Die Nachtmahr Wunschträume
noch stauchelte ich im Unterholz herum, wie ich das als Kind oder »unschuldiger« Teenie getan hatte. Einen großen Teil meiner Gehirnkapazität nutzte ich sogar für etwas ganz anderes als meine Umgebung: Ich überlegte mir, wie ich Elijah am besten zur Rede stellen konnte. Freundlichkeit? Erotik? Flirten? Oder doch das Gegenteil – Erpressung, Drohung, Aggression?
Gerade als mir sicher war, dass ich mit Flirten am besten, wenn auch am gemeinsten, fahren würde, hörte ich die Geräusche. Ohne meine gesunde Grundparanoia (Nur weil man niemanden sieht, heißt das noch lange nicht, dass man nicht verfolgt wird), hätte ich sie vielleicht überhört oder nicht als »nicht-natürlichen Ursprungs« identifiziert; so aber blieb ich wie angewurzelt stehen und horchte. Eindeutig Schritte!
Sie kamen aus der Richtung von Elijahs Wohnung, aka des unterirdischen Kanalsystems, und entfernten sich. Wesentlich leiser folgte ich der Geräuschquelle – zu Elijah zurückkehren konnte ich ja immer noch.
Wie sich nach wenigen Minuten herausstellte, würde ich das nicht müssen, denn ich war bereits dabei ihn zu verfolgen. Zu meinem Glück war er wesentlich weniger misstrauisch als ich und auch kein bisschen paranoid. Anscheinend musste man als normaler Nachtmahr keine großartigen Feinde fürchten oder sein Ego war auch für eine gesunde Portion Furcht einfach zu groß. Auf jeden Fall bemerkte er nicht, wie ich ihm durch die Straßen nachging, bis zu einem Autofriedhof.
Als er ihn betrat, verharrte ich außer Sichtweite und fragte mich, wie blöde man sein musste, um weiterhin seinem vermeintlichen Opfer zu folgen. In Horrorfilmen war das spätestens die Stelle, an der der Zuschauer dachte: Die Tussi ist einfach zu doof zum Leben.
Ich folgte Elijah natürlich trotzdem und schob den Zu-doof-zum-Leben-Gedanken weit von mir fort und ersetzte ihn durch leise Flüche, die sich auf mindestens genauso doofe Klischees bezogen. Wer bitte traf sich mitten in der Nacht auf einem Autofriedhof? Also echt! Noch mehr Nachtmahr-like gab es doch gar nicht. Andererseits bot so ein Autofriedhof mit verrosteten Dreckskarren, ausgeschlachteten, ehemaligen Liebhaberstücken und zum Tode geweihten Metallschätzchen natürlich eine tolle Kulisse für Monster und Albträume ab und bot zudem noch sehr viel Platz und Möglichkeiten für einen Hinterhalt. War nicht zu verachten dieser Aspekt!
Doch Elijah wartete nur. Stumm und still wie ein fahler Todesengel ohne besondere Eigenschaften außer seiner eigenen Unauffälligkeit stand er im Schatten eines monströsen Metallteileturms, wo er vollkommen reglos verharrte. So reglos, hätte man nicht gewusst, dass er da ist, hätte man ihn glatt übersehen.
Selbst als das Geräusch eines Motorrades immer näher kam, regte er sich nicht, trat auch nicht aus dem Schatten, als das Rad vor dem Turm hielt und schien nicht einmal mit der Wimper zu zucken, als der Fahrer seinen Helm abnahm. Selbst von hinten und aus der Entfernung meines sicheren Verstecks heraus konnte ich ihn sofort identifizieren. Meinen Freund, den Tierpfleger. Mister I-like-it-black. Hauptsächlich war es das Schwarz seiner Kleidung das den Ausschlag gab. Es floss um ihn herum wie eine zweite Haut, war in ständiger Bewegung, narrte das Auge und ließ ihn furchteinflößend und mächtig wirken. Böse. Dabei sah er ansonsten gar nicht so schrecklich aus. Eigentlich sogar halbwegs gut. Ich meinte gut. Abgesehen von den Schatten.
Erst als der Fremde direkt vor ihm stand reagierte Elijah. Das Strahlen auf seinem Gesicht hätte die meisten Mädchen in Ekstase versetzt. Bei mir verursachte es einen latenten Brechreiz. Immer wieder schön, von vermeintlichen Freunden und Liebhabern in spe enttäuscht und verraten zu werden. Denn dass die beiden sich kannten, gar mochten, daran bestand nach der Begrüßung nicht mehr der kleinste Zweifel.
Doch alles andere blieb im Dunkeln. Denn leider konnte ich nicht hören, was die beiden besprachen. Den neusten Plan zur Revolution. Austausch über die dumme Liz. Neue Attentate mit Wurfsternen. Tipps in Sachen Liebeserpressung. Alles war drin. Vielleicht war ich zu paranoid, aber ich zog nicht einmal in Betracht, dass Elijah etwas Gutes wollte, den Nachtmahr der Kategorie 3 zur Vernunft bringen und zur Mitarbeit überreden zum Beispiel. Arschloch!
Dafür wurde sich zum Abschied wieder umarmt und der andere bekam von Elijah sogar einen Kuss auf die Wange. Bäh!
Hin- und hergerissen zwischen dem zurückgehenden
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