auf ihn und ihre Hand fuchtelte von oben nach unten, um klar zu machen, dass sie das Gesamtpaket meinte, nicht nur die Haare, sondern auch die ehemals wattierte Kleidung.
»Wer ist sie?«
Klaus schwieg und wirkte belustigt. Ob es den beiden auffallen würde, wenn ich einfach weiterging? Ob es nicht sogar den sozialen Familienregeln nach besser wäre?
»Wie lange kennst du sie?«, keifte Meg. »Für
sie
hast du es gemacht. Für mich nie!«
»Sie hat mich einen alten Zausel genannt«, meinte Klaus. Sehr ruhig und sehr rational und … Moment mal! Das war ich gewesen!
»Das habe ich auch.« Meg klang beleidigt.
»Das hat mich bei dir aber nie interessiert – bei ihr schon.« Er provozierte Meg absichtlich, meinte es aber sicher nicht so.
»Wer ist sie?«, erkundigte sich Meg abermals. Dieses Mal klang sie mehr als eifersüchtig. Sie klang rasend.
Klaus lachte nur. »Geht dich nichts an – Hauptsache sie weiß es … und sie weiß es!«
Mit diesen kryptischen Worten ließ er Meg stehen – und mich auch.
Es war noch nichts Schreckliches passiert. Jonah und Elijah waren einigermaßen friedlich gewesen, nachmittags hatte niemand versucht mich zu erpressen, zu betäuben, zu verletzten oder zu verschleppen. Auch die Nachtmahre verhielten sich ruhig, keine Aktivitäten von den Kategorien 2 oder 3 waren bis zu mir gedrungen. Klaus, Donovan und Forman hatten sich heute auch noch nicht getroffen – und viel wichtiger: Nach der Schule war niemand mehr schlafwandlerisch unterwegs gewesen, über Löwenkäfige geklettert oder von einem Dach gesprungen (Liste bitte an dieser Stelle ergänzen, Danke!)
Also um es kurz zu machen: Irgendetwas stimmte hier nicht. Und zwar gewaltig. In einem Roman hätte man es wohl als die Ruhe vor dem Sturm bezeichnet. Und das dieser Sturm dann direkt in meine Richtung wirbeln würde, schien mir außer Frage zu sein.
Spätestens David würde den Himmel über mir zusammenbrechen lassen. Apropos David … hatte Elijah tatsächlich nicht bemerkt, dass ich ein Sukkubus war und Männer nach meiner Pfeife – naja, nicht nach meiner Pfeife, aber so ähnlich zumindest – tanzen lassen konnte? Konnte ich mir nicht vorstellen. Hatte er meine Fähigkeiten irgendwie unterdrückt? Versuchte Amazon, ein Monopol aufzustellen? Der Arsch!
Stumm verfluchte ich ihn, während ich meinen Gedankengang aufschrieb und Daria per Mail schickte. Wenigstens ein Mensch auf der Welt sollte wissen, dass ich im Begriff war, etwas Blödes zu unternehmen. Aber schließlich wusste Elijah definitiv mehr, als er sagte. Wie viel mehr das war, wusste ich nicht, befürchtete aber inzwischen das Schlimmste. Ergo: Ich musste ihn allein erwischen, ohne Jonah. Vielleicht konnte ich ihn zum Reden bringen. Mit Sukubus-Charme oder einfach mit meinem normalen, reizenden Ich.
Deswegen wartete ich dieses Mal bis nach Mitternacht, bevor ich mich – wieder komplett schwarz gekleidet – auf den Weg nach unten machte. Heute kein Film und kein Schach, sondern einfach nur einem lügnerischen Nachtmahr auflauern. Leise schlich ich am Wohnzimmer vorbei, doch die Mühe hätte ich mir sparen können. Offensichtlich war Klaus unterwegs, um den Bösen zu schnappen, der alles unsicher machte. Das war ich auch. Aber im Gegensatz zu ihm konnte ich dabei nicht die Haustür nehmen. Was hätte ich auch zu meiner Verteidigung sagen sollten, wenn mich jemand ertappte?
Deswegen verschwand ich geräuschlos im Garten und nahm den Weg über den Zaun. Von dort war es nur ein Katzensprung bis zu dem Wäldchen und dem Trampelpfad, der halbwegs direkt zu Elijahs Wohnung führte. Also im Grunde direkt hinein in einen potentiellen Hinterhalt. Schließlich wohnte Elijah immer noch in dem unterirdischen Komplex, in dem ich beinahe als Zehnjährige ertrunken war. Dass ich diesen Komplex damals gar nicht wahrgenommen hatte, lag an meiner tiefen Verweigerungshaltung allem gegenüber, was auch nur im Entferntesten mit Albträumen, Schatten und Monstern zu tun hatte. Wollte ich auch heute noch nicht, aber wenn einem erst einmal die Augen geöffnet worden waren, hatte man keine Wahl mehr. Ich jedenfalls nicht.
Immerhin hatte man als Halbnachtmahr den Vorteil, wirklich gut im Dunkeln sehen zu können. Beinahe so gut, wie andere Leute im Hellen. Deswegen rannte ich auch weder gegen Bäume,
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